Gruppentherapie-Sitzungen als Element von Psychotherapie
Eine Gruppentherapie ist eine spezielle Form der Psychotherapie (siehe Psychotherapien im Überblick), bei der gruppenspezifische Phänomene therapeutisch genutzt werden. Dafür findet die Therapiesitzung in Gruppen mit mehreren Patienten statt. Eine genauere Bezeichnung ist dieser speziellen Form der Psychotherapie ist die der Gruppenpsychotherapie.
Die Größe der Gruppe kann stark variieren. Eine Gruppenpsychotherapie beginnt ab vier Patienten und in der Regel gilt eine Zahl von sieben bis zwölf Patienten als ideal. Allerdings gibt es auch Großgruppentherapien mit bis zu zweihundert Patienten. Diese stellen jedoch eine Ausnahme dar und wurden ursprünglich eher aus pragmatischen denn klinischen Gründen entwickelt. Angesichts einer zu geringen Zahl von Psychotherapeuten entwickelten sich die Großgruppentherapien, die schließlich auch Gruppenphänomene, die für solch eine Größe typisch sind, für sich nutzen konnten. Die eigentliche Gruppentherapie aber besteht in einer Kleingruppe und hat ihren Grund in dem bewussten medizinischen Nutzen von Gruppenphänomenen. Es können verschiedene Themen in ihrem Rahmen besprochen bzw. behandelt werden.
Wann und wofür ist eine Gruppenpsychotherapie sinnvoll?
Bei einer Gruppentherapie werden einerseits spezifischen Phänomene zur Heilung von Patienten genutzt, die in Gruppen auftreten. Dazu zählen die unterschiedlichen Formen von Gruppendynamiken, die Übertragung sowie die Gegenübertragung (Interessant hierzu auch: Transference focused Psychotherapy). Andererseits ist ein wesentlicher Faktor auch das Nutzen der menschlichen Natur als ein soziales Wesen. Das bedeutet nicht nur, dass guter sozialer Umgang für die psychische Gesundheit eines Individuums wichtig ist, sondern ganz generell, dass ein großer Teil des Strebens und der ganzen Funktionsweise der menschlichen Psyche auf eine soziale Dimension ausgerichtet ist. Dementsprechend kann eine Gruppe zu einem Spiegel werden und zu Erkenntnissen führen, die sich sonst vielleicht nicht oder nur sehr schwer erlangen lassen. Zudem profitieren Patienten von den Erfahrungen anderer Patienten.
Ganz besonders bei sämtlichen psychischen Erkrankungen (siehe psychische Krankheiten), die eine soziale Dimension haben, kann eine Gruppenpsychotherapie sehr hilfreich sein. Bei ihr können in einem kontrollierten, wohlwollenden Rahmen soziale Situationen geprobt und erlebt werden. Das bedeutet, eine Gruppentherapie ist konkret sinnvoll
- bei Sozialphobien und sozialen Ängsten,
- aber auch bei sonstigen Angststörungen (vgl. Angststörungen Ursachen),
- Depressionen (vgl. Anzeichen einer Depression) und
- Burnout (siehe auch Burnout <> Angst),
- bei verschiedenen Persönlichkeitsstörungen (siehe Persönlichkeitsstörungen Übersicht),
- Zwangsstörungen (Zwänge Liste) sowie beim
- Mobbing (siehe: ich werde gemobbt),
- Essstörungen,
- Vereinsamung und
- Beziehungsschwierigkeiten (vgl. auch Angst vor Bindung).
- Außerdem werden Gruppentherapien auch bei Suchtproblemen und psychosomatischen Störungen in psychosomatischen Reha-Kliniken angewandt.
Grundsätzliche Kategorien der Gruppenpsychotherapie
Wie generell in der Psychologie gibt es auch bei den Gruppentherapien unterschiedliche Schulen, Ansätze und schließlich auch einzelne Methoden. Diese lassen sich grundsätzlich in vier Kategorien grob einteilen:
- Gruppenpsychotherapien, die wesentlich durch das Interagieren der Beteiligten funktionieren wie etwa Paartherapien (siehe Paartherapeutin) oder Familentherapien
- Gruppenpsychotherapien, die stark auf einzelne Personen fokussiert sind, die in der Gruppe ihre Existenz reflektieren
- Gruppenpsychotherapien mit verhaltenstherapeutischem Ansatz, die als Simulation von sozialen Situationen in einem geschützten Rahmen dienen können (siehe auch Verhaltenstherapie: Was macht ein Verhaltenstherapeut?)
- Gruppenpsychotherapien mit psychoanalytischem Ansatz, bei denen die Teilnehmer gemeinsam und mit der Unterstützung des Therapeuten die individuellen Probleme sowie die Persönlichkeitsstruktur jeweils eines Patienten erkunden und versuchen, Lösungen aufzuzeigen.
Anknüpfend an diesen Kategorien lassen sich drei wesentliche Grundmethoden ausmachen.
- Bei der einen fungieren die Teilnehmer der Gruppe als Beobachter bei der Therapie eines Einzelnen. Es geht also immer um die Therapie eines Patienten durch den Therapeuten mit Beobachter.
- Bei der zweiten fungieren die Teilnehmer als eine Art Co-Therapeut für den (jeweils) einzelnen Patienten. Hier therapieren sie gemeinsam und unter Anleitung des Therapeuten den Einzelnen.
- Bei der dritten hingegen ist die Gruppe tatsächlich selbst Gegenstand der Therapie. Das bedeutet, jeder Teilnehmer ist gleichzeitig Patient.
