Paranoia / Verfolgswahn / Verfolgsangst - Symptome, Ursachen, Behandlung (© aga7ta - stock.adobe.com)

Verfolgungswahn / Paranoia – Ursachen von Verfolgungsangst, Symptome, und: was tun?

„Leidest du unter Verfolgungswahn?“ – Was manchmal scherzhaft zu vorsichtigen, schreckhaften Menschen gesagt wird, kann für Betroffene bitterer Ernst sein. Bei Verfolgungsangst (Paranoia) handelt es sich um eine psychische Störung, die deren Ausprägung unterschiedlich sein kann. Die Symptome einer solchen Verfolgungsangst können so mild ausgeprägt sein, dass Betroffene eher belächelt werden und sie diesen Teil ihres Lebens vielleicht selbst nicht ernst nehmen. Die Symptome von Verfolgungswahn können aber auch so beeinträchtigend sein, dass an einen normalen Alltag nicht mehr zu denken ist. Wahnvorstellungen und Halluzinationen, Panikattacken nachts und andere Formen der Paranoia können Betroffene auch so quälen, dass eine erhöhte Suizidalität die Folge sein kann.

Doch welche Ursachen hat die Verfolgungsangst und wie kann eine Psychotherapie helfen? – Nicht nur für Betroffene ist es sehr wichtig, sich fundiert mit ihrer Krankheit auseinanderzusetzen. Auch das Umfeld ist betroffenen von einer Psychose. Oft wissen Angehörige und Freunde nicht, wie man mit der Diagnose Verfolgungsangst sinnvoll umgehen soll. Der Umgang mit der Krankheit fällt dann schwer. Einfacher wird es, wenn man sich mit der Störung auseinandergesetzt hat und weiß, wie zum Beispiel Medikamente wirken können und welche Erfolge man von einer Psychotherapie erwarten kann.

Wie reagieren, wenn jemand glaubt, er werde verfolgt und sei bedroht? Es kann hier keine einfachen und alpgemeingültigen Antworten geben. Wissen über die Krankheit, über ihren Verlauf und Möglichkeiten der Therapie helfen aber allen Betroffenen weiter, einen konstruktiven Umgang mit dieser Lebenssituation zu finden.

Verfolgungswahn – welche Symptome sind möglich?

Die Verfolgungsangst, im Alltag oft unter Verfolgungswahn bekannt, gehört zu den Störungen im Bereich der Psychosen, die sich durch den so genannten Wahn kennzeichnen. Wahn ist in diesem Zusammenhang als geistiger Zustand zu verstehen, in dem Betroffene von gewissen Überzeugungen nicht mehr abkehren wollen und können. So gehen sie beispielsweise bei dieser Krankheit davon aus, dass ihre Mitmenschen ihnen feindselig gesinnt sind und ihnen Böses antun wollen. Zwar bemerken manche Betroffene durchaus, dass es eine offensichtliche Diskrepanz zwischen dem gibt, was sie selbst glauben und dem, was andere Menschen ihnen sagen. Werde ich verrückt, fragen sich entsprechend viele, die an Verfolgungsangst leiden. Kennzeichen der Krankheit ist aber entsprechend, dass Appelle an Vernunft und Verstand nicht ausreichend sind, um den Wahn Einhalt zu gebieten.

Paranoide Wahnvorstellungen können dabei aber ganz unterschiedliche Formen annehmen und innerhalb dieser Formen auch sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Viele Betroffene beschreiben aber in erster Linie Ängste, von anderen in bösartiger Absicht verfolgt zu werden. Möglich sind Einbildungen, dass man permanent von anderen gemobbt wird, auch wenn die Realität dies nicht bestätigt. In schweren Verläufen gehen Betroffene auch davon aus, dass sie von ihren Mitmenschen überwacht werden, dass technische Möglichkeiten der Überwachung genutzt werden und man sie ausspionieren will.


