Höhenängste abtrainieren und besiegen
Jeder, der schon einmal in höherer Höhe eine echte Panikattacke mit plötzlichen Schweißausbrüchen, Herzrasen, Atemnot und Todesangst erlebt hat, weiß, was Höhenangst ist. Potenziell kann es jeden Menschen in jedem Lebensalter treffen. Der Fachbegriff für diese Angststörung ist Akrophobie. Doch auch die Begriffe Altophobie und Hypsophobie sind bekannt. Sie werden aber im Volksmund nicht verwendet.
Die Ursache der Höhenangst kann durchaus organisch begründet sein. Ob genetische Dispositionen für solche Erkrankungen bestehen, konnte bisher nicht geklärt werden. Die Verursachung von Höhenangst kann aber auch in anderen Auslösern liegen. Infrage kommen beispielsweise frühkindliche Traumata oder eine labile, zur Ängstlichkeit neigende Persönlichkeitsstruktur. Diese kann von den Eltern noch verstärkt werden.
Wer seine Höhenangst überwinden möchte, kann das durchaus im Selbsttraining leisten. Dabei helfen die bekannten Atem- und Entspannungstechniken (vgl. unsere Artikel zu Entspannungsübungen sowie Angstbewältigung). Es ist außerdem ratsam, sich für das Training eine Begleitung zu suchen, mit der der Betroffene sich sicher fühlt und der er vertrauen kann. Gegebenenfalls ist die Einnahme leichter Beruhigungsmittel hilfreich (siehe rezeptfreie Beruhigungsmittel). Maßnahmen der Selbsthilfe sind schon deswegen sinnvoll, weil die Wartelisten für die klinischen Konfrontationstherapien lang sind. Erfahrungsgemäß sind Wartezeiten von bis zu drei Jahren realistisch, weil nicht genug Therapieplätze zur Verfügung stehen.
Abzugrenzen ist die echte, irgendwann aus dem Ruder gelaufene Angst vor Höhen von einem plötzlichen Schwindel, der Menschen in höheren Höhen erfassen kann. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Höhenschwindel. Diesem liegt jedoch keine übersteigerte Angst vor Höhen zugrunde. Der Höhenschwindel ist vielmehr ein normales Phänomen, das jeden Menschen – unabhängig von Phobien und anderen Angsterkrankungen – betreffen kann. Einen Fachbegriff dafür gibt es nicht.
Höhenangst Ursachen
Eine Akrophobie ist eine aus dem Ruder gelaufene Angsterkrankung, die sich auf Höhen bezieht. Hohe Aussichtstürme, Hochhäuser oder steile Treppenaufgänge bedeuten trotz aller dramatisch wirkenden körperlichen Beschwerden wie Herzrasen, Atemnot, Schwindel und Panik keine reale Gefahr. Bei manchen Menschen ist die Höhenangst schon vorgeburtlich angelegt – zum Beispiel, weil die Mutter während der Schwangerschaft eigene Angstprobleme und Traumata auf das Ungeborene übertrug. Auch eine genetische Disposition für solche Störungen wäre denkbar. Sie konnte aber bislang nicht bewiesen werden. Eine Mutter, die eine Phobie hat, ist zudem nach der Geburt ein möglicher Auslöser, weil sie ihr Kind ihre eigene Angst vor bestimmten Dingen spüren lässt. Das Kind lernt also, dass einige Dinge gefährlicher sind als andere. Es verinnerlicht die Ängste der Mutter und erlebt diese in der Folge als eigene Angst.
Möglich ist aber auch ein Problem mit dem Gleichgewichtsorgan im Ohr. In diesem Fall kann der Betroffene die Höhenangst überwinden, indem er seinen Gleichgewichtssinn schon als Kind trainiert. Bei Kindern, die Ängste vor bestimmten Höhen zeigen, sollte auf jeden Fall eine Untersuchung des Innenohrs durchgeführt werden. Bei Erwachsenen können außerdem traumatische Erlebnisse wie der tödliche Absturz eines Freundes bei einer Bergwanderung gehören. Auch eine in der Gruppe erlebte Wanderung in ungewohnter Höhe, die einen Neuling gefühlt überfordert, kann eine akute Angstattacke auslösen.
Die Situationen, in denen sich Panikattacken einstellen, sind individuell so verschieden wie die möglichen Verursacher. Jeder Mensch, der an Höhenphobie leidet, hat eine individuelle „Angsthöhe“, ab der sich Panikattacken einstellen. Bei Menschen, die ihre Angsthöhe kennen, kann die Attacke erwartet werden. Für andere kann sie völlig überraschend kommen. Auch der Umstand, dass ein Mensch bis zu seinem vierzigsten oder fünfzigsten Lebensjahr noch nie einen Panikanfall erlebt hat, befreit ihn nicht von der Möglichkeit, dass sich unerwartet einer einstellt. Es genügt eine erhöhte Wetterfühligkeit in Verbindung mit stressbedingten Kreislaufproblemen, um plötzlich alle Beschwerden einer Höhenangst zu erleben.
Wie können Betroffene die Höhenangst besiegen?
Da die höhenbedingt auftretenden Symptome wie Herzbeschwerden, Schwindelgefühle, Schweißausbrüche, Kurzatmigkeit oder Furcht eine Angsterkrankung nahelegen, möchten die Betroffenen oft durch Meidungsverhalten die Höhenphobie bekämpfen. Sie meiden nach einer oder mehreren Angstattacken alle Aussichtstürme. Sie nutzen nur noch bestimmte Arten von Treppenhäusern, betreten nur bestimmte Balkone und besuchen keine Freunde, die in höheren Etagen von Hochhäusern leben. In der Folge kann auch ein Fahrstuhl zu Höhenproblemen führen, obwohl der Betroffene in der geschlossenen Kabine die erreichte Höhe gar nicht sehen kann. Spätestens beim Aussteigen manifestiert sich eine Angstattacke.
Um die Höhenangst besiegen zu können, ist allerdings die Vermeidung der Angstauslöser der falsche Weg (siehe unseren Artikel zum Thema Vermeidungsverhalten). Vielmehr ist es eine von einem geschulten Therapeuten begleitete Konfrontation mit Höhen, die letztlich zum Abflauen der Ängste führt. Im Grunde muss der Betroffene die ausgeuferte Angst aushalten lernen, um sie erfolgreich verkleinern zu können (siehe auch Ängste bekämpfen). Die aus überzogenen Befürchtungshaltungen entstandene Panik muss auf ein gesundes Maß zurückgeschrumpft werden. Zuvor sollten die Ursachen und Auslöser der Höhenangst ermittelt werden. Diese liegen meist in verdrängten Erlebnissen oder Ängsten in der Vorgeschichte. Zudem ist oft eine labile Persönlichkeitsstruktur gegeben. Weitere psychische Probleme können daher vorliegen. Ob diese behandlungsbedürftig sind oder nicht, hängt vom Einzelfall ab.
Die Dramatik der Symptome kann für den Betroffenen so gravierend sein, dass gegebenenfalls eine medikamentöse Behandlung eingeleitet werden sollte (vgl. medikamentöse Behandlung von Angststörungen). Solange die typischen Symptome der Höhenangst noch mehr Panik erzeugen, wirken sie im Rahmen einer Therapie kontraproduktiv. Sie lassen die Betroffenen denken, nicht Angst sei das eigentliche Problem, sondern eine unerkannte und schwere organische Erkrankung. In manchen Fällen macht ein Gleichgewichtstraining Sinn. Störungen am Gleichgewichtsorgan im Ohr können so gebessert werden. Damit können sich auch die Angstprobleme verringern lassen. Zusätzlich zum gezielten Höhentraining können dem Betroffenen Hilfestellungen wie Akupunktur, Hypnose bei Ängsten oder Homöopathie angeboten werden zum Bekämpfen der Akrophobie. Auch die sogenannte Klopftherapie hat manchem geholfen, wenn man den Berichten in Betroffenenforen glauben darf. Ein wichtiger Punkt ist allerdings die Bereitschaft des Höhenphobikers, seinem Angstproblem zu Leibe zu rücken. Der Betroffene muss aktiv an seiner Heilung mitarbeiten, sonst nützt jede Therapie nichts.
Manche Menschen können aus eigenem Antrieb ihre Höhenangst besiegen. In diesem Fall war diese nicht so lebenseinschränkend, dass eine Höhenangst Therapie notwendig gewesen wäre. Es soll allerdings auch vorkommen, dass übereifrige Mütter ihr ängstliches Kind jeden Aussichtsturm und jede Hochhaustreppe emporzwingen, derer sie habhaft werden. Damit verschlimmern sie das Problem aller Wahrscheinlichkeit nach. In diesem Fall wird später im Leben eine Höhenangst Therapie unerlässlich sein.
Höhenangst bekämpfen mit Maßnahmen der Selbsthilfe
Menschen, bei denen der Leidensdruck noch nicht so groß ist, können ihre Probleme mit Höhen im Alleingang abtrainieren. Selbsthilfemaßnahmen sind sinnvoll, wenn die Höhenangst als akutes Problem auftritt. Hat sie sich aber bereits im Kleinkindalter manifestiert und ist im Laufe des Lebens immer schlimmer geworden, ist therapeutische Hilfe anzuraten. Hier müssen neben einem therapeutisch begleiteten Verhaltenstraining (vgl. Verhaltenstherapie) oft auch tief eingefräste neuronale Spuren der Angst im Gehirn umgepolt werden. Die Therapie der Höhenangst wird in diesem Fall vermutlich längere Zeit in Anspruch nehmen.
Die Therapieansätze, die heute zur Verfügung stehen, können in Abwandlung auch im Rahmen von selbsttherapeutischen Maßnahmen verwendet werden. Zahlreiche Bücher oder Artikel im Internet beschreiben das Entstehen und die Verursachung von solchen Angststörungen. Niemand ist damit alleine. Außerdem hilft vielen das Wissen, dass jeder die Höhenangst überwinden kann. Es sollte also alles vermieden werden, was sie verschlimmert.
Schweißausbrüche, Panikgefühle und ein rasendes Herz fühlen sich zwar dramatisch an. Doch wenn der Betroffene weiß, dass die Beschwerden sich wieder legen, wenn er die richtigen Dinge tut, ist das vertrauensbildend. Wer regelmäßig mit einem Vertrauten trainieren geht, um seine Angst vor Höhe zu überwinden, wird mit der Zeit seine Angstgrenze nach oben verschieben können. Die Psychologie der Angst zu verstehen, ist hilfreich (siehe auch Angstsensitivität). Daher ist das Lesen von Büchern und Artikeln eine gute Selbsthilfe-Maßnahme. Zunächst muss der Betroffene seine Angst verstehen und erkennen, dass sie zu bewältigen ist. Niemand muss sich deswegen schämen. Es handelt sich lediglich um eine Störung der Wahrnehmung. Diese ist oft bei Menschen gegeben, der möglicherweise mit dieser Angsterkrankung verdrängte oder traumatische Erlebnisse kompensiert, die nicht verarbeitet wurden.
Manchmal hilft es, diese traumatischen Erlebnisse mit einem Therapeuten zu besprechen. Im Anschluss an eine Psychotherapie kann es eher gelingen, die Höhenangst bekämpfen zu wollen. So, wie sie sich ins Leben eingeschlichen hat, kann jeder die Angst auch wieder abtrainieren. Ängste haben einfach einen zu großen Raum im Bewusstsein erhalten und es sich darin bequem gemacht.
Therapieansätze, um eine Phobie zu behandeln
Die Psychologie verfügt über verschiedene therapeutische Ansätze, die auch bei einer Höhenangst zur Anwendung kommen können. Zu den erfolgreichsten Therapiekonzepten bei Höhenangst gehört die kognitive Verhaltenstherapie. Diese Therapieform ist bei Angststörungen besonders effektiv. Auch die Hypnotherapie kann Erfolge zeitigen (vgl. auch Selbsthypnose). Die Behandlung kann gegebenenfalls medikamentös unterstützt werden.
Hat sich die Angst bereits über Jahre im Patienten manifestiert, ist eine psychotherapeutische Behandlung in den allermeisten Fällen sinnvoll. Andernfalls ist es eher unwahrscheinlich, dass die Angsterkrankung wirklich bewältigt werden kann. Die Ängste haben eine Funktion für den Betroffenen. Sie entstehen unter konkreten Bedingungen und können durch konkrete Maßnahmen, die auf den Betroffenen abgestimmt werden, bewältigt werden.
Angstloser zu werden, kann jeder trainieren. Dabei ist klar, dass Angst an sich ein sinnvoller Alarmmechanismus im Körper ist. Eine gewisse Angst vor echten Gefahren ist also notwendig, um angemessen auf sie reagieren zu können. Was behandelt werden sollte, ist eine ausgeuferte, nicht mehr kontrollierbare Angst. Diese stellt sich auch in Situationen ein, die kein reales Gefahrenpotenzial haben, sondern nur gefühltes. Die Furcht beruht auf Fantasien und latenten Ängsten, die sich hier Bahn brechen.
Weisen Schwindelgefühle immer auf Höhenangst hin?
Schwindel kann einen überall treffen. Er kann zahlreiche Ursachen haben und muss nicht notwendigerweise auf eine Akrophobie oder akute Höhenangst hinweisen. Das gilt auch dann, wenn jemanden der Schwindel in einer Höhe erwischt, die für andere angstauslösend ist. Es kann sich bei der Schwindelproblematik um einen biologisch erklärbaren Entfernungsschwindel handeln, der durch
- aktuelle Wettereinflüsse
- akute Kreislaufprobleme
- die Folgen einer schlaflosen Nacht
- die Folgen von abendlichem Alkoholgenuss
- einen Lagerungsschwindel
- einen Morbus Meniere
- oder eine Entzündung des Gleichgewichtsnervs
verursacht wird. Viele weitere Ursachen sind denkbar. Manche davon sind unerklärlich – wie beispielsweise das sogenannte Klippenphänomen. Selbst kleine Kinder, die noch keinerlei traumatische Erfahrung mit schwindelnden Höhen oder Klippen haben, meiden diese instinktiv. Gegebenenfalls sollten die Betroffenen sich medizinisch untersuchen lassen, wenn der Schwindel mehr als einmal auftritt. Der sogenannte Höhenschwindel ist von einer Angsterkrankung abzugrenzen. Hier sind nicht Ängste der Auslöser einer Schwindelattacke, sondern es existieren nachvollziehbare biologische Grundlagen. Mediziner sprechen auch von einem sogenannten Entfernungsschwindel. Es handelt sich dabei im Grunde um eine Wahrnehmungsstörung.
Der Schwindel entsteht, wenn es zu einer gefühlten Instabilität der Körperhaltung kommt – beispielsweise wenn jemand sich über ein Brückengeländer in größerer Höhe lehnt. Die Wahrnehmung wird verzerrt, wenn die Entfernung, die zwischen den Augen und einem unter der Brücke erkennbaren Objekt liegt, zu groß ist. Anders formuliert: Je höher die Brücke ist, desto eher erleidet jemand eine Schwindelattacke, die höhenbedingt ist. Die Ursache liegt aber in der Höhe der Brücke sowie in der verzerrten Wahrnehmung eines entfernten Objekts – nicht etwa in einem gestörten Verhältnis zur Angst. Der plötzliche Schwindel ist daher nicht auf Höhenangst zurückzuführen. Jeder kann bei solchen Erlebnissen herausfinden, wie er den Schwindel in den Griff bekommt. Es genügt meist, ein paar Schritte zurückzutreten, sich aufzurichten und einen Punkt in der Ferne zu fixieren.
Höhenangst überwinden – Quellen und weiterführende Ressourcen:
- de.wikipedia.org/wiki/Akrophobie
- de.wikipedia.org/wiki/Schwindelfreiheit
- panikattacken-selbsthilfe.de/4-tipps-um-hoehenangst-zu-ueberwinden/
- angst-panik-hilfe.de/hoehenangst.html
- stern.de/noch-fragen/mit-welchen-methoden-kann-man-hoehenangst-besiegen-kann-man-die-uebungen-selbst-machen-oder-nur-mit-professioneller-hilfe-1000469991.html
- monikaalbicker.de/hoehenangst-abtrainieren/
- apotheken-umschau.de/Angst/Phobien-Therapie-78975_7.html
- neuro24.de/hoehenangst.htm
- palverlag.de/lebenshilfe-abc/hoehenangst.html
- trekkingguide.de/Gesundheit/hoehenangst.htm
- deutschesinstitutfuerangstueberwindung.de/%E2%80%A2-hohenangst