Viele Menschen haben keine Vorstellung davon, was sie unter dem Terminus „kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen“ zu verstehen haben. Unter dem Diagnoseschlüssel F61 im ICD 10 werden Störungen verwaltet, die nicht unter spezielleren Bezeichnungen eingeordnet werden können – zum Beispiel, weil es sich um eine Kombination verschiedener Symptome handelt, die nicht eindeutig einem Krankheitsbild zuzuordnen sind. F 61 ist also eine relativ unspezifische Diagnose.
Es handelt sich aber dennoch um auffällig gewordene Persönlichkeitsstörungen. Diese Störungen sind allerdings diffus. Sie sind nicht stark ausgebildet oder zu unspezifisch. Kombinierte Störungen und psychische Erkrankungen sind daher schwer zu diagnostizieren. Es kann sich bei F61 Diagnosen beispielsweise um ein insgesamt unklares Beschwerdebild handeln. In anderen Fällen können zusätzlich zu einer bereits festgestellten Affekt- oder Angststörung diffuse psychische Symptome vorliegen, die nicht eindeutig zuzuordnen sind. Gegenüber einem psychischen Normalzustand werden diese Symptome aber als störend und belastend erlebt.
ICD-10 F61 & Co – Was gilt eigentlich als Persönlichkeitsstörung?
Gilt eine leere Seele bereits als Persönlichkeitsstörung? Werden gelegentlich auftretende depressive Verstimmungen dazu gezählt? Bei vielen Menschen besteht große Unsicherheit darüber, ob sie wegen ihrer „Macken“, Ängste oder Depressionen noch als normal, oder schon als gestörte Persönlichkeit gelten würden. Diese Unsicherheit besteht insbesondere, wenn jemand wegen seiner Beschwerden eine Diagnose wie F61 nach dem ICD 10 in Händen hält. Der Begriff „Persönlichkeitsstörung“ klingt schon verdächtig.
Hier haben wir es meist mit einer Diagnose zu tun, die jemanden wegen anderer psychischer Beschwerden zum Psychiater oder Allgemeinarzt geführt hat. In anderen Fällen ist jemand schon wegen einer psychischen Störung in Behandlung. Er zeigt jedoch zusätzliche Symptome, die nicht ins Bild passen. Das wird dann als F61 nach dem ICD 10 eingeordnet und vermerkt. Jemand kann also an Paranoia / Verfolgungswahn leiden, aber zusätzlich diffuse Anzeichen einer Depression oder einer Zwangsstörung aufweisen.
Als Persönlichkeitsstörung werden alle andauernd bestehenden Störungen der Psyche mit erkennbarem Muster bezeichnet. Im Vergleich mit anderen zeigen die Betroffenen andere Reaktions- Denk- und Verhaltensweisen. Zu unterscheiden sind dissoziale oder antisoziale, paranoide oder schizoide, emotional instabile oder ängstliche, hysterische oder zwanghafte sowie abhängige Störungen. Ist die Rede von kombinierten oder anderen Persönlichkeitsstörungen, wie im Diagnoseschlüssel F61, fühlen sich die Betroffenen davon durchaus beeinträchtigt.
Was genau den Betroffenen psychisch zusetzt, kann bei der Diagnose F61 nur schwer ermittelt werden. Die Diagnose F61 nach dem ICD ist daher eher eine vorläufige, manchmal auch eine Verlegenheitsdiagnose. Die Grenzen zum normalen Verhalten sind fließend. Solche Störungen sind daher schwer von Normalverhalten oder von psychischen Störungsbildern abzugrenzen.
Symptomatik von Persönlichkeitsstörungen
Da viele Arten von Persönlichkeitsstörungen existieren, sind die Symptome sehr vielseitig. Die Gemeinsamkeit liegt eher darin, dass das auffällige und anders gelagerte Verhalten der Betroffenen manifest und stabil erscheint. Neurotische Menschen reagieren meist jahrelang neurotisch, ohne dass irgendetwas daran rütteln kann. Angstkranke Menschen reagieren oft ängstlich. Es kann sogar in ihrer Natur liegen. Auf Dauer leidet das Sozialleben, ebenso wie das Berufsleben oder die eigene Befindlichkeit. Der Leidensdruck kann jedoch unterschiedlich hoch sein. Es besteht nicht immer eine Einsicht, gestört zu sein.
Diagnostische Probleme diffuser Persönlichkeitsstörungen
Persönlichkeitsstörungen à la F61 sind häufig nicht leicht von psychiatrischen Erkrankungen abzugrenzen. Zudem sind Kombinationen von Persönlichkeitsstörungen mit psychischen Erkrankungen durchaus möglich.
