Immer mehr Menschen leiden an Depressionen – oft auch im Kontext von Angststörungen. Das kann von leichten, temporären Verstimmungen bis hin zu schweren Depressionen mit Suizidgefahr reichen.
Neben vielen chemischen Medikamenten wie z.B. Mirtazapin kommt auch sehr häufig Johanniskraut zum Einsatz gegen Depressionen. Das echte Johanniskraut (Hypericum Perforatum) gilt in Deutschland als am meisten angebaute und wichtigste Arzneimittel. Bereits in der Antike wurde Johanniskraut als Heilmittel verwendet.
Zwischenzeitig hatte das Johanniskraut mit seinem Ruf zu kämpfen. Mittlerweile wird es aber kaum noch unter den Placebos verbucht. In zahlreichen Studien konnte die Wirksamkeit von Johanniskraut gegen Depression (leichterer Art bis F32.1) belegt werden. Ähnlich wie manche Psychopharmaka wirkt das im Johanniskraut enthaltene Hyperforin an den Nervenzellen und hemmt die Wiederaufnahme einiger Neurotransmitter. Das führt letztlich dazu, dass im Gehirn das Gleichgewicht der Neurotransmitter / Botenstoffe wieder hergestellt wird, was sich positiv auf das Gemüt niederschlägt.
Johanniskraut als Stimmungsaufheller
Besonders beliebt ist die Pflanze als Stimmungsaufheller, da sie bei guter Wirksamkeit nur wenige Nebenwirkungen mit sich bringt. Wer Johanniskraut einnimmt, fühlt sich nach einer Anlaufwirkzeit von wenigen Wochen in der Regel wieder aktiver, ausgeglichener und fröhlicher. Auch wenn Johanniskraut nicht müde macht, kann es dennoch dafür sorgen, dass der Schlaf ruhiger und ungestörter wird. Hoch dosierte Johanniskraut-Präparate können bei leichten depressiven Störungen mit chemischen Mitteln mithalten.
Spürbare Besserung nach etwa 14 Tagen: Damit das Johanniskraut gegen Depressionen seine Wirkung entfalten kann, muss es mindestens etwa zwei Wochen eingenommen werden. Nach diesem Zeitraum tritt meist bereits eine spürbare Besserung auf.
Nach etwa vier bis sechs Wochen fühlen sich Patienten, die Johanniskraut einnehmen, kontinuierlich besser. Viele Hersteller raten zu einer Einnahmedauer bis etwa neun Monate, damit eine größtmögliche Rückbildung der Symptome erzielt werden kann. Außerdem verhindert eine längere Einnahmedauer das Risiko Rückfälle zu erleiden.
Alle Hersteller weisen darauf hin: wenn nach vier bis sechs Wochen keine Besserung eintritt, ist unbedingt Rücksprache mit einem Arzt zu halten.
Wechselwirkungen und Nebenwirkungen
Jedoch gibt es einige Wechselwirkungen von Johanniskrautpräparaten, wenn gleichzeitig andere Medikamente eingenommen werden müssen. Ist eine Medikation mit Johanniskraut beabsichtigt, sollte der Arzt darüber informiert werden. Außerdem kann es bei Frauen, die hormonell verhüten, zu einer ungewollten Schwangerschaft führen. Wird also Johanniskraut eingenommen, empfiehlt es sich bei nicht gewünschter Schwangerschaft auf nicht-hormonelle Verhütungsmethoden wie beispielsweise Kondome zurückzugreifen.
Die Einnahme von Johanniskraut kann des Weiteren, jedoch nur sehr selten, zu einer Lichtüberempfindlichkeit der Haut führen (weniger als 1 Fall je 10.000 Patienten). Von erhöhter UV-Bestrahlung oder langen Sonnenbädern wird daher wegen des erhöhten Sonnenbrand-Risikos oft sehr pauschal abgeraten. Im Sommer muss das Mittel allerdings nicht abgesetzt werden, wenn eine langfristige Behandlung angestrebt ist.
Vor- und Nachteile von Johanniskraut bei Depressionen
Die Behandlung von Depressionen mit Johanniskraut bringt einige Vorteile, aber auch Nachteile mit sich, die beleuchtet werden sollten.