Paranoia? - Verfolgungswahn Symptome sind oft nicht einfach zu erkennen, geschweige denn die Ursachen von Verfolgsangst sicher zu bestimmen... (© amixstudio / stock.adobe.com)
Paranoia? – Verfolgungswahn Symptome sind oft nicht einfach zu erkennen, geschweige denn die Ursachen von Verfolgsangst sicher zu bestimmen… (© amixstudio / stock.adobe.com)

Auch Halluzinationen können diese Zustände begleiten. Gerade wenn paranoide Halluzinationen sehr ausgeprägt sind, kann dies für das Umfeld schwer erträglich sein. Gerade Kinder oder anderen Personengruppen, denen man nicht gut erklären kann, dass es sich hierbei um eine Krankheit handelt, können das Verhalten der Betroffenen nicht gut einordnen, was wiederum eigene Ängste erzeugen kann. Gerade wenn Eltern von einer solchen Form der Schizophrenie betroffen sind, ist es sehr wichtig, dass die gesamte Familie kompetente Unterstützung erhält, um mit dieser besonderen Lebenssituation ressourcenschonend umgehen zu können.

Die Symptome eines Verfolgungswahns können sich unterschiedlich entwickeln. Betroffene beschreiben den Verlauf der Krankheit manchmal als schubweise, und sie kann auch zum Erliegen kommen. Oft ist es aber so, dass die Symptome sich eher verstärkend entwickeln. Die Wahrnehmung der Betroffenen weicht so sehr von der Realität ab, dass der Glaube, verfolgt und ausspioniert zu werden, zu extrem ängstlichen oder auch aggressiven Verhalten führen kann. Die Symptomatik kann dabei so stark ausgeprägt sein, dass ein Aufenthalt in der Psychiatrie notwendig wird (siehe auch Gründe für Zwangseinweisung), um fremd- und eigengefährdendes Verhalten abzuwenden.

Verfolgungswahn Ursachen – Verfolgungsangst aus Trauma, Paranoia als Symptom posttraumatischer Belastung?

Wie reagieren, wie helfen? – Um kompetent an der Seite eines Menschen zu stehen, der an Verfolgungswahn leidet, sind Kenntnisse über mögliche Ursachen wichtig. Bis heute ist es Wissenschaftlern noch nicht gelungen, eindeutige Ursachen für das Entstehen einer Verfolgungsangst oder generell für das Entstehen einer Schizophrenie, wie der Fachbegriff dieser Art von paranoiden Erkrankungen lautet, herauszufinden. Es gibt jedoch Erklärungsansätze, auf denen gleichzeitig die Planung der Therapie basiert.

Psychologen gehen davon aus, dass die Verfolgungswahn als Form der Paranoia ausgelöst werden kann durch ein so genanntes Trauma (siehe auch posttraumatisches Stresssymptom). Hierbei handelt es sich um einen Fachbegriff aus dem Feld der psychiatrischen Erkrankungen. Hierbei handelt es sich um ein individuell als schrecklich empfundenes Erlebnis, was das Leben eines Menschen und seine Wahrnehmungen der Welt nachhaltig verändert. Beispiele für ein solches Trauma können sein eine Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, körperliche Gewalt, Mobbingerfahrungen. Auch Krieg, Folter oder das Erleben eines Terroranschlags können Menschen schwer traumarisiert zurücklassen und den Nährboden für paranoide Störungsbilder darstellen (vgl. paranoide Persönlichkeitsstörung im Sinne der Diagnose F60.0). Aber auch eher alltägliche, traurige Erlebnisse wie der Verlust eines Menschen durch den Tod oder das Zerbrechen einer Beziehung können den Einstieg in krankhafte Paranoia kennzeichnen.

Neben realen Erlebnissen in Form von Traumata können auch degenerative Entwicklungen in Teilen des Gehirns eine mögliche Erklärung für das Entstehen von wahnhaften Erkrankungen sein. Diese wiederum können verschiedene Ursachen haben. Psychosen werden zum Beispiel bei Demenz beobachtet. Bei Demenz handelt es sich vereinfacht ausgedrückt um den Untergang von wichtigen Gehirnfunktionen, wodurch das individuelle Erleben stark von der Realität abweichen kann. Auch bei Alkoholkonsum (siehe Alkoholismus Symptome) oder nach Drogenkonsum werden wahnhafte Vorstellungen beobachtet. Auch der Missbrauch von Medikamenten (vgl. Benzodiazepinabusus) kann das Gehirn eines Menschen verändern und Wahnvorstellungen hervorrufen. Bei andauernden Wahn-Zuständen sollte auch immer ein Gehirntumor ausgeschlossen werden.

Wissenschaftler diskutieren darüber, ob Wahnvorstellungen auch genetisch bedingt sein können. Dafür kann sprechen, dass Verfolgungswahn zwar insgesamt eine eher sehr seltene psychiatrische Erkrankung ist, aber in Einzelfällen auch in einzelnen Familien gehäuft aufzutreten scheint. Da aber auch hierbei wieder soziale Situationen der Familie berücksichtigt werden müssen, ist ein Zusammenhang mit der Genetik bis heute wissenschaftlich nicht zweifelsfrei belegt.


