Was Angst durch Mobbing am Arbeitsplatz mit uns macht, und was wir tun sollten…
Mobbing ist ein Phänomen, das in Deutschland in den letzten Jahren stetig zugenommen hat. In einer Studie des „Bündnisses gegen Cybermobbing“ gab jeder dritte Erwachsene an, in seinem Leben – online oder offline – bereits davon betroffen gewesen zu sein. Am häufigsten geschieht dies der Statistik nach am Arbeitsplatz (Vgl. F.A.Z. 2018).
Eine Mobbing Definition ist nicht ganz simpel, denn: Das Mobben kann verschiedenste Formen annehmen. Die Definition reicht vom Ausgrenzen durch Kollegen oder gehässige Kommentare hinter dem Rücken von jemandem bis hin zu systematischen Benachteiligungen und einem regelrechten „Herausekeln“ durch den Chef. Die körperlichen und psychischen Schäden können verheerend sein:
- Stress,
- Versagensgefühle,
- Angst vor der Arbeit,
- lange Krankschreibungen,
- psychosomatische Beschwerden.
- …
Laut Arbeitsrecht ist es möglich, als Arbeitnehmer rechtliche Schritte einzuleiten, um sich gegen das Mobbing zu wehren. Oft sind derartige Situationen jedoch verstrickt, weswegen es für Betroffene umso schwerer sein kann, einen Ausweg zu finden. In vielen Fällen hilft nur ein Arbeitsplatzwechsel (Vgl. Schwickerath 2016).
Definition: Was ist Mobbing?
Dass es an einem Arbeitsplatz, an dem viele Menschen zusammenkommen und – oft unter Zeit- und Leistungsdruck – zusammenarbeiten, bisweilen zu Konflikten kommen kann, ist ganz natürlich. Nicht jede Streiterei ist gleich ein straffälliger Mobbing-Vorfall. Was ist Mobbing genau? Wo setzt man die Grenze zwischen Mobben und einfach einer unfreundlichen oder ruppigen Attitüde?
Auch im Tierreich kommt es vor, dass einzelne Mitglieder eines Rudels systematisch ausgegrenzt werden. Meist handelt es sich um Tiere, die im Kampf um bestimmte Positionen innerhalb des Rudels verstoßen oder gar getötet werden. So grausam es klingen mag, es steckt ein evolutionsbiologischer Sinn dahinter: Die Gemeinschaft bleibt so langfristig geschlossener und leistungsfähiger, was ihr einen Überlebensvorteil verschafft (Vgl. Komenda 2018).
Im Gegensatz dazu nimmt das Mobbing in unserer digitalisierten Lebenswelt oft deutlich subtilere Formen an, die nicht immer sofort erkennbar sind. „Cybermobbing“ – das systematische Herabwürdigen einzelner in den sozialen Medien, ist zum Beispiel ein Problem in der Schule geworden, das nicht immer zweifelsfrei zurückverfolgt werden kann. Teilweise beginnt das Mobbing schon im Kindergarten, wo sich Cliquen bilden, die einzelne Gruppenmitglieder ausschließen. Die weniger körperlich-handgreifliche Erniedrigung hat nicht weniger tiefgreifende Folgen für Betroffene. Kinder entwickeln dadurch eine regelrechte Angst vor der Schule, bekommen schlechtere Noten und sind anfälliger für Depressionen und Angsterkrankungen.
Was ist Mobbing also genau? Schauen wir uns zur Begriffsklärung die Etymologie des Wortes an. Der Begriff „Mob“ stammt ursprünglich aus dem angelsächsischen Raum und bezeichnet eine aufgebrachte Menschenmenge. Beim Mobbing geht es per Definition also darum, dass ein Einzelner systematisch von einem „Mobber“ schikaniert wird, der eine Gruppe von Mitläufern dazu instrumentalisiert, sich gegen das Opfer zu stellen (Vgl. Komeda 2018). Mobbing bedeutet nicht unbedingt, dass jemand beleidigt wird, sondern kann vielmehr aus verschiedenen verletzenden Handlungen bestehen:
- Neben offensichtlichen Drohungen und Aggressionsäußerungen wie Kritisieren oder Demütigen kann es auch bedeuten, hinter dem Rücken schlecht über jemanden zu reden, ihn lächerlich zu machen oder zu lästern.