Vor allem raten Forscher der Einnahme von frei verkäuflichen Johanniskraut Produkten aus dem Supermarkt oder der Drogerie ab! – Oftmals sind diese Produkte zu niedrig dosiert, sodass nicht von einer Besserung der Symptome auszugehen ist. Außerdem sind sie nicht ausreichend analysiert. Es fehlt an Studiendaten, die die Qualität dieser Arzneimittel dokumentieren können.
Möglicherweise spart man mit den Johanniskraut Arzneimitteln aus dem Supermarkt Geld, allerdings garantieren sie nicht die Wirksamkeit wie geprüfte und hoch dosierte Präparate aus der Apotheke. Teilweise werden in Präparaten, die nicht apothekenpflichtig sind, Extrakte von Johanniskraut aus China verarbeitet. Hier spricht das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker in seiner Studie von einem unberechenbaren Risiko.
Grundsätzlich ist es nicht ratsam, eine Depression, egal ob leicht oder schwer, auf eigene Faust zu behandeln. Je nach Patient kann sich eine leichte Depression verschlimmern, wenn diese nicht fachmännisch begleitet wird.
Selbst bei einer leichten depressiven Phase, sollte immer ein Arzt aufgesucht werden. Ihm ist es möglich einzuschätzen, welche Medikamente sinnvoll für den Patienten sind. Besonders, wenn es sich um eine schwere Depression handelt, ist neben einer medikamentösen auch eine psychotherapeutische Behandlung notwendig (!). Nur ein Fachmann kann im Fall einer psychischen Störung die richtige Diagnose stellen und folglich auch die richtige Behandlung durchführen.
Dennoch eignen sich hoch dosierte Johanniskraut-Präparate zur Behandlung von Depressionen. Neben einer guten Wirksamkeit, sind sie gleichzeitig gut verträglich und weisen nur wenige Nebenwirkungen auf. – In der folgenden Übersicht sind die Vorteile von solchen (hochdosierten) Johanniskraut-Präparaten wie Jarsin 300, Laif 900 und Neuroplant Aktiv aufgezeigt.
VORTEILE von Johanniskraut gegen Depression
Pflanzliches Mittel mit wenig Nebenwirkungen: Die Produkte Jarsin, Neuroplant (Aktiv) und Laif 900 haben alle gemeinsam, dass es sich um ein pflanzliches Mittel zur Behandlung von Depressionen handelt. Der in den Mitteln verarbeitete Wirkstoff ist ein Trockenextrakt des Johanniskrauts.
Als besonders vorteilhaft erweist sich die Kombination aus Wirksamkeit von Johanniskraut bei Depressionen mit gleichzeitig geringen Nebenwirkungen. – Anders als bei chemischen Präparaten, beschränken sie sich meist (wenn überhaupt) auf Unwohlsein und Magen-Darm-Beschwerden. – Wer seinem Körper bei einer leichten, depressiven Verstimmung keine chemischen Substanzen verabreichen möchte, der kann mit dem gezielten Einsatz von Johanniskraut-Extrakten ebenso gute Effekte der Besserung erzielen.
Zeitraum der Einnahme flexibel, auch Langzeitgabe möglich: Die oben genannten Mittel können bedenkenlos über mehrere Monate eingenommen werden. Der Hersteller von Neuroplant (Aktiv) empfiehlt eine kontinuierliche Einnahme von etwa sechs bis neun Monaten, da es ansonsten zur Rückfällen kommen könne (www.neuroplant.de).
Bei Laif 900 hingegen spricht der Hersteller von einer Behandlung von mindestens zehn bis 14 Tagen. Eine längerfristige Einnahme könne dann mit einem Arzt abgesprochen werden und für eine Stabilisierung des Allgemeinzustandes sorgen. (Beim Präparat, früher unter der Marke Steigerwald Laif, heute Bayer Vital Laif, gab es in 2016 massive Lieferschwierigkeiten, was aber angeblich nicht auf erhöhte Nachfrage, sondern Probleme mit dem Wirkstoffgehalt des eingekauften Johanniskrauts geschuldet war; siehe FAZ)
Der Hersteller von Jarsin (Klosterfrau) empfiehlt eine Behandlung von etwa vier bis sechs Wochen bis eine deutliche Besserung eintritt.
