Wer sich aus freien Stücken mit der γ-Aminobuttersäure befasst, kennt diese meist unter der Bezeichnung GABA. Diese Bezeichnung leitet sich von dem englischen Begriff „Gamma-Aminobutyric Acid“ ab. Bekannt ist die γ-Aminobuttersäure aber auch als 4-Aminobuttersäure oder Piperidinsäure. Entdeckt wurde GABA erstmals 1883 in Pflanzen und Mikroorganismen. Dort fiel es als Stoffwechselprodukt an. Dass diese Substanz als regulierender Botenstoff auch in Lebewesen vorkommt, erkannte man aber erst 1950.
Interessant ist die Information, dass es sich bei GABA um einen körpereigenen Botenstoff oder Neurotransmitter handelt. Diese kommt bei vielen Lebewesen im Gehirn und im gesamten Verdauungstrakt vor. Er wird innerhalb von Nervenzellen durch den Prozess der Decarboxylierung aus der Glutaminsäure gebildet. Offensichtlich hat es bei Föten und erwachsenen Menschen unterschiedliche Funktionen. Bei Erwachsenen wirkt GABA im Gehirn eher hemmend auf innerkörperliche Prozesse, bei Föten aber anregend.
Was hat es denn nun mit GABA auf sich?
Wer den Wikipedia-Eintrag über die γ-Aminobuttersäure liest, versteht vermutlich nur Bahnhof. Ein medizinischer Laie möchte in verständlichen Worten erfahren, was GABA im menschlichen Organismus leistet, und warum diese Wirkung für ihn wichtig sein könnte.
Im Bereich der psychischen Erkrankungen ist GABA besonders interessant, weil der Neurotransmitter angstlösend, entspannend und schlaffördernd wirkt. Es gilt sogar als der wichtigste Neurotransmitter des Zentralnervensystems (ZNS), der eine hemmende Wirkung hat. GABA und sein direkter Gegenspieler Glutamat sind in der höchsten Konzentration im ZNS zu finden. Beide werden sogar trotz gegenteiliger Wirkung aus derselben Aminosäure-Vorstufe gebildet.
Die Bedeutung der γ-Aminobuttersäure als Botenstoff im ZNS wurde schon den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts erkannt. Diverse neuronale Prozesse im Gehirn und im gesamten ZNS werden von diesem Botenstoff beeinflusst. GABA wirkt dabei als Antagonist oder Gegenspieler des Glutamats, das eine eher anregende Wirkung hat. Beide docken an Synapsen an, deren Rezeptoren dafür geeignet sein müssen. Von den neuronalen Synapsen sind etwa 40% geeignet, um GABA an ihren Rezeptoren andocken zu lassen. Damit kann die Wirkung anderer, vor allem anregender Neurotransmitter gehemmt und gesteuert werden.
Interessant ist, dass Medikamente wie Benzodiazepine oder Barbiturate die Wirkung von GABA verstärken können. Außerdem können auch andere Substanzen die Wirkung von GABA positiv beeinflussen. Dazu weiter unten mehr.
Die neuronale Wirkung von GABA im Organismus
Die γ-Aminobuttersäure (GABA) wirkt im zentralen Nervensystem (ZNS)
- angstlösend
- schlaffördernd
- analgetisch
- entspannend
- entkrampfend
- stressmindernd
- und Blutdruck stabilisierend.
Im Vergleich zu Melatonin und Serotonin hat GABA eine deutlich stärkere schlaffördernde Wirkung. Im Umkehrschluss zu den bisher genannten Wirkungen kann medizinisch vorgebildete Mensch jeder folgern, dass ein Mangel an GABA zu relevanten Störungen im Organismus führt. Bei sehr niedrigen GABA-Konzentrationen im Organismus können
- Bluthochdruck
- Anzeichen von chronischem Stress
- Depressionen
- Angststörungen
- chronische Schmerzen
- Schlafprobleme, Konzentrationsstörungen
- ein Reizdarm-Syndrom
- ein prämenstruelles Syndrom
- Epilepsie
- oder Schizophrenie
begünstigt oder ausgelöst werden. Zusätzlich können Symptome wie
- Heißhunger auf Süßigkeiten
- Parästhesien (Taubheitsgefühle in den Gliedmaßen)
- Tinnitus
- Muskelverspannungen
- nächtliche Schweißausbrüche
- Veränderungen im Geruchsempfinden
- Herzrasen (Tachykardie)
- Gedächtnisstörungen
- Ängste
- oder gesteigerte Impulsivität
auftreten. Diese gelten als Komplikationen. In der Folge hat GABA eine Auswirkung auf das Entstehen verschiedener Erkrankungen, beispielsweise Diabetes oder Depressionen.
Im klinischen Bereich spielt GABA eine Rolle, wenn es um Angstlösung geht. Als Medikament ist ein Nahrungsergänzungsmittel GABA nicht geeignet, weil es die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann. Stattdessen werden ähnliche Medikamente verabreicht, die das leisten. Sie heißen Pregabalin / Lyrica oder Gapapentin. Diese Medikamente sind fettlösliche Derivate von GABA. Die drei genannten Medikamente sind momentan die wichtigsten Medikamente, die gegen chronische Schmerzen und ein generalisiertes Angstsyndrom verordnet werden. Ursprünglich waren sie aber als Anti-Epileptika entwickelt worden.
Weitere Wirkungen des Neurotransmitters
Bisher haben wir vor allem die neuronalen Wirkungen von GABA betrachtet. Darüber entwickelt GABA aber auch eine Vielzahl an endokrinen und parakrinen Funktionen. Diese Funktionen betreffen unsere Drüsen, die Sekrete produzieren – aber auch Zellen, die ganz ähnliche Funktionen ausführen können. Unter anderem beeinflusst GABA dadurch die Insulinausschüttung über die Bauchspeicheldrüse, die Arbeit der Wachstumshormone oder es wirkt auf die Hirnanhangdrüse (Hypophyse). GABA hat außerdem eine immunmodulierende Wirkung. Der Botenstoff kann beispielsweise entzündungsfördernde Zytokine hemmen.
Um die Wirkung von GABA so effektiv wie möglich zu machen, spielt das Serotonin eine besondere Rolle. Serotonin ist ebenfalls ein Neurotransmitter. Serotonin hat als Botenstoff die Eigenschaft, die körpereigene GABA-Synthese anzuregen und die Rezeptor-Affinität für GABA zu erhöhen. Logisch ist dann, dass ein Serotoninmangel automatisch die Effekte von GABA reduziert und einschränkt. Weitere Substanzen, die die Wirkung von GABA positiv beeinflussen können, sind Taurin, Rhodiola und L-Theanin.
Kann man auf natürlichem Weg die körpereigene Synthese verbessern?
Tatsächlich ist das möglich. Die wichtigste Grundlage, damit der Organismus in Eigenregie genügend GABA herstellen kann, ist eine ausreichende Zufuhr der Aminosäure L-Glutamin. Daraus entsteht dann durch einen körperinternen Umbauprozess Glutaminsäure. Anschließend kann der Organismus daraus GABA herstellen. Damit dieser Umbauprozess funktioniert, sind aber weitere Zutaten notwendig. Der Organismus braucht für den Glutamin-Umbau dringend Vitamin B6, Zink und Taurin. Ein Mangel an einem dieser Stoffe führt automatisch zu einer verringerten GABA-Produktion.
