Der Diagnose-Schlüssel F42.2 bzw. auch F 42.2 g nach der internationalen Klassifizierung ICD-10 steht für die Diagnose gemischte Zwangsstörung.
Die Kürzel nach ICD-10 muten etwas geheimnisvoll an. Es handelt sich in der Tat um eine Art Verschlüsselung einer Diagnose, die aber international anerkannten Regeln unterliegt. ICD-10-GM wie das in Deutschland gültige Kürzel vollständig lautet (International Classification of Diseases, 10th Revision, German Modification) bedeutet nichts anderes als dass es sich um die 10. Auflage der deutschen Fassung der international gültigen Klassifizierung von Krankheiten handelt. Der Diagnoseschlüssel selbst setzt sich jeweils aus einem Buchstaben, zwei Ziffern, einem Punkt und einer weiteren Ziffer zusammen. Der Buchstabe F wird ausschließlich für Verhaltensstörungen und andere psychische Erkrankungen verwendet. Mit dem konkreten Kürzel F 42.2 nach ICD-10 wird eine gemischte Zwangsstörung bezeichnet.
ICD-10 Diagnose F 42.2 –> gemischte Zwangsstörung
Bei der psychischen Erkrankung „Zwangsstörung“ kann es sich um Zwangsgedanken oder um Zwangshandlungen handeln. Das Diagnosekürzel F42.2 steht für eine gemischte Form. Gemischt bedeutet, dass es sich sowohl um Zwangsgedanken wie auch um Zwangshandlungen handelt, dass also beide Formen einer Zwangsstörung parallel nebeneinander bestehen.
Beide Formen der Erkrankung können Züge annehmen, die den Alltag stark beeinträchtigen. Eine Einstufung nach ICD-10 setzt unter anderem voraus, dass die Störungen mindestens zwei Wochen lang an den meisten Tagen auftreten und die Bemühungen der Betroffenen, die Zwangsgedanken oder –handlungen zu verhindern, erfolglos sind (vgl. Zwänge erfolgreich besiegen).
Allen Zwängen ist gemeinsam, dass sich bei einer Nichtausführung der Handlung oder der Gedanken scheinbare Bedrohungen realisieren. Beispielsweise erzeugt es Ekel und Angst, sich zu infizieren, wenn das Händewaschen bei einem Waschzwang unterbleibt. Die Übergänge zwischen einer Zwangsstörung und normalem Verhalten mit ausgeprägtem Sinn für Sauberkeit oder Ordnung sind fließend und nicht immer eindeutig zu ziehen.
Gemischte Zwangsstörung: Durch welche Symptome zeichnen sich Zwangsgedanken aus?
Zwangsgedanken sind Gedanken, die immer wiederkehren. Sie können willentlich nicht unterdrückt oder verhindert werden und beinhalten meist Zweifel und Befürchtungen, dass bestimmte Handlungen nicht zum Ziel führen. Zwangsgedanken können auch einen Grübelzwang beinhalten oder aggressiven Inhalt haben. Die Gedanken stellen sich immer wieder ein, auch wenn die Betroffenen von ihrer Unsinnigkeit überzeugt sind. Zwangsgedanken kreisen häufig um:
- Angst vor Schmutz und Krankheitskeimen
- Aggression gegen andere oder gegen sich selbst, verbal oder körperlich (siehe auch SVV / Selbstverletzung)
- Ordnung mit zwanghaftem Symmetriebewusstsein und Symmetriebestreben
- religiöse Themen
- Sexualität in verschiedensten Ausrichtungen
Gemischte Zwangsstörung: Durch welche Symptome zeichnen sich Zwangshandlungen aus?
Zwangshandlungen können viele Lebensbereiche betreffen und haben häufig mit einem stark ausgeprägten Kontrollbedürfnis in irgendeiner Form zu tun. Oft hilft es den Betroffenen, die häufigsten Zwangshandlungen zu ritualisieren und diesem Muster bei jeder Wiederholung treu zu bleiben. Es hilft den Erkrankten nicht, sich zu zwingen, bestimmte Handlungen nicht auszuführen, weil dann kaum noch zu kontrollierende Ängste entstehen, die den Alltag stärker beeinträchtigen können als die Zwangshandlung selbst. Eine gut verständliche Erklärung von Kontrollzwängen finden sie hier bei YouTube.