Laif 900 und Neuroplant (Aktiv) bieten den Vorteil, dass nur eine Tablette täglich genommen werden muss. Bei Jarsin verweist der Hersteller auf die Einnahme zweimal täglich einer halben Tablette. Allerdings: Je nach Meinung und Verschreibung des Arztes kann auch bei Neuroplant die Einnahme von 1,5 Tabletten pro Tag angeraten sein, um (bei einer Standarddosis von 600mg Johanniskrautextrakt in Neuroplant) auf die oft gewünschte Hochdosis von 900mg Johanniskraut bei Depressionen zu kommen.
Generell ist die Einnahmedauer von Johanniskraut-Präparaten uneingeschränkt. Eine längerfristige Behandlung kann zu einem guten Krankheitsverlauf beitragen und dafür sorgen, dass das Risiko für Rückfälle gesenkt wird und die Erfolgschance paralleler Psychotherapie erhöht wird.
Insofern wird Johanniskraut oft auch als Begleitung einer psychotherapeutischen Behandlung bei leichter depressiver Episode genutzt, zum Beispiel um vorhandene Angsterkrankungen wie Sozialphobie psychotherapeutisch wirksamer behandeln zu können. Denn: Oftmals sind depressive Verstimmungen oder leichte Depressionen (ICD F32.0 / leichte depressive Episode) nur Symptom von anderen psychischen Erkrankungen. – Zum Beispiel, wenn eine vorhandene soziale Angststörung (Sozialphobie, ICD-10: F 40.1) durch Vermeidungsverhalten, sozialen Rückzug und daraus resultierende und sich im Laufe der Zeit verschärfende Probleme / Folgen den Betroffenen in eine leichte Depression führt. Die Gabe von Johanniskrautextrakt-Präparaten dient dann dazu, das psychische Allgemeinbefinden des Patienten zu bessern, während die parallel durchgeführte Psychotherapie am Wurzel der Depression ansetzt, nämlich der Sozialphobie.
Keine Suchtgefahr bei Johanniskraut als pflanzlichem Arzneimittel gegen leichte Depressionen
Bei allen oben genannten Mitteln ist eine längerfristige Einnahme sinnvoll und vor allem unschädlich. Besonders vorteilhaft ist Johanniskraut bei Depression, da es weder körperlich noch psychisch abhängig macht. Wenn also das Abklingen der Symptome mit einer deutlichen Besserung beobachtet wird, können die Präparate problemlos abgesetzt werden, ohne dass es zu „Entzugserscheinungen“ käme. Allerdings gilt im Sinne oben ausgeführter Empfehlungen – die natürlich ganz im Sinne der Hersteller sind 😉 – das Mittel eher etwas zu lang als zu kurz zu nehmen, um sicherzustellen, dass der Patient wirklich „stabil“ ist, und nicht so schnell wieder „die Stimmung kippt“.
Johanniskraut beeinträchtigt nicht – in keiner Form – im Alltag: Werden leichte bis mittlere Depressionen mit Johanniskraut Präparaten wie Neuroplant (Aktiv), Laif 900 oder Jarsin behandelt, kann das zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität führen, ohne dass es dabei zu Einschränkungen im Alltag kommt. Die Einnahme der genannten Mittel beeinträchtigt weder beim Autofahren, noch im Arbeitsalltag. Ganz anders bei chemischen Psychopharmaka, in deren Beipackzetteln fast immer empfohlen wird, das Führen von Fahrzeugen, Maschinen etc. besser zu unterlassen (vgl. Psychopharmaka Nebenwirkungen) – obwohl die meisten Patienten mit verordnetem Mirtazapin & Co sehr wohl noch Autofahren können und das auch machen. Derlei eventuelle – beobachtete, befürchtete – Nebenwirkungen chemischer Antidepressiva hat man bei Johanniskrautarznei aber einfach nicht; vgl. auch generelle Nebenwirkungen von Antidepressiva).
Keine Überdosis möglich: Bisher liegen keine Anzeichen vor, dass es bei einer zu hohen Dosis von Johanniskraut-Extrakten zu gefährlichen Problemen kommt. Lediglich können die Nebenwirkungen, vor allem aber die Lichtüberempfindlichkeit der Haut, zunehmen. Wird eine zu hohe Dosis eingenommen, sollten sich die Betroffenen etwa ein bis zwei Wochen verstärkt vor Sonnenlicht schützen.
NACHTEILE von Johanniskraut als Mittel gegen Depression
Klosterfrau Jarsin enthält Laktose: In dem Arzneimittel Jarsin von Klosterfrau ist Laktose enthalten und somit bei einer vorliegenden Laktoseintoleranz nicht geeignet. Außerdem muss die Tablette geteilt werden und zweimal täglich ist eine Hälfte einzunehmen. Bei Neuroplant (Aktiv) und Laif 900 hingegen wird empfohlen morgens eine Tablette (bzw. anderthalb Neuroplant) genommen. Dadurch dass bei Jarsin die Einnahme zweimal am Tag erfolgen muss, ist es möglich, dass diese häufiger vergessen wird, was letztlich den Behandlungsverlauf stört.
Nicht für schwere Depressionen: Sicherlich ist es eine schöne Vorstellung selbst schwere Depressionen mit pflanzlichen Mitteln heilen zu können. Jedoch sind dafür sämtliche Johanniskraut-Präparate ungeeignet. Ein Arzt wird hier auf andere Behandlungsmethoden und Medikamente (chemische Antidepressiva wie TZA, SSRIs) zurückgreifen, siehe auch Antipsychotika und ihre Wirkung vs. pflanzliche Medikamente gegen Angst / Angstzustände.
Wechselwirkungen von Johanniskraut-Arznei
Eine der größten Nachteile von Johanniskraut bei der Behandlung von Depressionen sind die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Wenn also Johanniskraut zum Einsatz kommen soll, muss vorher sichergestellt sein, dass es die Wirkung anderer Medikamente nicht beeinträchtigt oder gar hemmt wird.
Ebenso schützt die Anti-Baby-Pille nicht mehr 100% bei der Einnahme von Johanniskraut – wenngleich es sich hierbei ja nicht um ein „Medikament“ im strengeren Sinne handelt. Aber vielen Frauen ist die Tatsache bekannt, und so hören PatientInnen sehr häufig von Freundinnen, denen sie über „Arzt hat mir Johanniskraut verschrieben“ berichten, gleich die entsprechende „Warnung vor dem Kinde“.
Jarsin, Laif 900 und Neuroplant (Aktiv)
Hochdosierte Johanniskraut-haltige Arzneimittel dürfen nicht eingenommen werden, wenn gleichzeitig mit Medikamenten behandelt wird, die die Abstoßungsreaktion gegenüber Transplantaten unterdrücken. Dazu gehören: Sirolismus, Ciclosporin und Tacrolimus (innerliche Anwendung).
Des Weiteren darf Bayer Laif 900, Willmar Schwabe Neuroplant (Aktiv) und Klosterfrau Jarsin nicht eingenommen werden, wenn AIDS oder HIV-Infektionen mit Proteinase-Hemmer (bspw. Indinavir) oder Non-Nucleosid-Reverse-Transcriptase-Hemmer (z.B. Neviparin) behandelt werden.
Gleiches gilt auch für: Mittel, die die Blutgerinnung hemmen (Phenprocoumon, Wafarin und Zytostatika (bsp. Imatinib, Irinotecan), allerdings stellen monoklonale Antikörper eine Ausnahme dar.
Generell wird zudem – wie oben geschildert – die Wirkung hormoneller Verhütungsmethoden möglicherweise gesenkt.
Jarsin darf nicht eingenommen werden, wenn Sie allergisch gegenüber Soja und/oder Erdnüssen sind. Für alle drei Präparate gilt natürlich, dass sie nicht eingenommen werden können, wenn eine Überempfindlichkeit gegenüber Johanniskraut oder anderen Bestandteilen des Mittels vorliegen.
Ebenso sind die Präparate nicht zu verwenden bei gleichzeitiger Einnahme anderer Antidepressiva, bei einer lichtüberempfindlichen Haut und schweren depressiven Störungen.
Außerdem ist sind Laif 900 und Jarsin nicht für Menschen mit einer eingeschränkten Leberfunktion geeignet. Über das Cytochrom P 450-Enzymsystem der Leber verstoffwechselte Arzneimittel können ebenfalls für Wechselwirkung mit Laif 900 sorgen.
Generell sollte die Einnahme von hoch dosierten Johanniskraut Präparaten mit einem Arzt abgeklärt werden.
Wirkungsverstärkung und Wirkungsverminderung bei Jarsin, Laif, Neuroplant & Co.
Falls gleichzeitig andere Mittel eingenommen werden, muss ein Arzt das Risiko der möglichen Wechselwirkungen bei der Einnahme von Jarsin, Laif und Neuroplant beurteilen. Wichtig ist auch zu wissen, dass weitere Medikamente, die hier nicht aufgeführt sind, zu starken Wechselwirkungen führen können. Der Arzt sollte immer über die Einnahme von Johanniskraut informiert werden, vor allem, wenn er andere Mittel verschreibt. – Die folgende Übersicht zeigt auf, bei welchen Stoffen die Einnahme von Johanniskraut zu einer Wirkungsverstärkung oder zu einer Wirkungsverminderung führen kann.
Wirkungsverstärkungen treten auf bei:
Werden diese Mittel mit Johanniskraut-Extrakten eingenommen kann es zu einem lebensbedrohlichen Serotoninsyndrom kommen. Das liegt daran, dass das Serotonin dann soweit heraufgesetzt wird, dass der Körper überreagiert (www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=43232), siehe auch Serotonin Wirkung.
Wirkungsverminderung treten auf bei:
- hormonellen Verhütungsmitteln
- Digoxin
- Midazolam
- Imatinib, Irinotecan (Zytostatika)
- Indinavir, Nevirapin (eingesetzt bei AIDS / HIV-Infektionen)
- Ciclosporin, Tacrolimus (innerliche Anwendung)
- Sirolismus (Immunsuppressiva)
- Phenprocoumon, Warfarin (hemmen Blutgerinnung)
- Amitriplin, Nortriplin (Trizyklische Antidepressiva)
Schwangerschaft & Stillzeit: Die Johanniskraut-Arzneimittel Neuroplant (Aktiv), Jarsin und Laif sind nicht in der Schwangerschaft zu verwenden. Grund hierfür ist, dass keine ausreichenden Studien zur Verfügung stehen, die über mögliche Risiken berichten könnten.
Aus dem gleichen Grund sollten die Johanniskraut-Mittel auch in der Stillzeit nicht eingenommen werden. Wie der Hersteller von Jarsin in seiner Packungsbeilage schreibt, geht der Wirkstoff Hypericin bei Ratten in die Muttermilch über und kann dort höher konzentriert vorliegen, als im Blut der Mutter. Zum Schutz von Mutter und Kind, sollte bei einer depressiven Verstimmung in Schwangerschaft und Stillzeit immer ein Arzt aufgesucht werden.
Nur für leichte bis mittelschwere Depressionen
Die genannten Präparate eignen sich als Stimmungsaufheller und ersetzen keine psychotherapeutische Behandlung bei schweren psychischen Erkrankungen (bin ich psychisch krank?). Patienten sollten daher grundsätzlich eine ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen.
Dabei ist es wichtig, den Unterschied zwischen Psychiater und Psychotherapeut zu verstehen, und sich vom Wort „Psychiater“ nicht zu sehr schrecken zu lassen: ein „Psychotherapeut“ ist (in der Regel) ein diplomierter Psychologe. Ein Psychologe ist (von seiner Berufsausbildung) jedoch kein Arzt, insbesondere kein Facharzt. Verschreibungspflichtige Arzneimittel und Medikamente (wie etwa Antidepressiva und Antipsychotika) dürfen nur von Ärzten verschrieben werden. Ergo: Ein Psychologe / Psychotherapeut DARF KEINE MEDIKAMENTE verschreiben. Daher gilt für die meisten Patienten, die unter echten Angsterkrankungen, unter Depressionen oder sonstigen psychischen Erkrankungen leiden, dass diese in vielen Fällen SOWOHL zum PSYCHOTHERAPEUTEN müssen (für die psychologische Behandlung) ALS AUCH zum PSYCHIATER (Nervenarzt). Der Psychiater entscheidet darüber, ob und inwieweit eine Medikamentation erforderlich ist und verschreibt dann ggf. entsprechende Medikamente / Arzneimittel. Den Rest der „psychologischen“ Behandlung übernimmt dann ein „pychologischer Psychotherapeut“, z.B. in Form von analytischer Psychotherapie oder Verhaltenstherapie. – Dieses Wechselspiel zu verstehen ist wichtig, denn Betroffene (wie auch Außenstehende) sind oft erst einmal schockiert, dass man (oder jemand anderes) „gleich zum Psychiater geschickt wurde“ – obwohl es sich vielleicht ’nur‘ um eine leichte Depression oder depressive Verstimmung handelt. Zwar kann auch der Hausarzt Antidepressiva verschreiben, wenn möglich und sicherheitshalber wird er den Patienten aber zum Facharzt für Nervenheilkunde (Psychiater) schicken, und diesen um eine ggf. fachkundigere Meinung nach genauerer Untersuchung der Symptomatik bitten.
Wirkweise
Hoch dosierte Trockenextrakte von Johanniskraut, so wie sie in Neuroplant, Laif und Jarsin enthalten sind, wirken ähnlich wie chemisch hergestellte Antidepressiva.
Das im Johanniskraut enthaltene Hypoferin wirkt auf Neurotransmitter (Botenstoffe). Bei einer depressiven Phase sind bestimmte Neurotransmitter nicht in einem ausgeglichenen Verhältnis vorhanden. Durch dieses Ungleichgewicht ist die Signalübertragung an den Synapsen gestört, was im Endeffekt zu psychischen und physischen Beschwerden führen kann.
Der Stoff Hyperforin, der in Johanniskraut vorkommt, wirkt im Gehirn auf Noradrenalin, Serotonin und Dopamin und sorgt dafür, dass sich diese länger im synaptischen Spalt aufhalten (siehe auch Dopaminmangel). Das Hyperforin hemmt also die Rücknahme der Stoffe, die für die Signalübertragung an den Nervenzellen wichtig sind. Daraus ergibt sich ein Gleichgewicht in der Informationsübertragung an den Nervenzellen.
Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen, die durch die Einnahme von Neuroplant (Aktiv), Jarsin und Laif 900 entstehen können, sind nur sehr selten bis selten nachgewiesen worden.
Sehr selten (also ein oder weniger von 10.000 Menschen) haben Behandelte mit überempfindlicher Haut reagiert. Besonders bei hellhäutigen Menschen kam es zu sonnenbrandähnlichen Reaktionen und einer Überempfindlichkeit gegenüber Sonnenstrahlen.
Selten (also weniger als einer von 1000, aber mehr als einer von 10.000) kommt es zu Magen-Darm-Beschwerden und allergischen Reaktionen. Außerdem können Erscheinungen wie Unruhe (siehe innere Unruhen) und Müdigkeit auftreten. Auch Schwindel und Kopfschmerzen sind mögliche Nebenwirkungen.
Bei Laif 900 kann es außerdem zu gelbem Urin kommen. Das liegt an dem sogenannten Riboflavin, dieser natürliche Farbstoff geht auf das Vitamin B2 zurück, das in der Tablettenhülle verarbeitet ist. Jedoch ist dieser Stoff gänzlich unbedenklich und gelber Urin in Folge der Therapie eine ungefährliche Nebenwirkung.
Trotz Unbedenklichkeit apothekenpflichtig
Obwohl hoch dosierte Johanniskraut-Präparate als unbedenklich gelten, sind diese mittlerweile apotheken- und zum Teil auch verschreibungspflichtig.
Bereits seit 2003 wurde in Deutschland für hoch dosierte Johanniskraut-Präparate eine Apothekenpflicht eingeführt. Die Verschreibungspflicht gilt seit dem 01. April 2009 für Johanniskraut-Präparate, die bei mittelschwerer Depression verwendet werden können. Diese Regelung wird damit begründet, dass mittelschwere Depressionen grundsätzlich nicht selbst, sondern von einem Arzt behandelt werden sollten, ja: müssen.
Ärztliche Kontrolle bei mittelschweren Depressionen: Bereits bei mittelschweren Depressionen sei ein Suizidrisiko der Patienten vorhanden. Wird bei einer mittelschweren Depression mit hoch dosierten Johanniskraut-Präparaten selbst behandelt, kann sich der Zustand des Betroffenen trotz Einnahme von Johanniskraut verschlechtern. Das liegt daran, dass die Wirkung von Johanniskraut erst einige Zeit nach Behandlungsbeginn einsetzt. Werden in dieser Zeit die Patienten nicht fachmännisch begleitet, steigt das Suizidrisiko.