Verfolgungsangst in Tunnel / Unterführung - normal, oder Paranoia / Wahn?! (© Gina Sanders - stock.adobe.com)
Verfolgungsangst in Tunnel / Unterführung – normal, oder Paranoia / Wahn?! (© Gina Sanders – stock.adobe.com)

Wie helfen bei Paranoia / Verfolgungswahn?

Auch, wenn bei schweren Verlaufsformen einer paranoiden Störung nicht realistisch mit ganz schnellen Erfolgen gerechnet werden sollte, so gibt es in der modernen Psychotherapie aber zahlreiche Verfahren, mit denen Betroffenen mit Paranoia geholfen werden kann. Dabei gibt es nicht die eine, einzig richtige Therapie bei Verfolgungsangst. Vielmehr kommt es darauf an, welche Ursachen zugrunde liegen, wie stark das Störungsbild ausgeprägt ist und auch, wie eigeninitiativ der Patient die Therapie angehen möchte.

Problematisch in der Psychotherapie ist bei Verfolgungswahn oftmals, dass die Betroffenen (noch) nicht ganz freiwillig zur Therapie kommen. Verhaltenstherapeuten stellen nicht selten fest, dass es eher das Umfeld ist, was die Erkrankten zu einer Therapie bewegen möchte, auch, wenn die Betroffenen selbst noch keine wirkliche Krankheitseinsicht zeigen. Gegen den entschiedenen Willen eines Betroffenen sind aber auch Verhaltenstherapeuten machtlos, wenn es um Verhaltensänderungen geht. Dies begründet sich vor allem damit, dass der Wille zu Änderungen im persönlichen Verhalten und die Einsicht, dass man an einer Krankheit leidet, ganz entscheidend für den Erfolg einer Therapie sind.


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In der Psychotherapie geht es zunächst vor allem darum, dass Vertrauen in sich selbst und in andere Menschen zu stärken. Der Aufbau von sozialen Beziehungen und Bindungen soll durch die Psychotherapie gefördert und gefestigt werden; die Verfolgungswahn Symptome sich dann reduzieren. Dann kann es auch gelingen, dass Betroffene von Verfolgungsangst ihre Einstellungen ändern und in kleinen Schritten vom Wahn ablassen können. Dabei kann auch die Psychoanalyse Therapie helfen, in der es darum geht, die Entstehungsgeschichte von starken Ängsten auch durch kognitive Verfahren zu klären. Der Betroffene soll verstehen, woher Ängste rühren und wie diese sich so weit verfestigen konnten. Wenn die Ursachen von Ängsten aufgearbeitet worden sind, kann oftmals ein neuer Blick auf die Realität und eine positive Bewertung der vorhandenen Beziehungen erfolgen. Wichtig ist aber auch hier eine gute, vertrauensvolle Beziehung zum Verhaltenstherapeuten. Gerade, wenn der Wahn sehr stark ausgeprägt ist, sind viele Betroffene auch dem Therapeuten gegenüber sehr misstrauisch und vermuten hier Böses. Hilfreich ist es deswegen, wenn die Psychotherapie sehr transparent gestaltet wird, dem Erkrankten also jeder Schritt klar ist und er an allen Entscheidungsprozessen beteiligt ist. Entsprechend wichtig und schwierig ist es, den richtigen Psychotherapeuten zu finden.

Unabhängig von der Verfolgungswahn Ursache: Wichtigstes Ziel in der Behandlung ist es, dass Betroffene die Verhaltensweisen und die Absichten anderer Menschen in ihrem Umfeld realistischer einschätzen können. Dabei sollen sie in der Behandlung auch lernen, ihren eigenen Anteil an psychischen Problemen zu erkennen. Hierbei geht es vor allem um ungünstige Verhaltensmuster und Denkweisen, die dazu beitragen, den Wahn aufrecht zu erhalten. Wer die Auswirkungen von ungünstigen Denkweisen erkennen kann, wird eher motiviert und damit auch befähigt sein, diese zu ändern. So wird auch Verantwortung für den eigenen Gesundungsprozess übernommen.