Die häufigsten und bekanntesten Zwangshandlungen sind:
- Kontrollzwang; Herdplatte aus? Gashahn abgedreht? Tür abgeschlossen? (siehe krankhafter Kontrollzwang)
- Waschzwang; beispielsweise, der Zwang, sich dauernd die Hände waschen zu müssen
- Ordnungs- oder Symmetriezwang; beispielsweise Bilder an der Wand genau ausrichten
- Berührzwang; der Zwang veranlasst die Betroffenen, bestimmte Dinge wie Laternenmasten oder andere Dinge anfassen zu müssen
Siehe auch auf dieser Website:
- Zwangsgedanken erkennen und verstehen
- Zwangshandlungen überwinden
- Ständiges Grübeln – Zwangsgedanken
Gibt es Risikofaktoren, die die Entwicklung von Zwangserkrankungen begünstigen?
Zwangsstörungen werden erfahrungsgemäß häufig von anderen affektiven Störungen wie Depression, Angststörungen, Sozialphobie oder Panikattacken begleitet.
Es existiert eine Vielzahl von verhaltenstherapeutischen, psychoanalytischen und genetischen Erklärungsmodellen, die mögliche Ursachen für die Persönlichkeitsstörung aus jeweils anderem Blickwinkel präsentieren.
Bei nahezu allen Verhaltensauffälligkeiten spielen neurobiologische Faktoren eine wichtige Rolle. Botenstoffe (Neurotransmitter) wie Serotonin, Dopamin und einige andere steuern den Informationsaustausch und die Signalübergabe an den chemischen Synapsen der Nerven im Zentralnervensystem.
Bei psychischen Erkrankungen ist immer der Serotonin- oder Dopaminstoffwechsel oder der anderer Botenstoffe betroffen. Meist lässt sich eine zu geringe oder eine zu hohe Konzentration der Botenstoffe nachweisen. Es kommen deshalb Medikamente wie Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) zum Einsatz, die zu einer Erhöhung der Serotonin-Konzentration führen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es zielführend sein kann, bei stark ausgeprägten Zwangsstörungen die Konzentration der Neurotransmitter Serotonin und Dopamin überprüfen zu lassen.
Siehe auch:
F 42.2 g > Welche Therapieformen stehen für die Behandlung von Zwängen zur Verfügung
Erstes Mittel der Wahl für eine wirksame und nachhaltige Behandlung von Zwangsstörungen stellen verhaltenstherapeutische Maßnahmen dar. Hierbei geht es im Kern darum, die Betroffenen unter Aufsicht an die Bewältigung von Situationen heranzuführen, die Angst einflößen. Der Therapeut wird versuchen, den Patienten an die Nichtausführung einer Zwangshandlung heranzuführen, um dann zu lernen, mit der Angst umzugehen. Der oder die Betroffene macht dadurch die Erfahrung, dass unangenehme Gefühle und Ängste auch ohne Zwangsrituale bewältigt werden können.
In der Regel werden zu Beginn der Therapie Partner und engstes soziales Umfeld in die Behandlung mit einbezogen. Auch Gruppentherapien haben sich als hilfreich erwiesen, weil sich die Patienten untereinander austauschen können.
Positive Erfahrungen bestehen mittlerweile mit der sogenannten Psychoedukation unter Einbeziehung des oder der Betroffenen und Personen des unmittelbaren sozialen Umfeldes. Die einbezogenen Personen erhalten eine Art Schulung über die Erkrankung und über ihre möglichen Auswirkungen. Das wirkt sich positiv auf das Verhalten des Patienten und auf seine sozialen Beziehungen aus. Der Alltag kann dadurch deutlich besser bewältigt werden. Über Therapie und Chancen informiert Sie auch folgendes YouTube Video:
Neben der Verhaltenstherapie hat auch die medikamentöse Behandlung eine Bedeutung. Wie oben beschrieben, werden Verhaltensauffälligkeiten fast immer von einem mehr oder minder gestörten Serotonin- und Dopaminstoffwechsel begleitet. Deshalb wird die Einnahme von Serotonin-Wiederaufnahmehemmer parallel zur Verhaltenstherapie empfohlen. Wichtig ist dabei, die Medikation über einen längeren Zeitraum beizubehalten, weil es bis zu zwölf Wochen dauert, bis sich der Gehirnstoffwechsel entsprechend umgestellt hat.
Siehe auch:
F42.2g > Quellen:
- https://www.psychiatrie.de/psychische-erkrankungen/zwangsstoerungen.html
- https://www.psychiatrie.de/psychische-erkrankungen/zwangsstoerungen.html
- https://www.schoen-klinik.de/zwangsstoerungen
- https://de.wikipedia.org/wiki/Zwangsst%C3%B6rung
- https://flexikon.doccheck.com/de/Selektive_Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer