Die Halitophobie bezeichnet die Angst, Mundgeruch (Halitosis) zu haben. Betroffene glauben, einen extremen Mundgeruch zu haben und damit andere Menschen zu belästigen. Das führt nicht selten zu sozialem Rückzug bis hin zur totalen sozialen Isolation. Es handelt sich dabei nicht um eine Phobie im klassischen Sinne, sondern eher um eine Zwangserkrankung. Sie weist Ähnlichkeiten mit der Eigengeruchshalluzinose auf. Es gibt jedoch nach ICD-10 keine exakte Klassifizierung der Halitophobie bzw. „Halitophobia“.
Abgrenzung: Halitosis, Pseudohalitosis, Halitophobie
Halitosis bezeichnet objektiv feststellbaren Mundgeruch. Die subjektive Wahrnehmung der Betroffenen kann dabei variieren: Manche Betroffene nehmen ihren eigenen Atemgeruch wahr, während andere das nicht tun.
Die Pseudohalitosis bezeichnet den rein subjektiv von den Betroffenen festgestellten Mundgeruch. Dabei nehmen sie ihren eigenen, eigentlich, objektiv nicht vorhandenen Mund- / Atemgeruch allerdings auch wirklich wahr. Sie bilden ihn sich zwar gewissermaßen ein, allerdings ist ihre Einbildung als solche für sie durchaus real.
Mit (ärztlicher) Aufklärung und vielen Bestätigungen von anderen Menschen lassen sich die Betroffenen überzeugen, dass sie keine Halitosis haben. Damit kann die Eigenwahrnehmung ebenfalls verschwinden.
Von Halitophobie ist dann die Rede, wenn die Betroffenen sich nicht überzeugen lassen und auch die Eigenwahrnehmung des Mundgeruchs nicht abnimmt. Stattdessen steigern sie sich mit ihrer Angst vor Mundgeruch mehr und mehr entgegen ärztlichem Befund und aller Argumentation in diesen Zwangsgedanken hinein. Es entsteht die Angst, mit dem eigenen Atemgeruch zu belästigen.
Symptome und Verlauf
Im Gegensatz zu Phobien im eigentlichen Sinne besteht die Halitophobia nicht in einem spezifischen angstbesetzten Objekt bzw. einer spezifischen angstbesetzten Situation, die Angstzustände bis hin zu Panikattacken auslösen kann. Stattdessen besteht die Angst davor, andere Menschen mit dem eigenen, imaginären Mundgeruch zu belästigen. Es handelt sich also mehr um eine soziale Angst.
Da die Betroffenen ihren zwar objektiv nicht vorhandenen Mundgeruch subjektiv dennoch als solchen wahrnehmen, fällt es ihnen schwer, diesen als bloße Fiktion zu verstehen. Zudem kreisen ihre Gedanken ständig um das Thema und um die Reaktion der Anderen. Sie beobachten ihre Mitmenschen sehr genau und interpretieren sämtliche Reaktionen sowie Gestik und Mimik als Indizien dafür, dass diese Menschen durch ihren Mundgeruch belästigt werden. Das kann mitunter regelrecht paranoide Züge annehmen. Völlig normale Gesten werden dabei von den Betroffenen als Reaktion auf ihren riechenden Atem / Mund / Rachen gedeutet. Die Belästigung durch den Mundgeruch wird geradezu zum Zentrum des ganzen Lebens. Entsprechend kann in einem fortgeschrittenen Stadium nahezu alles damit in Verbindung gebracht und als Bestätigung interpretiert werden. Selbst gegenteilige Beteuerungen von Anderen und sogar objektive ärztliche Untersuchungen werden verklärt. Die Betroffenen können dabei glauben, dass die anderen nur aus Höflichkeit ihren Mundgeruch leugnen, sie nicht verletzen wollen oder dass sie sich schlicht irren.
Das führt häufig zum Vermeiden von sozialen Situationen und zur totalen sozialen Isolation (siehe Vermeiden / Vermeidungsverhalten). Dies wiederum mündet oft in Depressionen und kann sogar bis zum Suizid führen.
Das relative Risiko der negative Beeinflussung des Soziallebens ist bei Betroffenen der Halitophobie, die eigentlich keinen Mundgeruch haben, doppelt so hoch wie bei Menschen, die tatsächlich Mundgeruch haben.
Ursachen von Halitophobie
Eine mögliche Ursache für die Halitophobie ist vergleichbar mit den Ursachen für Phobien generell. Stark negative oder traumatisierende Erlebnisse mit oder durch ein bestimmtes Objekt oder eine bestimmte Situation können im Gehirn eine Verknüpfung dieses Objektes oder der Situation mit einer Angstreaktion bewirken. Im Falle der Halitophobia kann es sein, dass ein Betroffener in der Vergangenheit tatsächlich einmal unter Mundgeruch gelitten hat und sogar negative Erfahrungen mit anderen Menschen in diesem Rahmen gemacht hat. Dabei kann das Gehirn sogar den von damals bekannten Geruch und Geschmack simulieren, sodass der Betroffene glaubt, wirklich Mundgeruch zu haben. Die Angst entwickelt sich zum Zwang und Wahn (vgl. Wahnvorstellung) und nimmt einen großen Teil der Gedanken ein. Das Phänomen ist allgemein auch als Olfaktorisches Referenzsyndrom bekannt.
Therapie und Heilung
Falls die Betroffenen mit ihrer Angst vor Mundgeruch durch ihre soziale Isolation bereits depressive Züge entwickelt haben (vgl. krankhafte Ängste), kann eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva hilfreich oder gar notwendig sein, auch wenn Psychopharmaka natürlich ihre Nebenwirkungen haben (siehe Psychopharmaka Nebenwirkungen; vgl. z.B. Mirtazapin Nebenwirkungen, Opipramol Nebenwirkungen, Venlafaxin Nebenwirkungen oder generell Nebenwirkungen von Antidepressiva).
Im Gegensatz zu den speziellen Phobien im Allgemeinen kann die Halitophobie nicht mit einer Konfrontationstherapie behandelt werden. Stattdessen bedarf es einer umfangreicheren Verhaltens- und Gesprächstherapie (siehe Verhaltenstherapien, Gesprächstherapien). Dabei lernt der Betroffene, dass er die Reaktionen von anderen Menschen systematisch falsch interpretiert und schließlich auch zu akzeptieren, dass er keinen Mundgeruch hat. Das kann jedoch ein langer Prozess sein, bei dem es fähige, professionelle Hilfe braucht, die über die nötige Empathie verfügt.
Krankhafte Angst vor Mundgeruch – Quellen und weiterführende Ressourcen:
- de.wikipedia.org/wiki/Halitophobie
- zm-online.de/hefte/Halitophobie-Angst-vor-dem-nicht-existenten-Geruch_34386.html#1
- flexikon.doccheck.com/de/Halitophobie
- tu-braunschweig.de/psychologie/psychotherapieambulanz/kds/ors