Dysthymie / Dysthyme Störung / Dysthymia (© Marem / Fotolia)

Dysthymie / dysthyme Störung – Symptome und Behandlung von Dysthymia

Dysthymie / dysthyme Störung: Symptome, ICD 10 Diagnose, Behandlung

Bei der Dysthymie (auch dysthyme Störung oder Dysthymia) handelt es sich um eine depressive Erkrankung. Genauer gesagt bezeichnet sie eine chronische depressive Verstimmung. Sie unterscheidet sich in manchen Punkten von der gewöhnlichen Depression. Nach ICD 10 fällt sie unter F34.1.

Der Begriff stammt von dem altgriechischen „ dysthymós“, was so viel wie missmutiges Gemüt bedeutet. Er wurde in den späten 1970ern eingeführt und ersetzte den bis dahin verwendeten Ausdruck der „depressiven Persönlichkeit“. Daran wird bereits deutlich, dass die Dauer, also der chronische Charakter, bei der dysthymen Störung ein ganz zentraler Punkt ist. Weitere Bezeichnungen für diese Störung sind außerdem die chronische Depression, die neurotische Depression (siehe Neurotizismus) oder Persistierende Depressive Störung.

Eine schnelle Definition für die dysthyme Störung (Dysthymie) lautet chronische leichte depressive Verstimmung (Screenshot google.de am 22.08.2019)
Eine schnelle Definition für die dysthyme Störung (Dysthymie) lautet chronische leichte depressive Verstimmung (Screenshot google.de am 22.08.2019)

Begriffliche Abgrenzung: Depression, depressive Episoden und Dysthymie

Die Krankheit Depression hat viele Gesichter und ist ein weites Feld. Dementsprechend gibt es auch viele verschiedene Formen und spezielle Krankheitsbilder. Die Dysthymie ist genau genommen also eine Unterform der Depression. Häufig wird der Depressionsbegriff jedoch doppeldeutig verwendet und nicht nur als Oberbegriff, sondern auch für die depressive Episode. Damit ist der akute Zustand mit den typischen Symptomen des gedrückten Gemüts gemeint. Die psychischen und speziell die kognitiven Muster sind nun auch bei der dysthymen Störung dieselben und vom Grundsatz her auch die Symptome. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass eine depressive Episode, wie der Name bereits andeutet, episodenhaft auftritt und kein chronischer Zustand ist. Dazu kommt allerdings, dass die depressiven Symptome bei der Dysthymia nicht permanent so stark ausgeprägt sind, wie sie das bei einer depressiven Episode sind. Die Intensität schwankt und es kann zu depressiven Episoden im eigentlichen Sinne kommen, doch für die meiste Zeit gelten die chronischen Zustände von der Intensität her als depressive Verstimmung und nicht als depressive Episoden.

Quellen:

  • de.wikipedia.org/wiki/Dysthymie
  • krank.de/krankheiten/dysthymie/
Dysthymie / Dysthyme Störung / Dysthymia (© Marem / Fotolia)
Dysthymie / Dysthyme Störung / Dysthymia (© Marem / Fotolia)

Dysthymie Symptome

Grundsätzlich sind die Symptome der Dysthymia ähnlich wie bei sämtlichen Arten an depressiven Erkrankungen. Im Kern steht dabei immer die gedrückte Stimmung, das gedrückte Gemüt. Die besondere Art und Weise, wie das geschieht und auch die Intensität kann dabei immer stark variieren und zwar auch individuell. Deswegen müssen nie alle Dysthymie Symptome zugleich oder in gleicher Weise bei allen auftreten. Zu den häufigsten speziell bei der depressiven Verstimmung zählen:

Diese Leiden können das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen und auch den ganzen Alltag durchziehen. Es kann weitgehende Konsequenzen haben, wobei der Leidensdruck selbst aufgrund der vergleichsweise niedrigeren Intensität nicht immer in hohem Maße gegeben sein muss.

Die Schwierigkeit der Diagnose und der schleichende Verlauf

Das wiederum führt zu Schwierigkeiten bei der Diagnose. Denn die Dysthymie Symptome entwickeln sich schleichend und die dysthyme Störung wird in aller Regel geradezu verschleppt. Die meisten Betroffenen erhalten erst nach jahrelanger Krankheit eine Diagnose. Durch den schleichenden Verlauf und der niedrigen Intensität der depressiven Stimmung, die gerade zu Beginn eben eher eine Art kleine Verstimmung ist, die dann Stück für Stück schlimmer wird, fehlt lange der Leidensdruck, der nötig ist, damit ein Mensch sich Hilfe holt. Außerdem gewöhnt der Betroffene sich durch diese langsame Zunahme auch an die depressiven Symptome und hält sie für einen Teil seiner Persönlichkeit.