Folgende Maßnahmen führen zu einem erhöhten GABA-Spiegel im Organismus:
- Darmflora optimieren durch resistente Stärke, Präbiotika und Probiotika
- entzündungshemmende Nahrungsmittel bevorzugen
- häufig Mandeln, Walnüsse, Haselnüsse, Bananen, Brokkoli, Linsen, Vollkornprodukte, Spinat, Reiskleie, Zitrusfrüchte, braunen Reis, Rinderleber oder Heilbutt essen, um den wichtigen Amino-Baustein für GABA zu liefern
- Lebensmittel aus ökologischem Anbau vorziehen
- häufiger fermentierte Lebensmittel und natürliche Antibiotika wie Knoblauch, Zwiebeln und Meerrettich verzehren
- täglich Frischkräuter und Gewürze wie Oregano, Thymian, Basilikum, Ingwer oder Pfefferminze nutzen
- mehr Resilienz, bessere Stressbewältigungsstrategien entwickeln
Schlafqualität verbessern - mehrere Minuten je Stunde Atemübungen machen
- regelmäßige Bewegung (Spaziergänge, Radfahren, Schwimmen, Yoga, Choi Gong)
- Bittersalzbäder mit ätherischen Ölen anreichern, die den GABA-Spiegel beeinflussen (Baldrian, Kava, Kamille, Lavendel, Zitronenmelisse und Passionsblume)
Wenn diese Maßnahmen täglich beachtet werden, erhöht sich die Herstellung im Organismus automatisch.
Wann und warum ist die Einnahme von GABA-Kapseln sinnvoll?
Heutzutage ist GABA als Nahrungsergänzung verfügbar. Da der Organismus in der Lage ist, selbst die Aminobuttersäure herzustellen, sollte GABA nur bei einem nachgewiesenen Mangel oder bei Symptomen angewendet werden, die auf einen solchen schließen lassen.
Viele Verwender nehmen GABA-Kapseln ein, weil sie den Blutdruck senken möchten. Andere nutzen GABA-Kapseln, um Stress zu mindern, besser zu schlafen oder Ängste zu lindern. Unter Sportlern erfreut es sich eines gewissen Zuspruchs, weil man dem Neurotransmitter eine muskelsteigender Wirkung und eine Stimulation der körpereigenen Wachstumshormone nachsagt.
Die üblichen Gründe, GABA in Kapselform einzunehmen, liegen in dem Wunsch nach
- verbessertem Schlaf
- mehr Angstfreiheit
- einer Stimmungsverbesserung
- der Linderung von Depressionen
- der Linderung von Symptomen des prämenstruellen Syndroms
- der Linderung von Beschwerden bei ADHS
- einer Schmerzlinderung
- einer Blutdrucksenkung
- einer gesteigerten Fettverbrennung
- dem Aufbau von mehr Muskelmasse
- oder einem leichterem Einstieg in sportliche Aktivitäten.
Das klingt danach, als sollten viele Menschen GABA zu sich nehmen – doch es handelt sich um einen Botenstoff, dessen Wirkungen und Nebenwirkungen man nicht falsch einschätzen sollte.
Wie kann die Wirkung von GABA verbessert werden?
Üblicherweise gelten Wechselwirkungen mit anderen Substanzen als Negativ-Effekte. Bei GABA ist es anders. Viele Substanzen verbessern die Wirkung dieses Botenstoffes. Daher bietet es sich an, GABA zusammen mit einem oder mehreren dieser Stoffe einzunehmen, um von solchen Wechselwirkungen zu profitieren. Es wirkt besser und stärker, wenn es mit
- Vitamin B3 bzw. Niacin
- der Aminosäure Theanin
- der Aminosäure Taurin
- Vitamin B6
- Magnesium
- Zitronenmelisse
- Passionsblumen-Extrakt
- Baldrian-Extrakt
- Kava Kava-Extrakt
- und auf die Psyche wirkenden Probiotika bzw. Psychobiotika wie Lactobacillus brevis und Bifidobacterium dentium
kombiniert wird.
Welche Nebenwirkungen haben GABA Kapseln?
Angesichts der Wirkungen von GABA könnte mancher Leser auf die Idee kommen, dass es starke Nebenwirkungen gibt. Das ist aber bei normaler Dosierung in der Regel nicht der Fall.
GABA-Kapseln oder Sticks werden als sicher und nebenwirkungsarm angesehen, solange die verordnete Dosis eingehalten wird. Falls dennoch ungewöhnliche Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit Nahrungsergänzung oder Medikamenten beobachtet werden, sollten die Betroffenen sich sicherheitshalber an einen Arzt oder Heilpraktiker wenden. Über die Wirkung einer Einnahme von GABA-Präparaten während der Schwangerschaft oder in der Stillzeit gibt es derzeit keine belastbaren Daten. Sicherheitshalber sollten solche Präparate in dieser Zeit nicht eingenommen werden.
Überdosen kommen selten vor. Zu hohe Dosen können jedoch durchaus unerwünschte Nebenwirkungen haben. Mediziner haben diesbezüglich einen paradoxen Effekt beschrieben, der eine Warnung darstellt: Bei zu hohen Dosen können GABA-Kapseln und andere GABA-Präparate entgegengesetzt zur üblichen Wirkung wirken. Sie können Angstzustände, Schlaflosigkeit oder innere Unruhe auslösen. Außerdem können Hautreaktionen, leichtes Hautkribbeln, Rötungen oder vorübergehendes Taubheitsgefühl an den Extremitäten auftreten. In diesen Fällen sollte die Dosis angepasst und abgesenkt werden.
Wichtig ist, dass Menschen, die verordnungspflichtige Psychopharmaka einnehmen müssen, nicht ohne ärztlichen Rat zu GABA-Kapseln greifen. Gleiches gilt für Menschen, die GABA-analoge Medikamente wie Pregabalin, Lyrica oder Gapapentin einnehmen müssen. Hier kann eine Dosisanpassung des verordneten Medikaments notwendig werden. Alternativ rät der behandelnde Arzt von der zusätzlichen Gabe ab. Beide Wirkstoffe beeinflussen die Gehirnchemie. Sie wirken außerdem beide im ZNS und beeinflussen die Aktivitäten im Nervensystem. Daher sind bei Kombinationen mit GABA-analogen Medikamenten weder Überdosierungen, noch unerwünschte Wechselwirkungen auszuschließen.
Synthetisch hergestelltes GABA wird heutzutage zur Behandlung von Angststörungen, psychosomatischen Störungen, Epilepsie, Narkolepsie oder Schlafstörungen eingesetzt. Ob dabei frei verkäufliche Nahrungsergänzung verordnet wird oder ein verschreibungspflichtiges Medikament, ist unterschiedlich.
EXKURS: GABA als Nootropikum
Zunehmend wird dieser Neurotransmitter auch als stimmungsaufhellendes und entspannendes Nootropikum gehandelt. Die Menge an GABA, die im Gehirn oder in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird, genügt oft nicht, um mental entspannt zu sein. Menschen, die unter Dauerstress stehen, nutzen gerne legal erhältliche beruhigende Substanzen wie Cannabidiol (CBD) (vgl. auch Hanftee) oder GABA. Nach deren Einnahme wird das ZNS gedämpft. Die innere Erregung schwächt sich zunehmend ab. Die Gedankenmühlen mahlen langsamer. Man schläft trotz Stress besser.
GABA wirkt als Nootropikum konzentrationsfördernd, entspannend, beruhigend, angstlösend und emotional stabilisierend. Man könnte es als legale Modedroge bezeichnen. Diese nimmt den medial überfrachteten und an Multitasking gewöhnten Menschen ab, selbst runterzukommen und ihren hektischen Lebensstil zu ändern.
Quellen:
- https://de.wikipedia.org/wiki/%CE%93-Aminobutters%C3%A4ure
- https://flexikon.doccheck.com/de/Gamma-Aminobutters%C3%A4ure
- https://dr-bieger.de/gamma-amino-buttersaeure-gaba-neurotransmitter-mit-angst-loesender-wirkung/
- https://www.herbano.com/de/ratgeber/gaba
- https://www.vitaminexpress.org/de/gaba
- https://www.original-nootropics.de/pages/gaba
- https://www.brain-effect.com/magazin/gaba-schlaf