Fluoxetin Tabletten unterschiedlicher Dosierung und Hersteller

Das Medikament „Fluoxetin“ verstehen und einschätzen

Fluoxetin ist ein Medikament zur Behandlung von Depressionen, Zwangsstörungen und Bulimie. Es handelt sich um ein sogenanntes Antidepressivum; um das insgesamt zweite SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer), das in den USA 1988 unter dem Handelsnamen „Prozac“ auf den Markt kam. Zunächst löste der Wirkstoff einen regelrechten Hype aus, bis sich auch die möglichen Schattenseiten der teils starken Nebenwirkungen zeigten.

Was ist eine Depression – und was nicht?

Depressionen sind gekennzeichnet durch eine dauerhaft niedergedrückte Stimmung, Freudlosigkeit, Interesselosigkeit, Antriebslosigkeit (siehe Antriebslosigkeit bekämpfen), Schlafstörungen, innere Unruhe (Unruhezustände) und innere Leere. Patienten grübeln häufig viel und kreisen um immer die gleichen Gedanken. Oft fühlen sie sich auch schuldig und unzureichend, als Versager, Verlierer und sehen inmitten einer akuten Phase manchmal keinen Ausweg aus ihrem Dilemma. Körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Probleme gehen häufig damit einher.

Aufgrund der Vielfalt der Symptome einer Depression kann es manchmal schwierig sein, die Krankheit als solche zu erkennen. Depressive Patienten bedürfen aber dringend einer adäquaten Behandlung, da es sich um ein ernstes Krankheitsbild handelt, das die Gesundheit und die Lebensqualität massiv beeinträchtigt, zur Frühberentung führen und schlimmstenfalls im Freitod enden kann (siehe Suizid-Gedanken).

Antidepressiva gehören dabei seit vielen Jahren zum Standard bei der medizinischen Behandlung (siehe antidepressive Medikamente), da man in der modernen psychiatrischen Medizin lange Zeit vermutete, die depressive Stimmung sei in einem Serotoninmangel im synaptischen Spalt zwischen den Nervenzellen im Gehirn begründet, was zum Teil durchaus richtig ist. Ein chemisches Ungleichgewicht verursache die Symptome, so das vereinfachte Erklärungsmodell. Medikamente wie SSRI (Serotoninwiederaufnahmehemmer) gelten deswegen neben Psychotherapie und sportlicher Betätigung als Mittel der Wahl bei der Behandlung ernsthafter depressiver Erkrankungen.

Man unterscheidet dabei normale depressive Verstimmungen, die sich in vielen Fällen wieder von selbst legen können, leichte, mittelgradige und schwere Depressionen (vgl. F32). Diese Klassifizierungen bezeichnen den Schweregrad der Erkrankung (in früheren Zeiten wurde u.a. die  reaktive Depression und endogenen Erscheinungsformen unterschieden). Bei mittelgradigen und schweren depressiven Erkrankungen kann eine Behandlung mit Fluoxetin indiziert sein. Bei leichteren Formen können auch andere Methoden zu einer Besserung führen. Hier bewirken Antidepressiva kaum etwas. Sollte ein depressiver Zustand also über eine längere Zeit hinweg anhalten, ist keine Besserung in Sicht und helfen herkömmliche Methoden nicht, so ist der Gang zum Arzt und zum Psychotherapeuten angezeigt.

  • neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/erkrankungen/depressionen/was-ist-eine-depression/
  • apotheken-umschau.de/Depression

Der Wirkstoff Fluoxetin

Fluoxetin, das als SSRI zur neueren Generation der Antidepressiva gehört, hemmt die Wiederaufnahme des Serotonin in den Nervenzellen, so dass sich mehr davon im synaptischen Spalt befindet und die Wirkung somit verlängert wird. SSRI ist die Abkürzung für Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (engl. „Selective Serotonin Reuptake Inhibitor“). Man vermutete lange Zeit, das der Botenstoff Serotonin der zentrale Botenstoff ist für Glücksgefühle und Wohlbefinden. Ein Mangel an Serotonin, so die These, führt zu depressiven Verstimmungen, Antriebslosigkeit und Verlust an Lebensfreude.

Als Fluoxetin 1988 als „Prozac“ in den USA auf den Markt kam, wurde es zunächst als Wunderpille gefeiert. Millionen von Patienten wurden damit behandelt (auch Kinder) und tatsächlich zeigte die Einnahme in kontrollierten Studien im Vergleich zu Placebos eine signifikante antidepressive sowie antriebssteigernde Wirkung. Zudem erhielt „Prozac“ von der amerikanischen Arzneimittel-Behörde FDA („Food and Drugs Administration“) auch die Zulassung gegen die Anwendungsgebiete Zwangsstörungen (siehe Zwangsstörung) und Bulimie, da diese Krankheitsbilder strukturell eng verwandt sind mit depressiven Erkrankungen und häufig gemeinsam mit diesen auftreten. Das Arzneimittel erlebte in der Folgezeit einen regelrechten Hype und kam leider schnell auch als Muntermacher und Partydroge in Mode, beispielsweise in Kombination mit Ecstasy (MDMA), da es dessen Wirkung verstärkt.

1990 wurde Fluoxetin unter dem Handelsnahmen „Fluctin“ in Deutschland eingeführt. Man glaubte zunächst, dass damit der endgültige Durchbruch im Kampf gegen depressive Erkrankungen gelungen sei, was sich nicht als ganz richtig erwies, auch wenn eine mögliche Wirksamkeit unbestritten ist. Nach Auslaufen des Patentschutzes kamen in der Folge zahlreiche Generika auf den Markt (Nachahmerpräparate).

  • de.wikipedia.org/wiki/Fluoxetin
  • drugscouts.de/de/lexikon/prozac
  • de.wikipedia.org/wiki/Antidepressivum

Fluoxetin Nebenwirkungen

Nachdem der Pharmakonzern Elli Lilly, der das Antidepressivum „Prozac“ auf den Markt gebracht hatte, in den Folgejahren enorme Gewinne erwirtschaftete, zeigten sich nach und nach die ersten Schattenseiten der sogenannten Wunderpille. Man stellte fest, dass das Arzneimittel insbesondere bei jungen Patienten unter 25 Jahren und bei älteren Betroffenen die Suizidneigung verstärken kann, so wie alle nachfolgenden SSRI auch. Vermutet wird, dass dem folgender Mechanismus zugrunde liegt: Zunächst setzt der antriebssteigernde Effekt ein, was die Patienten aus ihrer Lethargie und krankheitsbedingten Apathie reißt. Dadurch haben sie die Energie, schon vorhandene Selbstmordgedanken in die Tat umzusetzen. Die antidepressive Wirkung setzt jedoch erst nach einigen Wochen ein. Dies ist zumindest ist die gängige Theorie. Deswegen ist die Suizidgefahr beim Ansetzen (oder abrupten Absetzen) des Medikaments am größten und die erste Phase der Einnahme ist die sensibelste. Ob der Wirkstoff generell die Suizidneigung verstärken kann, ist ungeklärt.

Zudem zeigte sich, dass Fluoxetin auch enthemmend wirken, sich die Persönlichkeit nach der Einnahme verändern kann und aggressive Ausbrüche die Folge sein können. Dies waren selbstverständlich Fluoxetin Nebenwirkungen, die nicht erwünscht waren und das Medikament geriet in der Folge von mehreren Seiten auch stark in die Kritik. Dabei konnten aber weder Kritiker noch Befürworter eindeutige Beweise vorlegen. Populärwissenschaftlich wurde die Problematik um „Prozac“ alias Fluoxetin erstmals mit dem Film „Prozac Nation. Mein Leben mit der Psychopille“ aufbereitet (Youtube).

Zudem kann Fluoxetin eine Gewichtszunahme bzw. Gewichtsabnahme (das hängt vom Betroffenen ab) auslösen, wobei eine Gewichtsabnahme durch die antriebssteigernde Wirkung wahrscheinlicher ist. Dies ist aber von Person zu Person unterschiedlich. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Übelkeit, Mundtrockenheit, Störungen der Libido, Schlaflosigkeit, Nervosität, Durchfall und Zittern. Dies sind Nebenwirkungen, die auch von anderen SSRI wie „Zoloft“ alias Sertralin bekannt sind (vgl. Sertralin Nebenwirkungen). Auch eine sogenannte Akathisie, eine quälende innere Unruhe, die zu Rastlosigkeit führt, wurde bei einigen Patienten als eine der möglichen Nebenwirkungen festgestellt. Vereinzelt kam es auch zu Todesfällen nach der Einnahme.

Ob die positive Wirkung die möglichen Fluoxetin Nebenwirkungen überwiegt, muss deswegen im Einzelfall ein kompetenter Psychiater abwägen. Gegner der modernen psychiatrischen Medizin warnen zum Teil vor dem Antidepressivum und vor SSRI im Allgemeinen. Jedoch fehlt es bislang an echten Alternativen. Außerdem ist ein möglicher Nutzen nachgewiesen worden.

Zu kritisieren ist daher eher die nachlässige, zu schnelle und zu fahrlässige Verschreibung von Antidepressiva wie Fluoxetin, beispielsweise dann, wenn der vorübergehende niedergedrückte Gemütszustand einer Person fälschlicherweise als depressive Erkrankung fehlgedeutet wird. Medikamente wie Fluoxetin wirken dabei vor allem bei mittelgradigen oder schweren depressiven Erkrankungen gut, nicht jedoch bei vorübergehenden depressiven Verstimmungen und leichten Formen. Dies ist mittlerweile ebenfalls bekannt. Es ist also ein strenges Abwägen von Kosten und Nutzen erforderlich. Fluoxetin ist deswegen verschreibungspflichtig. Von einer Selbstmedikation ist dringend abzuraten.

  • welt.de/wissenschaft/article1405811/Die-dunklen-Seiten-der-Gluecksdrogen.html
  • deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2001/daz-47-2001/uid-5052
Fluoxetin Nebenwirkungen bei Onmeda im Überblick (https://www.onmeda.de/Wirkstoffe/Fluoxetin/nebenwirkungen-medikament-10.html)
Fluoxetin Nebenwirkungen bei Onmeda im Überblick (https://www.onmeda.de/Wirkstoffe/Fluoxetin/nebenwirkungen-medikament-10.html)

Kontraindikationen

Bei krankhaft gehobener Stimmung, einer sogenannten Manie, darf Fluoxetin nicht verabreicht werden, da dies eine manische Episode verstärken kann. Auch ist Fluoxetin kontraindiziert, wenn es bereits manische Phasen in der Vergangenheit gab, beispielsweise im Rahmen einer bipolaren (bzw. manisch-depressiven) Erkrankung.

Zudem weist das Arzneimittel Wechselwirkungen mit anderen Mitteln auf. Strikt zu vermeiden ist die gleichzeitige oder zeitnah aufeinanderfolgende Behandlung mit MAO-Hemmern (siehe unsere MAO Hemmer Liste), wobei es sich ebenfalls um Antidepressiva handelt, allerdings um eine Gruppe mit einem anderen Wirkmechanismus. MAO-Hemmer werden mittlerweile aber nur noch selten verschrieben.

Kontraindikationen bestehen auch in Verbindung mit Alkohol, da sich Alkohol und der Wirkstoff Fluoxetin in unvorhersehbarem Maße gegenseitig verstärken können. Dies kann für die Gesundheit sogar lebensbedrohlich werden, da Blutdruckentgleisungen und andere Folgen möglich sind.

Vorsicht ist auch geboten, bei pflanzlichen oder chemischen Arzneimitteln, die ebenfalls auf den Serotonin-Spiegel im Gehirn wirken: Dazu gehören beispielsweise Johanniskraut (vgl. Johanniskraut & Depression), Lithium, Tryptophan (eine Vorstufe des Serotonins), bestimmte Antibiotika, Tramadol (ein schmerzstillendes Opiat) und Triptane (Mittel zur Migräne-Behandlung). Im ungünstigsten Fall droht ein sogenanntes Serotoninsyndrom, das gekennzeichnet ist durch Schüttelfrost, Zittern, Verhaltensänderungen, Rastlosigkeit, Muskelzuckungen und Schwitzen. Dieses kann lebensbedrohlich werden. Ein Serotoninsyndrom ist zwar sehr selten, wird aber meist durch Arzneimittelwechselwirkungen ausgelöst.

Vorsicht ist auch geboten bei der Kombination von Fluoxetin mit anderen Wirkstoffen, die auf das zentrale Nervensystem wirken (beispielsweise Neuroleptika, Benzodiazepine wie Tavor / Diazepam etc.). Sprechen Sie deswegen eine Kombinationsbehandlung bitte immer mit Ihrem Arzt ab.

Diabetiker sollten besonders streng auf ihren Blutzucker achten, da Fluoxetin diesen senken und somit eine gefährliche Unterzuckerung auslösen kann. Eventuell ist eine Anpassung der anti-diabetischen Medikation notwendig.

  • apotheken-umschau.de/Medikamente/Beipackzettel/Fluoxetin-AbZ-20-mg-Hartkapseln-1015771.html

Dosierung

Die durchschnittliche Fluoxetin Dosierung beträgt bei Depressionen und Zwangsstörungen 20 Milligramm täglich und kann schrittweise bei Bedarf bis auf 60 Milligramm gesteigert werden. Verabreicht wird das Mittel in Form von Kapseln. In den USA sind mittlerweile auch Kapseln mit einer Dosis von 90 Milligramm erhältlich, die nur einmal in der Woche eingenommen werden sollten („Prozac weekly“). Das ist möglich, weil Fluoxetin eine sehr lange Halbwertszeit von vier bis sechs Tagen aufweist. Dies bedeutet, nach diesem Zeitraum ist noch die Hälfte des Wirkstoffs im Körper aktiv.

Bei Bulimie wird häufig eine Dosierung von 60 Milligramm täglich anvisiert, wobei das Mittel ebenfalls schrittweise eindosiert wird, bis im Blut der richtige Spiegel erreicht ist und sich der gewünschte Effekt entfaltet.

Soll das Medikament wieder abgesetzt werden, sollte ebenfalls schrittweise vorgegangen werden, um ein SSRI Absetzsyndrom zu vermeiden. Je langsamer Fluoxetin abgesetzt wird, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dies auch gelingt. Von einem abrupten Absetzen ist dringend abzuraten. Ein Absetzsyndrom durch ein Antidepressivum ähnelt einem Entzugssyndrom und kann unvorhersehbar werden. Dabei richtet sich die Schwere des Absetzsyndroms nach der Dauer der Einnahme und der Höhe der Dosis.

  • axapharm.ch/de/produkte/rezeptpflichtige-medikamente/fluoxetin_tab/2954/fi

Zusammenfassung: Vor- und Nachteile von Fluoxetin

  • gute Wirksamkeit bei mittelgradigen und schweren depressiven Erkrankungen
  • kann belastende Zwänge (zum Beispiel Waschzwang) lindern
  • auch wirksam gegen Bulimie (vgl. Bulimie behandeln)
  • Gewichtszunahme unwahrscheinlich
  • Steigerung der Suizidgefahr noch ungeklärt
  • Möglichkeit von aggressiven Ausbrüchen (ebenfalls noch ungeklärt, auch abhängig von Dosierung und ggf. im Zusammenspiel mit Alkohol)
  • erfordert strenge Kosten-Nutzen-Rechnung (Wirkung vs. Nebenwirkungen)
  • für bestimmte Patientengruppen nicht geeignet

Videos

YOUTUBE: WDR: Lifestyle-Medikamente (Viagra, Prozac) oft überflüssig? (youtube.com/watch?v=FFNXec4ZHCs)

YOUTUBE: Glückspille Prozac?! (youtube.com/watch?v=Lr33sZkf6RY)

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