Man könnte es so ausdrücken: Bei dem Leidensdruck gibt es einen Kipppunkt, bei dem quasi ein Schalter umgelegt wird und der Betroffene zumindest insofern aktiv wird, als dass er sich Hilfe sucht. Bis zu diesem Kipppunkt neigen die meisten Menschen zur Verdrängung und Schönfärbung ihrer Probleme und das gilt in hohem Maße bei der depressiven Verstimmung. Zum Teil auch, weil Betroffene mitunter ausmachen können, dass ihre depressiven Symptome nicht so intensiv sind, wie die bei einer akuten depressiven Episode, sodass sie diese gar nicht mehr als pathologisch wahrnehmen, sondern noch weiter kleinreden. Dadurch aber geraten sie immer tiefer in die Dysthymia, die auch an Intensität zunimmt. Dazu kommt, dass die chronische depressive Verstimmtheit das Leben und das Bewältigen des Alltags Stück für Stück unterminieren kann. Es kann zu Vermeidungsverhalten in sozialer oder auch beruflicher Hinsicht kommen, was wiederum die Lebenssituation der Betroffenen verschlechtern kann. Das gilt insbesondere für junge Menschen und junge Erwachsene, bei denen die depressive Verstimmung am häufigsten vorkommt und die sich gerade beruflich noch in einer Aufbauphase befinden. Vor allem zwischenmenschliche Beziehungen können sehr darunter leiden – insbesondere die partnerschaftliche Beziehung.

Möglichkeiten der Diagnose

Für die Diagnose einer Dysthymie gilt, dass der Betroffene sich in den letzten zwei Jahren an mehr als der Hälfte seiner Tage depressiv gefühlt hat, was bedeutet, dass mindestens zwei der folgenden Merkmale zutreffen:

  • wenig Energie oder Erschöpfung
  • ein verringertes Selbstvertrauen
  • weniger oder aber auch vermehrter Schlaf
  • weniger oder aber auch erhöhter Appetit (vgl. keinen Appetit mehr)
  • Probleme, Entscheidungen zu treffen und bzw. oder Konzentrationsschwierigkeiten
  • Hoffnungslosigkeit oder aber auch Pessimismus

Innerhalb dieser Episode von zwei Jahren dürfen diese Symptome nie länger als für zwei Monate am Stück abwesend gewesen sein und während der ersten beiden Jahre der Störung darf der Betroffene keine Episode einer schweren Depression erlebt haben.

Ähnliches gilt auch für manische Episoden (vgl. manische Depressionen) oder sonstige psychische Erkrankungen und Störungen, die für eine Diagnose ausgeschlossen werden müssen. Ein weiteres mögliches Kriterium ist auch, dass die Dysthymia sich negativ auf das Alltagsleben der Betroffenen auswirkt, ob in sozialer oder beruflicher Hinsicht.

Eine Selbstdiagnose ist immer schwierig bis unmöglich. Man kann zwar einen Selbsttest machen und sich ernsthaft fragen: bin ich depressiv? Und als erster Anhaltspunkt kann solch ein Selbsttest auch dienen – um sich dann professionellen Rat zu holen.

Dysthyme Störung – Ursachen

Die genauen Ursachen für die Dysthymie sind noch nicht erschöpfend geklärt. Allerdings spielen, wie bei anderen Formen der Depression auch, sowohl die Genetik als auch die prägenden Umwelteinflüsse eine entscheidende Rolle. Die dysthyme Störung lässt sich in der Familie von Betroffenen oft gehäuft vorfinden, sodass sie zumindest teilweise genetisch bedingt ist. Ansonsten können psychosoziale Faktoren jeglicher Art zu einer depressiven Verstimmung führen. Das kann von Missbrauchs- und frühen Gewalterfahrungen bis hin zu sozialer Isolation oder fehlenden sozialer Anerkennung reichen. Auch Todesfälle oder ähnliche traumatische Erfahrungen kommen als Auslöser in Frage. Genauere Studien fehlen in diesem Zusammenhang allerdings.