Zunächst wird also meist eine klar erkennbare Erkrankung diagnostiziert. Die zusätzlichen Störungen, die nicht in dieses Bild passen, werden als F61 vermerkt. Dabei handelt es sich quasi um eine vorläufige Zweitdiagnose. Möglicherweise ist die Persönlichkeitsstörung nicht sehr ausgeprägt. Ist sie jedoch mit Leidensdruck behaftet, sollte sie ebenso therapiert werden, wie die zuerst diagnostizierte psychische Erkrankung.
Der behandelnde Arzt kann verschiedene Tests vornehmen. Er kann auch die Angehörigen oder Lebenspartner befragen, um mehr Klarheit zu erhalten. Die Diagnostik muss, wenn sie sorgfältig genug sein soll, auch mögliche hirnorganische Veränderungen erfassen. Gegebenenfalls wird ein Neurologe hinzugezogen.
Therapeutische Möglichkeiten
Trotz aller modernen Therapiekonzepte ist die Behandlung bei mehrfach Betroffenen recht schwierig und langwierig. Meist kommen psychosoziale und psychologische Behandlungsverfahren zum Einsatz. Wenn eine Heilung nicht möglich ist, muss der Betroffene lernen, die Beschwerden zu kompensieren bzw. sich dem allgemeinen Verhaltens-Standard anzupassen.
Ohne die Mitarbeit des F61-Patienten ist das schwerlich machbar. Wirkt der Betroffene gut mit, können seine gestörten Verhaltensmuster und seine mangelnde soziale Kompetenz in gewissem Umfang ausgeglichen werden. Gelegentlich wird es nicht ohne Medikamente – insbesondere Psychopharmaka – möglich sein, die Behandlung zu beginnen. Unterstützend ist das in Ordnung, dauerhaft aber nicht erstrebenswert, siehe: Escitalopram Erfahrungen.
Mittel wie Trizyklika, Sertralin 25 mg oder Monoamine Oxidase Hemmer sollten also nie fortlaufend verordnet werden. Auch Antidepressiva müssen irgendwann abgesetzt bzw. ausgeschlichen werden. Mit wenigen Ausnahmen sind Antidepressiva verschreibungspflichtig. Das bedeutet, ein eigenmächtiges Absetzen von solchen Medikamenten kann gefährliche Folgen haben. Nur der behandelnde Arzt entscheidet, wann ein Medikament ausgeschlichen werden kann und wann nicht.
Dabei kann es sich um einen Psychiater handeln, der die psychische Erkrankung diagnostiziert hat und behandelt. Unabhängig davon können zu verschiedenen Zeiten ein Psychologe oder ein Verhaltenstherapeut hinzugezogen werden. Diese verschreiben aber keine rezeptpflichtigen Medikamente.
Probleme bei der Behandlung von F61 Diagnosen
Viele Menschen, die eine Persönlichkeitsstörung haben, erleben sich nicht als „gestört“. Sie erkennen, dass viele Menschen sich exakt genauso gestört verhalten, und halten ihre eigenen Defizite folglich für normal. Ein Neurotiker ist in einer neurotischen Gesellschaft der Normalfall. Gestört wirken eher die Menschen, die sich eben NICHT gestört verhalten. Dem Neurotiker ist seine eigene Gestörtheit überhaupt nicht bewusst – ICD F61 Diagnose oder was auch immer. Er sieht sein Verhalten deswegen auch als vollkommen unproblematisch an, selbst wenn er dauernd aneckt oder überreagiert.
Daraus folgt, dass viele Menschen mit solchen Persönlichkeitsstörungen als gesund und psychisch unauffällig angesehen werden. Sie begeben sich wegen ihrer gestörten Persönlichkeit nur dann in eine Therapie, wenn sie an anderen seelischen Erkrankungen leiden. Beispiele sind Zwangs- oder Angsterkrankungen, Psychosen oder Depressionen. Diese erzeugen Leidensdruck. Sie fallen zudem auch anderen auf. Auch der Betroffene kann nicht mehr behaupten, er hätte keine psychischen Probleme.
Oftmals sind es die Angehörigen, die den Betroffenen zu einem Therapeuten schicken. Nur selten sind die die Betroffenen selbst ihrer Störungen bewusst. Ob sie das anderen gegenüber zugeben können ist, aber ungewiss.
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Quellen und weiterführende Ressourcen:
- therapie.de/psyche/info/index/icd-10-diagnose/f6-persoenlichkeits-und-verhaltensstoerungen/f61-kombinierte-und-andere-persoenlichkeitsstoerungen/
- dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2017/block-f60-f69.htm
- de.wikipedia.org/wiki/Pers%C3%B6nlichkeitsst%C3%B6rung
- therapie.de/psyche/info/index/diagnose/persoenlichkeitsstoerungen/behandlung/
- youtube.com/watch?v=2klMlJL1EOA
- youtube.com/watch?v=RqmWmTAT4nw