Allgemeine Faktoren der Gruppenpsychotherapie
In der Regel handelt es sich bei Gruppentherapien um kleinere Gruppen und meistens sitzen die Teilnehmer so auf Stühlen oder auch an Tischen, dass sie einen Kreis bilden oder aber sich grundsätzlich ansehen können. Ein Treffen dauert meist anderthalb bis zwei Stunden und kann einem bestimmten Ziel oder auch Ablauf folgen oder völlig frei gestaltbar sein.
Eine Form besteht darin, dass die Gruppenmitglieder durch ihre Beiträge den Ablauf in einem hohen Maße selbst bestimmen. Dabei können auch abwechselnd einzelne Teilnehmer von dem Therapeuten in den Fokus gestellt werden. Die Rolle des Therapeuten kann ebenfalls sehr stark variieren. Dabei kommt es stark auf die entsprechende Therapieform bzw. der entsprechenden Schule an. Der Therapeut kann je nach dem sehr aktiv oder auch sehr passiv agieren. Dies hängt auch von den behandelten Themen ab.
Es gibt sowohl geschlossene als auch offene Gruppen. Bei geschlossenen Gruppen sind die Teilnehmer von der ersten bis zur letzten Sitzung der Therapie dieselben. Es können also keine neuen dazukommen.
Häufiger ist allerdings die offene Gruppe, bei der neue Teilnehmer die frei gewordenen Plätze einnehmen. Dabei gibt es meist eine Anwesenheitspflicht. Der Ablauf kann aber auch stark variieren.
Die Vor- und Nachteile der Gruppentherapie
Gegenüber einer Einzeltherapie hat eine Gruppentherapie sowohl Vorteile als auch Nachteile. Je nach individueller Situation kann die soziale Interaktion als solche bereits therapeutische Funktion haben. Außerdem bietet eine Gruppe die Möglichkeit, soziales Interagieren zu üben. Das kann im Falle etwa einer Sozialphobie ganz grundsätzlich verstanden werden oder aber auch als spezielles Training für die eigene Sozialkompetenz. Es können auch unangenehme soziale Situationen in einem kontrollierten und verträglichen Rahmen simuliert werden und Handlungen geprobt und erlernt werden, die auch später außerhalb der Therapie von großem Nutzen sein können.
Dazu kommt, dass der Einzelne bei einer Gruppe mit mehreren Menschen auch mit einer entsprechend größeren Zahl von Eindrücken, Reaktionen und Ideen konfrontiert wird und aus einem viel größeren Erfahrungspool lernen kann, als es in der Einzelpsychotherapie der Fall ist. Die geteilten Erfahrungen sind also schlicht vielfältiger. Zudem hat der Einzelne die Möglichkeit, im Rahmen einer informativen Gruppensitzung von dem Therapeuten Informationen und Erklärungen über eine psychische Krankheit oder über bestimmte Themen zu erhalten, ohne das in Einzelstunden abhandeln zu müssen, die besser und effektiver genutzt werden können.
Gruppentherapie Nachteile
Die Nachteile der Gruppentherapie ergeben sich gewissermaßen als Kehrseiten aus den Vorteilen. So kann in einer Einzelsitzung wesentlich tiefer und detailreicher auf den Einzelnen eingegangen werden. Bei einer Gruppensitzung ist naturgemäß keine ebenso hohe Fokussierung auf das Individuum möglich. Diese kann aber unter Umständen notwendig für eine erfolgreiche Therapie sein.
Ein weiterer Punkt auf der Liste der Gruppentherapie Nachteile ist, dass nicht jeder Mensch sich in einer Gruppe genügend öffnen kann, mag oder will. Insbesondere bei sozialen Ängsten kann die Gruppe hier zwar als Übung dienen, in anderen Fällen und bei anderen Problemen kann es jedoch auch schlicht verfehlt sein. Es ist also auch eine Frage des jeweiligen Typs, ob eine Gruppentherapie sinnvoll ist oder nicht.
In der Gruppe können Lösungen und Konzepte erarbeitet werden oder sich für manche auch ergeben aus dem, was sie bei den anderen Patienten beobachten, aber auch das muss keineswegs der Fall sein. Auch hier hängt es dann wieder von dem jeweiligen Individuum ab und von dessen Fähigkeit, solche allgemeinen Konzepte aufzugreifen und für sich zu nutzen.
Es hängt also wesentlich von zwei Faktoren ab, ob eine gruppentherapeutische Behandlung sinnvoll ist oder nicht:
- Von der Art der psychischen Krankheit und
- von dem Individuum selbst.
Bei Erkrankungen oder Schwierigkeiten mit sozialen Situationen als solche haben die direkten, aber zugleich auch kontrollierten sozialen Erfahrungen, die ein Patient im Rahmen einer Gruppenpsychotherapie machen kann, ein großes Potential zur Heilung. In anderen Fällen ist das Potential ebenfalls vorhanden, allerdings kommt es stärker auf den jeweiligen Charakter des Individuums an. Nicht jeder ist für eine Gruppentherapie gemacht und dementsprechend muss diese auch nicht für jeden besser sein, als eine Einzeltherapie. Trotzdem sollte das Potential, das in der Gruppenpsychotherapie steckt, auch von überzeugten Einzelkämpfern nicht unterschätzt werden, wobei damit unterm Strich jeder seine eigenen Erfahrungen machen muss.
Eine kurze fachliche Erläuterung zum Thema gibt es hier: