Generalisierte Angststörung | Schlafprobleme durch generalisierte Angst?! (© amenic181 / Fotolia)

Generalisierte Angststörung: Symptome, Behandlung. Therapie, Selbsthilfe

Die Generalisierte Angststörung (GAS) gilt als ernstzunehmende psychische Erkrankung, von der in unserer heutigen Zeit der Hektik und der gestiegenen Anforderungen immer mehr Menschen betroffen sind. Der Angstforscher Professor Jürgen Marg konstatiert:

„Wir haben heute tatsächlich mehr Ängste als früher. Und für manche von uns wächst sich das zu einer richtigen Art Angsterkrankung aus. Wenn man das nicht mehr kontrollieren kann, wenn man leidet, wenn man in seinen Funktionen eingeschränkt ist, seine Rollen nicht mehr ausfüllen kann, dann hat man eine echte Angstkrankheit.“ (https://www.youtube.com/watch?v=nfqeLA0cNgk)

  1. Doch was genau sind Generalisierte Angststörungen?
  2. Welche Symptome zeichnen generalisierte Angst aus?
  3. Ist diese Erkrankung heilbar?
  4. Was hilft wirklich, um die psychischen Probleme zu besiegen?

Diagnose „Generalisierte Angststörung“

Oftmals tappen selbst Ärzte bei ihrer Diagnose lange Zeit im Dunkeln, bevor sie eine generalisierte Angst als Ursache körperlicher Beschwerden wie Herzrasen erkennen. Nicht selten verschreiben sie Medikamente gegen Schlaflosigkeit (siehe auch Schlafstörung) oder Kreislaufstörungen und erzielen damit keinerlei Besserung für die Gesundheit. Anfängliche Ratlosigkeit kennzeichnet auch das Schicksal vieler Betroffener. Wer jedoch das Wesen seiner psychischen Qual kennt und weiß, wie er am besten damit umgeht, hat gute Chancen auf Heilung oder eine deutliche Besserung seiner gesundheitlichen Situation.

Folgende Informationen können Ihnen helfen, die generalisierte Angsterkrankung zu bekämpfen und sie zu überwinden. Erfahren Sie mehr über die Diagnose, Symptome, Ursachen, medizinische Therapie und Selbsthilfe im Falle krankhafter Zukunftsangst.

Generalisierte Angststörungen: Medizinische Einordnung

Zur Diagnose von Krankheiten steht Medizinern der international anerkannte Klassifizierungskatalog der WHO, der sogenannte ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems = Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme), zur Verfügung. Die aktuelle Version, der ICD 10, stammt aus dem Jahr 2016. Das Erscheinen einer überarbeiteten Fassung ist für 2018 angekündigt.

Dieser ICD-10-Diagnoseschlüssel führt Generalisierte Angststörungen unter dem Unterpunkt F 41.1 des Kapitels „Andere Angststörungen“ auf und beschreibt die Merkmale dieser Erkrankung folgendermaßen:

„Die Angst ist generalisiert und anhaltend. Sie ist nicht auf bestimmte Umgebungsbedingungen beschränkt, oder auch nur besonders betont in solchen Situationen, sie ist vielmehr ‚frei flottierend‘ [d.h., sich hin und her bewegend, ein umfassendes, nicht an eine bestimmte Situation gebundenes Angstgefühl]. Die wesentlichen Symptome sind variabel, Beschwerden wie ständige Nervosität, Zittern, Muskelspannung, Schwitzen, Benommenheit, Herzklopfen, Schwindelgefühle oder Oberbauchbeschwerden gehören zu diesem Bild. Häufig werden Befürchtungen geäußert, der Patient selbst oder ein Angehöriger könnten demnächst erkranken oder einen Unfall haben.“ (icd-code.de/icd/code/F41.1.html)

Ein weiteres Kriterium, das den Befund einer Generalisierten Angststörung erhärtet, ist, dass die psychischen Probleme infolge unbegründeter Befürchtungen länger als sechs Monate andauern und fast täglich auftreten.

Diagnosekriterien ICD 10 versus DSM V

Während der ICD 10 sowohl psychische als aus physische Krankheiten in den Blick nimmt, konzentriert sich der amerikanische Diagnoseschlüssel DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders = Diagnostischer und statistischer Leitfaden psychischer Störungen) ausschließlich auf das Feld der Psychiatrie. Die von der American Psychiatric Association (APA) herausgegebene aktuelle Fassung ist der DSM-5, der im Mai 2013 erschien.

Buch: "Diagnostische Kriterien DSM-5®: Deutsche Ausgabe" (Amazon)
Buch: „Diagnostische Kriterien DSM-5®: Deutsche Ausgabe“ (Amazon)

Bezogen auf die Generalisierte Angststörung nennt der amerikanische Kriterienkatalog ähnliche Anzeichen wie der ICD 10, auf die er aber als spezialisierter Diagnoseschlüssel für psychische Erkrankungen ausführlicher eingeht. So grenzt der DSM-5 beispielsweise die Themen, um die die Sorgen Betroffener vorwiegend kreisen, auf folgende Bereiche ein:

  • Gesundheit
  • Arbeit
  • Familie
  • Beziehungen
  • Finanzen
  • Weltgeschehen
  • meist kleinere, weniger grundsätzliche Angelegenheiten

Generalisierte Angsterkrankung: Symptome

„Es gab Zeiten, da habe ich über Monate das Haus nicht mehr verlassen, weil mich die Welt da draußen einfach nur noch zu Tode geängstigt hat“, schreibt ‚Minnie‘ in einem Forum, in dem sich Betroffene über ihre psychischen Probleme austauschen. (forum.angst-und-panik.de/showthread.php?tid=8208)

Sich Sorgen zu machen, weil etwa das Geld knapp ist oder das Kind das erste Mal alleine in Urlaub fährt, ist völlig normal. Die Generalisierte Angststörung ist indes eine sehr heimtückische Krankheit, die sich langsam anschleicht und sich bis zu einem chronischen Leiden entwickeln kann. So klafft mit der Zeit das Verhältnis zwischen tatsächlich bestehenden Gefahren und der Vorstellungswelt von möglichen Risiken mehr und mehr auseinander. Dieser Verlust des Realitätsbezugs kann am Ende dazu führen, dass jemand – wie Minnie aus dem Forum – sich überhaupt nicht mehr traut, das Haus zu verlassen, Reisen nicht antritt, weil der Zug entgleisen könnte, oder ein ähnliches Verhalten der Vermeidung potenzieller Risiken an den Tag legt.

Der permanente psychische Druck infolge des erhöhten Angstlevels geht zumeist mit körperlichen Beschwerden einher. Diese drücken sich in der Regel nicht durch Panikattacken aus, die auf konkrete Situationen wie eine Spinne an der Decke bezogen sind. Dennoch sind die körperlichen Reaktionen ähnlich (vgl. Panikattacken Symptome). Patienten klagen vor allen Dingen über

  • Herzklopfen
  • Schwindel
  • Kribbeln oder Taubheitsgefühle
  • Hitzewallungen oder Kältegefühl
  • Muskelverspannungen
  • Reizbarkeit
  • Konzentrationsstörungen
  • Nervosität
  • Schlafstörungen.

Bei einem Fortschreiten der Erkrankung und der Verfestigung der Zwangsgedanken gesellen sich nicht selten weitere psychische Probleme wie Depressionen hinzu (vgl. leichte depressive Episode bis schwere Depression). Auch die allmählich wachsende Angst vor der Angst (siehe Erwartungsangst: Angst vor der Angst) oder davor, verrückt zu werden oder sterben zu müssen, kann eine Begleiterscheinung dieser psychischen Störung sein.

Generalisierte Angststörung: Test im Internet

Oftmals sind Betroffene, die ständig in Sorge sind, verunsichert, ob sich ihr Verhalten noch im Rahmen des Normalen bewegt oder ob es schon krankhaft ist. Eine Selbstbeurteilung durch einen psychologischen Test im Netz kann diese Frage etwas eingrenzen, allerdings keinen medizinisch fachmännisch erstellten Befund ersetzen.

Buch zum Thema generalisierte Angst: "Generalisierte Angststörung: Ein Ratgeber für übermäßig besorgte und ängstliche Menschen" (Amazon)
Buch zum Thema generalisierte Angst: „Generalisierte Angststörung: Ein Ratgeber für übermäßig besorgte und ängstliche Menschen“ (Amazon)

Generalisierte Angst: Ursachen

Wer unter Generalisierten Angststörungen leidet, hat keinen Grund, die Schuld dafür bei sich selbst zu suchen. Der aktuelle Stand der Forschung geht davon aus, dass das Zusammenspiel mehrerer Außenfaktoren Auslöser der Krankheit ist. Zu den potenziellen Ursachen zählen

  • eine genetische Veranlagung,
  • eine überbehütete Kindheit oder
  • traumatische Erlebnisse.

Insbesondere lang anhaltende Stresssituationen begünstigen den Ausbruch der Erkrankung.

Laut Ärzteblatt ist der Anteil der Frauen, die von dieser psychischen Störung betroffen sind, doppelt so hoch wie der der Männer. Besonders häufig tritt die Generalisierte Angststörung in der

Letztendlich ist jedoch niemand davor gefeit, in den Sog unrealistischer Befürchtungen zu geraten. So leiden in Deutschland beispielsweise rund zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen an Angststörungen (vgl. Angsterkrankungen bei Kindern, Angstphobien bei Kindern), zu deren häufigsten Formen neben Trennungsängsten und Phobien die Generalisierte Angststörung zählt. (neurologen-und-psychiater-im-netz.org/kinder-jugend-psychiatrie/erkrankungen/angststoerungen/angststoerungen-bei-kindern-und-jugendlichen/)

Nach wie vor steht die Wissenschaft auf dem Gebiet der Psychiatrie, etwa im Bereich der Angstzustände, noch vor vielen offenen Fragen. So gibt es keine eindeutige Erklärung dafür, warum bestimmte Botenstoffe im Gehirn nicht richtig übertragen werden bzw. es Probleme mit der Konzentration der Neurotransmitter im Gehirn gibt (vgl. z.B. Theorien über Serotonin-Mangel) oder warum sich bei einigen Menschen die Sorgen um die eigene Person oder um andere zum kaum mehr steuerbaren Selbstläufer entwickeln. Dennoch hat die Forschung in den letzten Jahrzehnten gewaltige Fortschritte geleistet und hat verschiedene Therapiemöglichkeiten erarbeitet, die den meisten Menschen mit psychischen Störungen wirkungsvoll helfen können (siehe auch Angststörungen behandeln).

Generalisierte Ängste: Behandlung

„Die Behandlung [einer Generalisierten Angststörung] ist mit den modernen Methoden relativ gut möglich, dass zumindest die Symptome gelindert werden und ein geregeltes Leben aufgenommen werden kann“, hält Dr. med. Andreas Schöpf fest. (https://www.youtube.com/watch?v=Qc673L2Q94s)

Des Weiteren führt er aus, dass dem Patienten zwei Wege zur Verfügung stehen, die aus der Krankheit heraushelfen sollen.

  1. Der eine ist das Verschreiben von Medikamenten gegen eine generalisierte Angsterkrankung.
  2. Der andere der einer Therapie (Psychotherapie, Verhaltenstherapie, kognitive Therapien…).

Nach Auskunft von Dr. Schöpf liegen keine Studien vor, „dass eine Kombination aus Medikamenten und aus dieser Psychotherapie eine erhöhte Wirksamkeit hat“. Andere Ärzte sehen dies anders, und betonen gerade die erhöhte Wirksamkeit solcher Kombinationsbehandlungen aus Psychotherapien und Psychopharmakotherapien (siehe Psychopharmakotherapie).

Die Techniker Krankenkasse rät Betroffenen, die Art der Behandlung an ihren persönlichen Vorlieben festzumachen. (tk.de/tk/kritisch-hinterfragt/psyche-gemuet/angststoerungen/701418)

Buch zum Thema generalisierte Angststörungen: "Generalisierte Angststörung: Ein Therapieprogramm. Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial" von Eni Becker und Jürgen Margraf (Amazon)
Buch zum Thema generalisierte Angststörungen: „Generalisierte Angststörung: Ein Therapieprogramm. Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial“ von Eni Becker und Jürgen Margraf (Amazon)

Kognitive Verhaltenstherapie zur Behandlung?

Bei den psychotherapeutischen Maßnahmen gilt die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) als die am besten untersuchte und effektivste (siehe auch Psychotherapieverfahren Überblick). Je nach Schwere der Erkrankung kann ein Aufenthalt in einer Klinik angezeigt sein, was aber nicht immer vonnöten ist. Die kognitive Verhaltenstherapie, deren Kosten laut Auskunft der Techniker Krankenkasse die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen, zielt darauf ab, festgefahrene Gedankenmuster zu verändern und den Umgang mit irrationalen Ängsten wieder in kontrollierbare Bahnen zu lenken.

Ein Arzt, der Medikamente gegen eine generalisierte Angsterkrankung verschreibt, setzt vor allen Dingen auf Mittel aus der Gruppe der Antidepressiva, bei denen es sich zumeist um Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) wie Escitalopram, Paroxetin oder Sertralin handelt. Diese Arzneien sind gut untersucht und zeigen in vielen Fällen eine positive Wirkung.

Wer sich in Behandlung begibt und zum Beispiel eine Therapie in einer Klinik machen möchte, sollte sich darauf einstellen, dass Generalisierte Angststörungen nicht von heute auf morgen heilbar sind. Auch bei der Einnahme von Medikamenten gegen die psychischen Probleme dauert es meist mehrere Wochen, bis die Mittel wirken. Selbst bei einer Besserung des Krankheitsbildes wird empfohlen, die Arzneien nicht sofort abzusetzen.

Um auf dem Weg der Besserung die nötige Geduld aufzubringen, kann der Gedanke helfen, dass sich eine generalisierte Angst über einen langen Zeitraum von oft mehreren Jahren aufbaut und sich dementsprechend die psychische Belastung auch nur peu à peu herunterfahren lässt.

Buch zur GAS: "Meistern Sie Angst und Sorgen!: Generalisierte Angststörung bewältigen – ein Patientenmanual" (Amazon)
Buch zur GAS: „Meistern Sie Angst und Sorgen!: Generalisierte Angststörung bewältigen – ein Patientenmanual“ (Amazon)

Generalisierte Angst: Kann Selbsthilfe die Erkrankung besiegen?

Viele Menschen scheuen bei Problemen wie einer permanenten psychischen Anspannung zunächst einmal die Konsultation eines Arztes und greifen zur Selbsthilfe. Im Falle generalisierter Angst sind im Internet zahlreiche Tipps zu finden, die von Entspannungsübungen bis hin zur Einnahme von pflanzlichen Beruhigungsmitteln wie Baldriantropfen reichen (vgl. pflanzliche Beruhigungsmittel, vs. pflanzliche Schlafmittel vs. pflanzliche Antidepressiva).

Doch eine massive psychische Erkrankung kann die Selbsthilfe nicht kurieren. Das bedeutet unterm Strich, dass eine Selbsthilfe das Problem nur vergrößert, indem sie eine effektive medizinische Behandlung hinauszögert und nicht die wahren Ursachen bekämpft.

Fazit: Was hilft wirklich, eine Generalisierte Angststörung zu überwinden?

Wenn sich die Angstzustände verselbstständigen und zudem der Körper Hilferufe wie Herzflattern oder Magenbeschwerden aussendet, ist es höchste Zeit zu handeln. Permanente unrealistische Sorgen haben zwar kaum einen Einfluss auf das tatsächliche Geschehen. Aber sie können das Leben massiv negativ beeinträchtigen, und zwar das eigene als auch das von Angehörigen und Freunden.

Wer seiner generalisierten Angst den Kampf ansagt und sich medizinisch betreuen lässt, hat wenig zu verlieren, aber viel zu gewinnen, nämlich ein Leben ohne Ketten, die bedrohlich die Seele geißeln. Die irrationale Zukunftsangst ist in den überwiegenden Fällen mit Unterstützung von außen heilbar und lässt sich besiegen.

Was hilft Ihnen unterm Strich am besten, die Generalisierte Angststörung zu überwinden? Vor allen Dingen eins: Sie müssen es selber wollen und konsequent dieses Ziel mit allen medizinischen Möglichkeiten, die es gibt, verfolgen. Eine der Leitlinien Ihres Handelns sollte dabei lauten: An erster Stelle steht meine Gesundheit, damit es mir und somit auch meinen Angehörigen und Freunden wieder besser geht! Warum nicht konkret aktiv werden, anstatt sich vor Unkonkretem in der Zukunft zu ängstigen?

Zum Weiterlesen:

Angststörungen: Ursachen, Formen, Symptome, Therapie, Selbsthilfe

Psychotherapie von A-Z ♥ – Ein einführender Überblick für Patienten

Persönlichkeitsstörungen vom Grundsatz her verstehen

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Ängste, Phobien, Panikattacken > Angststörungen und Angsterkrankungen