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Behandlung mit Psychopharmaka

In der Praxis werden bei Patienten mit paranoider Persönlichkeitsstörung (siehe auch unseren Artikel Persönlichkeitsstörungen verstehen) häufig auch Psychopharmaka eingesetzt – zum Beispiel, um verzerrtes Denken oder Aggressivität zu verringern oder um gleichzeitig bestehende psychische Störungen wie Ängste oder Depressionen zu behandeln. Allerdings gibt es bisher keine systematischen Untersuchungen dazu, ob und wieweit Psychopharmaka die Symptome einer paranoiden Persönlichkeitsstörung wirksam verändern können.

Gerade, wenn die Paranoia sehr stark ausprägt ist, kann eine Behandlung in Form einer Psychotherapie oft sehr schwierig sein. Dies gilt auch dann, wenn im Alter Wahnvorstellungen auftauchen, die auch mit einer Demenz in Verbindung gebracht werden müssen. Auch nach Drogenkonsum oder bei einer Medikamentenabhängigkeit können Erkrankte so gefangen in Wahnvorstellungen sein, dass kognitive Verhaltenstherapien nicht den gewünschten Erfolg bringen können. In solchen Fällen kann die Behandlung mit Medikamenten eine sinnvolle Hilfe sein. Die Medikamente können dazu beitragen, dass die Betroffenen befreit werden von Angstattacken, Unruhezuständen und Wahnvorstellungen, die in Fremd- und Eigengefährdung münden können.

Bei solch stark ausgeprägten Störungsbildern kann der stationäre Aufenthalt in einer Psychiatrie sinnvoll sein. Unter ärztlicher Aufsicht können hier teils starke Anxiolytika und Antipsychotika gegeben werden. Mit Hilfe dieser Medikamente kann oftmals erst eine Krankheitseinsicht erreicht werden oder eine innere Ruhe, die den Einstieg in eine Therapie erst möglich machen. Gerade, weil im Alter oder bei Drogenmissbrauch Medikamente in ihren möglichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten gesehen werden müssen, ist der Aufenthalt in einer Psychiatrie wichtig. Im Bereich der Medikamentengaben können auch pflanzliche Beruhigungsmittel eine Option sein.

Wie reagieren, wenn Menschen an einem starken Verfolgungswahn leiden? – Während Ärzte und Therapeuten diese Frage mit professioneller Distanz angehen können, sind Angehörige und Freunde oft verzweifelt. Sie wissen nicht, wie sie konstruktiv reagieren sollen, wenn der Wahn zu stark wird und ein normaler Alltag nicht mehr möglich ist. Grundsätzlich sollten Angehörige auch für sich selbst psychologische Hilfe suchen. Diese kann dazu beitragen, im Rahmen der Psychoedukation wichtige Informationen über die Krankheit, deren Verlauf und einen Umgang damit im Alltag zu erlernen. Es muss aber auch darum gehen, eigene Grenzen zu erkennen und Ressourcen zu schonen. Es kann für Angehörige sehr entlastend sein zu wissen, dass es weder ihre Aufgabe ist noch in ihren Möglichkeiten liegt, eine paranoide Erkrankung zu therapieren. Dies muss in den Händen von fachkundigen Ärzten und Therapeuten liegen.

Nicht immer haben Betroffene die nötige Krankheitseinsicht, das Ausmaß ihrer wahnhaften Störung zu erkennen und für sich selbst Verantwortung zu übernehmen. Deswegen müssen Angehörige wissen, dass sie das Recht haben, bei offensichtlicher Fremd- und Eigengefährdung die notwendigen Maßnahmen zu veranlassen. Eine Einweisung in eine geschlossene Psychiatrie auch gegen den Willen des Erkrankten ist notwendig, wenn sich Anzeichen einer Suizialität zeigen oder Verhaltensweisen deutlich werden, die die seelische und körperliche Unversehrtheit anderer bedrohen. Werden solche Anzeichen deutlich, sollten Angehörige dies unbedingt ernst nehmen. Hier gilt es, zeitnah Ärzte auch über den Notruf zu informieren, die dann weitere Schritte auch gegen den Willen des Betroffenen veranlassen können, wenn deutlich wird, dass derjenige nicht mehr die Verantwortung für sich selbst übernehmen kann.

Quellen:

  • paradisi.de/Health_und_Ernaehrung/Symptome/Wahnvorstellungen/Artikel/24655.php
  • therapie.de/psyche/info/index/diagnose/persoenlichkeitsstoerungen/paranoia/

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