Begleiterkrankungen und Doppeldepression

Die dysthyme Störung tritt häufig zusammen mit anderen Störungen auf, was gerade die Diagnose sehr erschwert. Dazu zählen vor allem generalisierte Angststörungen, Panikstörungen und Persönlichkeitsstörungen. Des Weiteren Erschöpfungszustände und Neurasthenie sowie diverse psychosomatische Beschwerden und Anpassungsstörungen wie die vegetative Dystonie. Darüber hinaus kann es zu Alkohol- und Drogenmissbrauch kommen und damit auch zu einem Suchtverhalten im Alltag, was wiederum weitere Schwierigkeiten mit sich bringt und auch zu einer Stimmungsschwankung führen kann, die eine Diagnose erschwert.

Die häufigste Begleiterkrankung stellt allerdings die depressive Episode dar. Da die dysthyme Störung selbst eine depressive Erkrankung ist, von der eigentlichen depressiven Episode aber unterschieden wird, spricht man in diesem Zusammenhang von einer Doppeldepression. Im Grunde genommen steigern sich dabei die chronischen, aber vergleichsweise milden depressiven Verstimmungen so weit, dass aus den Verstimmungen eine intensive depressive Episode wird. Eine Studie zeigte, dass das Risiko für Patienten mit Dysthymia, zusätzlich eine (schwere) depressive Episode zu erleben, bei 95 Prozent liegt.

Dysthymie / Dysthymia - Symptome, Diagnose, Ursachen, Behandlung (Screenshot netdoktor.de am 22.08.2019)
Dysthymie / Dysthymia – Symptome, Diagnose, Ursachen, Behandlung (Screenshot netdoktor.de am 22.08.2019)

Therapie, Behandlung und Heilung

Bei der Dysthymie Behandlung spielen in einem sehr hohen Maße die individuellen Bedingungen eine zentrale Rolle. Gerade bei speziellen Ereignissen, wie etwa Todesfällen, ist es zunächst einmal wichtig, die Trauer überwinden zu können (siehe auch Trauerverarbeitung).

Tendenziell suchen die Patienten sich häufig erst in einem sehr späten Stadium professionelle Hilfe. Zudem liegt es in der Natur der Erkrankung, dass sie bereits chronisch ist und meistens auch für einen Teil der Persönlichkeit gehalten wird. Viele Patienten suchen auch zunächst nur Hilfe zur Bewältigung besonders intensiv ausgeprägter Symptome in besonders stressigen Zeiten – also dann, wenn der Kippschalter Leidensdruck kippt. Auf die Diagnose „depressive Verstimmung“ gelangen sie oft nur auf Umwegen.

Entsprechend schwierig gestaltet sich die Behandlung. Die chronische Krankheit bestimmt häufig in nicht unerheblichem Maße das Leben und bedingt eine Reihe von sozialen oder beruflichen Problemen, die selbst wieder symptomverstärkend wirken. Deswegen kann eine Behandlung nur sehr schwierig im Rahmen einer Psychotherapie, in der Klinik oder Psychiatrie allein vollzogen werden. Die depressive Verstimmung gehört zu den Erkrankungen, die sehr häufig therapieresistent sind. Das bedeutet, in vielen Fällen ist sie nicht durch eine Psychotherapie heilbar. Oft ist sie auch darüber hinaus generell nicht heilbar und es gibt Vergleiche mit der Krankheit Alkoholismus. Dennoch kann eine Psychotherapie sinnvoll sein und selbst, wenn die Erkrankung nicht heilbar ist im eigentlichen Sinne, so ist es dennoch möglich zu lernen, damit zu leben und ein fast normales Leben zu führen. Das geschieht allerdings in der Regel weniger durch einen Aufenthalt in der Klinik oder eine Psychotherapie alleine, sondern ist sehr stark auf die Arbeit des Patienten selbst angewiesen. Es gibt aber durchaus etwas, was hilft.

Psychotherapie bei Dysthymia

Es gibt verschiedene Arten der Psychotherapie, die zumindest zur Symptom-Linderung bei Dysthymie beitragen können. Dazu zählt vor allem die kognitive Verhaltenstherapie, die psychodynamische Psychotherapie und die interpersonelle Psychotherapie. Am besten ist eine Mischung aus vielem, wobei auch eine Gruppentherapie anteilig helfen kann. Die richtige Wahl hängt sehr stark von den individuellen Faktoren des Patienten ab.

Grundsätzlich sind verhaltenstherapeutische Methoden zunächst einmal eine gute Wahl und gerade bei der kognitiven Verhaltenstherapie können Patienten lernen, ihre geradezu eingeübte Sichtweise von sich selbst als depressive Persönlichkeit zu ändern. Je nach Bedarf kann es darüber hinaus sinnvoll sein auch eine analytische Psychotherapie wie die psychodynamische Psychotherapie anzuwenden oder aber auch die psychologische Kinesiologie. Das hängt ganz von der individuellen Art der dysthymen Störung ab.

Bei besonders schweren Fällen kann ein Aufenthalt in der Psychiatrie hilfreich sein. Vor allem bei entsprechenden Beschwerden kann eine psychosomatische Reha-Klinik die schlimmsten akuten Beschwerden lindern. Ohne diese akute Linderung wäre eine mittel- bis langfristige Arbeit an der eigenen Heilung je nach Grad der persönlichen Leiden oft gar nicht möglich. Deshalb kann der Besuch einer Psychiatrie hilfreich sein – obgleich die Psychiatrie nicht der eigentliche Ort für die Behandlung der dysthymen Störung sein kann, da diese eine viel umfassendere Strategie erfordert, die gerade auch den Alltag und das Leben des Patienten miteinbezieht.

Medikamente

Ganz ähnlich sieht es auch bei der Hilfe durch Medikamente aus. Bei akuten, schlimmen Beschwerden können sie zur Unterstützung anderer Maßnahmen sehr hilfreich sein, aber alleine werden sie keine langfristige Heilung einer Dysthymia bringen können. Die Kombination mit einer Psychotherapie allerdings hat sich bewährt.

Außerdem können Antidepressiva die Intensität der depressiven Verstimmung mindern und vor allem dafür sorgen, dass diese nicht zu einer ausgewachsenen schweren depressiven Episode werden. Die Psychopharmaka Wirkung im Gehirn ist gut belegt und ebenso ist ziemlich klar, dass es oft diese Kombination von Medikamenten und Psychotherapie ist, was hilft.

Allerdings haben nicht wenige Menschen Bedenken oder gehören zu einer Gruppe, die Psychopharmaka lieber meiden sollte. So sind etwa Antidepressiva in der Schwangerschaft sehr bedenklich. Aber auch davon abgesehen sind viele Menschen skeptisch bei den chemischen Erzeugnissen und greifen lieber eher auf pflanzliche Stimmungsaufheller zurück. Angeboten und beworben werden heute eine Reihe von teils „sanfteren“ Möglichkeiten wie etwa Neuroplant, Schisandrabeeren, Euvegal Balance oder L-Tryptophan.

Ganzheitliche Strategie und Prognose

Es ist wichtig zu verstehen, dass die dysthyme Störung, da die Betroffenen sie meist chronisch über Jahre hinweg erdulden, das ganze Leben prägen kann und dies oft auch tut. Das gilt vor allem für Vermeidungsverhalten auf sozialer und auch beruflicher Ebene. Die daraus resultierenden negativen Folgen verstärken logischerweise die gedrückte Stimmung und die Erkrankung der Dysthymia als solche. Zudem zählen neben der genetischen Veranlagung auch soziale Faktoren zu den Ursachen. Deswegen ist es unabdingbar, bei der Behandlung der dysthymen Störung ganzheitlich das komplette Leben im Blick zu haben. Es gilt eben auch, diese negativen Faktoren, die das Leiden der Betroffenen reproduzieren (oder die vielleicht sogar zu den Ursachen selbst zählen) zu eliminieren. Dazu können berufliche Schritte zählen, aber auch der Aufbau von Freundschaften oder von einer Beziehung. Das ist individuell sehr verschieden. Natürlich ist eine ausreichende Selbstreflexion, bei der solche Faktoren ausgemacht werden können, extrem hilfreich.

Schließlich gibt es viele Möglichkeiten, innere Ruhe und Gelassenheit zu finden und auch, um Selbstliebe entwickeln zu können. Neben Therapie und Medikamente können da zunächst positive Beschäftigungen und vor allem Sport helfen. Viele Betroffene finden Energie und Halt durch Joggen, Krafttraining, Yoga oder Meditation (siehe Meditieren lernen).

Die Prognose für eine echte Heilung der dysthymen Störung ist allgemein allerdings eher schlecht. Hier muss man aber wiederum ganz genau hinschauen, denn wo von einer hohen Therapieresistenz der dysthymen Störung gesprochen wird, wird zugleich angeführt, dass die Betroffenen aber so weit mit dieser Erkrankung leben lernen können, dass sie in der Lage sind, ein fast normales Leben zu führen.

Hier noch ein interessantes Video zum Thema:

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