Gymnophobie - Angst nackt zu sein - Angst vor Nacktheit (© just_do_it / Fotolia)

Gymnophobie – Angst vor eigener oder fremder Nacktheit

Über die Angst nackt zu sein oder andere nackt zu sehen

Psychologen kennen vielerlei verschiedene Angststörungen. Eine spezifische Angststörung ist dabei die Gymnophobie, die Angst vor der eigenen oder vor fremder Nacktheit (von altgriech. gymnós = nackt). Es ist dabei schwierig festzustellen, wie viele Menschen insgesamt an dieser Angststörung leiden (die Psychologie spricht hierbei von Prävalenzraten), da es sich um eine nahezu unbekannte und deswegen auch oft unerkannte Angststörung handelt.

Lesen Sie hier alles darüber, was Gymnophobie ist, wie sie sich äußert und welche Behandlungsmöglichkeiten existieren.

Was ist Gymnophobie? – Die Angst vor Nacktheit?

Gymnophobie - Angst nackt zu sein - Angst vor Nacktheit (© just_do_it / Fotolia)
Gymnophobie – Angst nackt zu sein – Angst vor Nacktheit (© just_do_it / Fotolia)

Menschen verfügen über ein unterschiedlich ausgeprägtes Schamgefühl. Während die einen es möglichst natürlich lieben, halten sich andere im wahrsten Sinne des Wortes lieber „bedeckt“. Gymnophobie darf allerdings nicht mit Schamgefühl, auch nicht mit einem sehr ausgeprägten Schamgefühl verwechselt werden. Vielmehr geht die eigene oder auch fremder Menschen Nacktheit mit einem Angstgefühl und allen hierfür typischen Symptomen wie Schwitzen, Herzklopfen, Vermeidungsverhalten etc. einher (siehe Angstsymptome allgemein, Angsterkrankungen Symptome und Angstsymptome bei Kindern). Da der Mensch nackt auf die Welt kommt und Nacktheit insofern etwas Natürliches ist, hat die Gymnophobie Krankheitswert. Sie gehört zu den Phobien, zu den Angststörungen.

Von Gymnophobie spricht man, wenn folgende Kennzeichen zutreffen:

  • Angstgefühl bei eigener oder fremder Nacktheit
  • Das Angstgefühl dauert an.
  • Betroffene können mit dem Angstgefühl schlecht umgehen.
  • Diese Angst hat einen negativen Einfluss auf das private oder öffentliche Leben (zum Beispiel das Sexualleben).
  • Die Angst setzt auch ein, wenn Nacktheit in einem sozial tolerierten Rahmen auftritt (zum Beispiel Sauna).
  • Betroffene neigen zu einem Vermeidungsverhalten.

Ursachen für Gymnophobie

Welche Ursachen sind für diese Angststörung denkbar? – Möglich ist es, dass in der Herkunftsfamilie Nacktheit stark tabuisiert wurde und eine Bestrafung erfolgte, wenn sich das Kind/der Jugendliche nicht an diese Norm gehalten hat. Eine andere Ursache können Traumata durch sexuelle Übergriffe, beispielsweise in Form von Exhibitionismus sein. Denkbar ist auch, dass die eigene oder fremde Nacktheit in der Kindheit oder Jugend durch extreme Demütigung erlebt wurde, was ebenfalls zu einem Trauma führte. Es gibt allerdings auch Menschen, die mit ihrem Äußeren sehr unglücklich sind und sich selbst als hässlich empfinden. Dabei kann es sich ebenfalls um eine verinnerlichte Botschaft handeln oder aber um die Folge eines extremen Schönheitskultes in den Medien. Die Angst davor, sich durch Nacktheit lächerlich zu machen und ausgelacht werden, kann dann entsprechend groß sein.

Die Übergänge zwischen einem ausgeprägten Schamgefühl und Gymnophobie können fließend sein. Charakteristisches Kennzeichen der Gymnophobie ist allerdings ein ausgeprägtes Angsterleben.

https://www.youtube.com/watch?v=Fu83e47iAOg&t=39s

Behandlung der Angst vor dem Nacktsein

In einer Therapie geht es zunächst darum, die Ursachen für die Angststörung (vgl. auch Ursachen von Angststörungen) ausfindig zu machen. Handelt es sich um verinnerlichte Botschaften, beispielsweise durch Erziehung, ist es angezeigt, dem Patienten dabei zu helfen, sich von diesen negativen Botschaften zu distanzieren und sie zu relativieren. Sinnvoll kann es dann sein, schrittweise die Angst vor eigener oder fremder Nacktheit abzulegen, indem man sich gezielt, aber maßvoll dem Objekt der Angst aussetzt.

Liegt der Gymnophobie ein Trauma zugrunde, muss dieses zunächst identifiziert und dann systematisch aufgelöst werden. Dies kann unter Umständen dauern, jedoch existieren hierfür inzwischen sehr gute Techniken wie zum Beispiel „EMDR“ (engl. Eye Movement Desensitization and Reprocessing). Hierbei wird der Patient durch systematische Augenbewegungen desensibilisiert, so dass er zu traumatischen Geschehnissen aus der Vergangenheit mit der Zeit eine gesunde Distanz aufbauen kann. Siehe weiterführend auch unseren Überblick über verschiedene Traumatherapien.

Strategien zur Selbsthilfe

Jedoch kann man auch selbst einen Beitrag dazu leisten, sich von einer Gymnophobie sukzessive zu befreien. Hierbei helfen Überlegungen wie: Was ist die Ursache für meine Angst? Ist es die Erziehung im Elternhaus oder liegen dem andere Ursachen zugrunde? Was kann mir schlimmstenfalls passieren, wenn ich selbst nackt gesehen werde oder andere nackt sehe (worst-case-Szenario, um Ängste zu relativieren)? Wäre das rational betrachtet wirklich so katastrophal, wie ich es empfinde? Wie kann ich mit meiner Angst umgehen, welche Strategien helfen mir dabei? Es kann auch hilfreich sein, sich selbst schrittweise dem Objekt der Angst zu nähern, indem man beispielsweise einige Minuten nackt durch die Wohnung läuft, wenn man völlig alleine ist und die Rollläden heruntergelassen sind. Wichtig dabei ist es jedoch, sich selbst nicht zu überfordern, weil die Angst ansonsten verstärkt werden kann.

Quellen und weiterführende Ressourcen:

Weiterlesen auf dieser Website:

Ängste, Phobien, Panikattacken > Angststörungen und Angsterkrankungen