Die Panikstörung F41.0 findet sich in der ICD-10 unter „F41 – andere Angststörungen“. Hier sind die Ängste aufgeführt, die als eindeutig sekundär und weniger ausgeprägt beschrieben werden. Angst ist zwar Hauptsymptom, bezieht sich aber auf keine bestimmte Umgebungssituation. Andere Angstelemente sind eher sekundär und weniger ausgeprägt. Zu der Panikstörung gehört – als Unterpunkt 41.01 – die Panikstörung mit Agoraphobie.
Wie äußert sich eine Panikstörung?
Die Panikstörung ist gekennzeichnet durch ständig wiederkehrende Angstanfälle. Sie wird deshalb auch als episodisch paroxysmale Angst bezeichnet.
Diese Anfälle – auch Panikattacken – treten völlig unvermittelt und ohne erkennbaren äußeren Anlass auf. Allerdings können durchaus auch bestimmte Situationen als Auslöser für einen Angstanfall dienen. So kann das ‚Alleine-Reisen‘ oder der Anblick einer Menschenmenge Panik auslösen. Dann werden Begriffe wie
- Panikstörung mit Agoraphobie oder
- Agoraphobie mit Panikstörung
verwendet; vgl. F40.0.
Panikattacken werden begleitet von zahlreichen, als unangenehm empfundenen körperlichen Symptomen und starken Unsicherheitsgefühlen auf psychischer Ebene.
Die Panikstörung kann in Komorbidität (Komorbidität Bedeutung)mit anderen Angststörungen, ebenso mit Depression, Arzneimittel- und Alkoholabhängigkeit stehen. Das heißt, dass auch diese Erkrankungen zusätzlich vorliegen können. Ihr Erstauftreten liegt häufig im jungen Erwachsenenalter.
Panikstörung gemäß der Diagnose F 41.0 – was bedeutet sie für den Betroffenen?
Wer zum ersten Mal von einer Panikattacke getroffen wird, weiß im Moment nicht, was eigentlich mit ihm geschieht. Ihm wird schwindelig oder übel, gleichzeitig fangen die Gedanken an zu rasen, um nach Erklärungen für das Geschehen zu suchen.
Körperliche Symptome wie erhöhter Herzschlag, Schmerzen in der Brust oder Atemnot führen zu einer immensen Verstärkung der Angst. Befürchtungen wie „Ich verliere gleich die Kontrolle“ oder „Gleich werde ich sterben“ treten auf und lassen sich mit rationalen Erklärungen nicht mehr abschütteln.
Daneben kann es zu ‚Unwirklichkeitsgefühlen‘ kommen (vgl. Derealisation / Depersonalisation), bei denen die Realität oder die eigene Person nicht mehr als solche wahrgenommen wird.
Nach einigen Minuten klingt der Anfall ab. Was bleibt, ist die Angst vor der Angst, die nicht selten zu Vermeidungsverhalten führt (vgl. auch: Erwartungsangst bekämpfen). Somit geraten die Betroffenen in einen Teufelskreis:
- Vermeidungsverhalten verstärkt die Angst und so folgt
- weiteres Vermeidungsverhalten bis hin zur
- sozialen Isolation.
Vgl. hierzu: Teufelskreis der Angst durchbrechen.
F41.0 | Mögliche Ursachen und Therapie
Wie bei allen Angststörungen (siehe Angststörungen Formen) können mehrere Entstehungsfaktoren für die Entwicklung einer Panikstörung verantwortlich sein.
- Ein einschneidendes Ereignis aus der Vergangenheit,
- erhöhter augenblicklicher Stress in Beziehungen (s.a. Beziehungsängste) oder am Arbeitsplatz und
- gelernte falsche Verhaltensweisen, die verinnerlicht wurden,
können den Ausschlag geben. Dazu kommen einige
- körperliche Faktoren und
- bestimmte Erbanlagen,
die mitverantwortlich sind.
Als Therapiemaßnahme mit langanhaltender Wirkung hat sich auch bei F41 0 die kognitive Verhaltenstherapie erwiesen. Sie versucht die Gedankenmuster, die die Angst unterstützen, zu analysieren und zu verändern. So lernen Betroffene den Teufelskreis der Angst zu durchbrechen und „anders“ über die Angstsymptomatik (Angstsymptome) zu denken. Vgl. auch unseren Artikel zum Thema Angsttherapie.
Eine kurzfristige Linderung wird mit Antidepressiva (Antidepressiva Liste) und Benzodiazepinen (Benzodiazepine Liste) erreicht.
Diagnose der Panikstörung nach den Forschungskriterien der ICD-10
Die ICD-10 gibt einen Katalog von Kriterien vor, nach denen die Diagnose Panikstörung im Sinne von F41.0 gestellt werden darf. Sie legt auch fest, wo sie ausgeschlossen werden muss.
Die Panikattacke ist eine einzelne Episode mit starker Angst oder intensivem Unbehagen. Sie beginnt abrupt, erreicht ihr Maximum in wenigen Minuten und hält wenigstens einige Minuten an. In dieser Zeitspanne kommt es zu physischen und psychischen Besonderheiten, die typisch für die Panikstörung sind (siehe auch Paniksymptome vs. Angststörungen Symptome).
Hierzu führt die ICD-10 vier Kategorien auf, bei denen mindestens ein Punkt in jeder Kategorie für die korrekte Definition der Panikstörung erfüllt sein muss. Es sind dies die vegetativen Symptome, die Symptome in Thorax oder Abdomen, die psychischen und die Allgemeinsymptome.
– Vegetative Symptome der Panikstörung
- Zu den vegetative Symptomen einer Panikstörung gehören ein als ungewöhnlich schnell wahrgenommener Herzschlag, Herzklopfen und tatsächlich erhöhte Herzfrequenz.
- Andere dazugehörige Symptome sind Schweißausbrüche und fein- oder grobschlägiger Tremor oder Mundtrockenheit. Hier muss allerdings vorab sichergestellt werden, dass die Trockenheit nicht durch Medikamenteneinnahme oder Exsikkose, also die Dehydration des Körpers, verursacht wurde.
Siehe hierzu auch: Vegetatives Nervensystem beruhigen, vegetative Labilität
– Symptome in Thorax oder Abdomen
- Der Betroffene hat Atembeschwerden oder empfindet Beklemmungsgefühle bis hin zu Schmerzen im Brustbereich.
- Im Bauchbereich kann es zu heftigen, krampfartigen oder dumpf bohrenden Schmerzen kommen. Auch der Magen-Darm-Trakt mit Übelkeit und Erbrechen ist Teil dieser Symptomatik.
– Psychische Symptome
- Hier können zwei starke psychische Momente auftreten, die den Betroffenen völlig verunsichern können. Es ist zum einen die sogenannte Derealisation, bei der er das Gefühl hat, die Dinge seiner Umgebung seien nicht wirklich vorhanden.
- Zum anderen kann eine Depersonalisation auftreten, in der der Betroffene sich selbst als nicht wirklich anwesend empfindet.
- Ferner spielen auf dieser Symptom-Ebene Gefühle von Unsicherheit, Benommenheit und Schwindelgefühle eine Rolle. Ängste vor dem Kontrollverlust, davor, verrückt zu werden oder Angst zu sterben sind weitere Symptome auf dieser Ebene.
– Allgemeine Symptome bei F 41 0
Während der Panikattacke kommt es zu Hitzewellen oder Kälteschauern. An einzelnen Körperstellen, besonders an den Gliedmaßen, kommt es zu Empfindungen wie Gefühllosigkeit oder einem starken ‚Kribbelgefühl‘.
Die ICD 10 gibt noch weitere Kriterien vor, die für die Diagnose einer Panikstörung relevant sind.
- Die Situation, in der die Panikattacke stattgefunden hat, war willkürlich und nicht vorhersagbar. Dabei ist vorab zu klären, ob nicht doch eine objektive Bedrohung vorgelegen hat.
- Ein anderes wichtiges Merkmal für die Definition ist die Häufigkeit der Angstanfälle. Sie müssen mehrmals im Monat auftreten; zwischen den Attacken sollten relativ angstfreie Zeiträume liegen.
- Allerdings spielt bei dieser Störung die Erwartungsangst vor dem nächsten Panikanfall eine wesentliche Rolle, so dass das Auftreten dieser besonderen Angst als weiteres Kriterium gilt.
- Dazu kommen die sorgenvollen Gedanken der Betroffenen darüber, was diese Attacken bedeuten und das ständige Grübeln über die möglichen Konsequenzen.
- All das bewirkt eine langsame Veränderung im Verhalten. Diese spezifische Verhaltensänderung, gekennzeichnet durch Rückzug, Vermeidungsverhalten und Isolation, ist ebenfalls ein Anhaltspunkt für die Diagnose F 41.0.
Ausschlusskriterien für die Diagnose F41.0
Vor der Diagnose einer Panikstörung F41 0 wird zunächst untersucht, ob der Panikanfall nicht durch eine besondere Anstrengung hervorgerufen wurde oder in einer gefährlichen und tatsächlich lebensbedrohenden Situation aufgetreten ist. Ferner wird überprüft, ob der Betroffene vorher an einer depressiven Verstimmung gelitten hat. Hier wären die Panikanfälle dann eher als Folge einer Depression zu bewerten.
Durch medizinische Untersuchungen wird vorab sichergestellt, dass die Symptome nicht auf Grund einer körperlichen oder einer organisch-psychischen Störung auftreten. Ebenso muss feststehen, dass weder eine Schizophrenie (siehe Schizophrenie Arten) noch andere somatoforme oder affektive Störungen vorliegen.
Treten die Panikanfälle in bestimmten, klar zu benennenden und von anderen abzugrenzenden Situationen auf, wird eher eine Phobie diagnostiziert (Phobie Definition) bzw. bekommt die Diagnose ‚Phobie‘ den Vorrang.
ICD F41.0 | Videos zur Panikstörung auf Youtube
Einen ersten Überblick, wie sich die Panikstörung äußert, liefert ein Video der Stiftung Gesundheitswissen. Mit seiner bildlichen Darstellung ist es für den Einstieg vielleicht ein wenig interessanter als ein trockener Vortrag.
Das SRF Gesundheitsforum Hippokrates zeigt in seinem Video zum einen die fachliche Seite dieser Angststörung und zum anderen die ganz konkreten Erfahrungen damit, sowohl von ärztlicher Seite als auch von Seiten des Patienten aus. – Zunächst spricht eine Patientin in einem Interview über ihre Panikstörung und die Therapie in der Klinik. Anschließend erklärt der Chefarzt der Abteilung psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Klinikums Bad Salzungen das Wesen dieser psychischen Erkrankung und berichtet von seinen Erfahrungen aus dem Klinikalltag.
Einen guten Überblick nach der ICD-10 liefert das Video aus der Reihe ‚Psychotherapie und Coaching Dr. Ulrich Weber‘ mit seinem Diagnosecheck zur Panikstörung.
Verschiedene Foren zur Gesundheit stellen Erfahrungsberichte über die Panikstörung zur Verfügung. Betroffene schildern den gesamten Verlauf vom ersten Auftreten der Panikattacken bis zur Therapie und ihrem Leben danach.
Auch die Stiftung Gesundheitswissen bietet ein Video an mit dem Titel: Angststörungen – ein persönlicher Erfahrungsbericht. Der Schwerpunkt liegt auf den Panikattacken und den Lösungen, die Menschen im Umgang damit für sich gefunden haben: youtube.com/watch?v=kf_yGMuqd4o.
In ‚Mein Leben mit der Panik und Angststörung‘ berichtet ein Betroffener ganz offen über seine Erfahrungen mit der Angst. Hier hat sich über den Videokanal ein reger Austausch mit anderen Betroffenen entwickelt.
Noch mehr:
- Angst überwinden: Was ist Angst, und wie bekomme ich sie bewältigt? (nicht nur bei F41 0)
- Bachblüte Mimulus: Blütenessenzen als Anti-Angst-Mittel?
- F42.0: Diagnose „Zwangsgedanken“ und „Grübelzwang“
- F42.2: Diagnose „Gemischte Zwangsstörung“
- Psychoedukative Maßnahmen in der Therapie: Was genau versteht man unter Psychoedukation im Rahmen von psychotherapeutischen Behandlungen?