Hersteller umgehen Rezeptpflicht: Einige Hersteller reagierten auf diese Neuregelung mit einer Änderung der Indikation. Das heißt, sie brachten Arzneimittel auf den Markt, die lediglich bei leichten depressiven Störungen angewendet werden sollen. Ein gutes Beispiel ist hier das bereits genannte Neuroplant. Das Arzneimittel ist verschreibungspflichtig, da es bei mittelschweren Depressionen verwendet werden kann. Der Hersteller hat allerdings ein weiteres Mittel unter dem Namen Neuroplant Aktiv auf den Markt gebracht. Die beiden Arzneien unterscheiden sich weder in ihrer Dosis an Johanniskraut-Extrakt, noch an weiteren Inhaltsstoffen. Der Grund dafür, dass Neuroplant Aktiv weiterhin frei verkäuflich ist, liegt an der Änderung des Anwendungsgebiets. Es wird somit nur bei leichten depressiven Verstimmung verabreicht.
Die Hersteller der Produkte Jarsin und Laif 900 haben ebenfalls auf die Regelung reagiert und dementsprechend identische Produkte mit einer geänderten Indikation auf den Markt gebracht.
Was ist die richtige Dosis für Johanniskraut-Antidepressiva?
Pauschal lässt sich keine Aussage zur richtigen Dosierung von Johanniskraut-Präparaten machen. Allgemein findet sich sehr häufig die Aussage und Ansicht, dass eine Tagesdosis ab 600mg für erfolgreiche Ergebnisse sorgt.
Allerdings ist auch die Einnahme von 900mg Johanniskraut-Extrakt und darüber hinaus möglich – und wird von vielen Psychiatern auch so verschrieben. (Nicht umsonst ist Steigerwald / Bayer mit seinem Laif-Pflanzenantidepressivum Marktführer; dort ist die Dosis einer einzigen Tablette 900mg)
Die Entscheidung über die konkrete Dosis sollte von einem Arzt nach genauer Einschätzung der konkreten Symptomatik getroffen werden. „Einfach mal so“ entsprechende Präparate nehmen ist in der Regel keine so gute Idee. Natürlich kann die Dosierung auch von der individuellen Verträglichkeit der Arznei abhängen.
Wer bei depressiven Verstimmungen allerdings auf billige Präparate aus dem Supermarkt zurückgreift, der profitiert möglicherweise nicht von den positiven Effekten des Johanniskrauts.
Die Arzneimittel, die als Dragees, Tees oder Kapseln außerhalb der Apotheke angeboten werden, enthalten zwar Johanniskraut, allerdings fehlt hier die Qualitätsprüfung. Oftmals wird durch diese Mittel auch nicht die Dosis erreicht, die zu einer Besserung der Beschwerden führt.
Fazit:
Bei vielen Beschwerdebildern greift die Medizin heutzutage gerne wieder auf altbewährte Mittel zurück. Heilpflanzen kommen immer mehr in Mode und das zu Recht, wie sich am Beispiel Johanniskraut dokumentieren lässt.
Zwar hatten schon die Menschen in der Antike eine gewisse Kenntnis von Johanniskraut, allerdings gab es lange Zeit keine Studien, die eine tatsächliche Wirksamkeit belegen konnten. Mittlerweile stehen genügend Forschungsergebnisse zur Verfügung, sodass in jedem Falle leichte Depressionen sehr gut mit Johanniskraut-Präparaten behandelt werden können.
Johanniskraut eignet sich also bei leichten bis mittelschweren Depressionen als pflanzliche Alternative zu chemischen Medikamenten.
Quellenangabe:
- „Johanniskraut“, https://www.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie/johanniskraut.html
- „Neuroplant Aktiv“, https://www.neuroplant.de
- „Jarsin“, https://www.klosterfrau-group.de/marken/jarsin/
- „Laif 900“, https://laif900balance.de/aw/Laif_900_Laif_900_Balance/~bkz/index.html
- Jens Lubbadeh, „Johanniskraut-Präparate: Wildwuchs im Kräutergarten“, https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/johanniskraut-pflanzliches-mittel-hilft-gegen-depressionen-a-823206-2.html
Siehe auch unseren Artikel: Pflanzliche Mittel gegen Angst und Angststörungen hier auf www.angst-verstehen.de.