- Dazu gehört auch die soziale Isolierung eines Kollegen am Arbeitsplatz, indem man nicht mit dieser Person, sondern vielmehr über sie spricht.
- Auch das institutionelle und unverhältnismäßige Ausschließen von Aufgaben oder Entscheidungskompetenzen durch den Chef wird zu den Beispielen gezählt (Vgl. Schwickerath 2016).
Was ist Mobbing – Definition in der Wiki (Screenshot de.wikipedia.org/wiki/Mobbing#Definition 27.04.2020)Um am Arbeitsplatz zwischen einem normalen Konflikt, der langfristig auch zu Weiterentwicklung führen kann, und persönlich verletzendem Mobbing zu differenzieren, spielt auch der Zeitraum eine wichtige Rolle. Das Mobbing am Arbeitsplatz findet über eine längere Zeit hinweg statt, wobei sich eine charakteristische Dynamik von Täter und Opfer entwickelt. Eine einzelne Beleidigung am Arbeitsplatz durch Kollegen oder den Chef ist einfach eine Dreistheit. Geschieht die Beleidigung über einen langen Zeitraum hinweg, ist sie zermürbend und macht auf Dauer krank (Vgl. Leymann 2013).
Die Dynamik von Mobbing am Arbeitsplatz
Mobbing, im Englischen auch „Bullying“, kann situationsspezifisch äußerst verschiedene Verläufe annehmen und Ursachen haben. Häufig entwickelt sich eine Gruppendynamik aus den drei Rollen Täter, Opfer und Retter.
- Der Täter ist eine Person, die oftmals aus einer eigenen Selbstunsicherheit heraus agiert und Züge einer narzisstischen Persönlichkeit besitzen kann. Er findet teilweise mit erschreckender Zielstrebigkeit
- ein Opfer zum Mobben, das vermeintlich „leichte Beute“ darstellt. Dabei handelt es sich vermehrt um introvertierte Persönlichkeiten, die wenig konfliktfähig und besonders vulnerabel sind, vielleicht auch von vornherein eine Außenseiterrolle innehatten.
- Der Retter ist eine andere Person aus dem Team, der dem Schikanierten zu Hilfe eilt. Dabei ist er jedoch selbst in die Gruppendynamik verstrickt und besitzt teilweise eigene, verdeckt egoistische Motive. Der Retter möchte sich zum Beispiel selbst profilieren oder eigene Unsicherheiten verstecken. Langfristig tut er dem Opfer keinen Gefallen. Dadurch, dass er zu Hilfe eilt, wird vermieden, dass der Gemobbte selbst erstarken und sich zur Wehr setzen kann. Stattdessen kann sich eine Abhängigkeit zum Retter entwickeln, durch die das Mobbing-Opfer langfristig noch mehr geschwächt wird. Diese Dynamik kann sich mit wechselnden Rollen wiederholen. Wenn die Personen gleichberechtigt sind, also am Arbeitsplatz auf der gleichen Hierarchieebene, kann das erstarkte Opfer irgendwann zum Täter und der Mobbende zum Gemobbten werden (Vgl. Komenda 2018).
Mobbing-Opfer: Typische Charakteristiken
Zuerst ist es wichtig zu verstehen, dass Mobbing grundsätzlich jeden treffen kann. Am Arbeitsplatz ausgegrenzt oder schikaniert zu werden, trifft nicht nur Mitarbeiter mit mangelndem Selbstbewusstsein (vgl. mangelndes Selbstbewusstsein). Dennoch gibt es einige Merkmale, die positiv mit dem Risiko, am Arbeitsplatz gemobbt zu werden, korrelieren.
Was ist Mobbing? Am Arbeitsplatz unterscheidet man zwischen zwei Formen. Im ersten Fall wird eine Person von Kollegen oder durch den Chef aufgrund persönlicher Merkmale schikaniert, die nichts mit ihrer Arbeitsleistung zu tun haben. Im zweiten Fall stellt das Mobbing eine Art fragwürdiger Konfliktlösestrategie dar, weil Streitigkeiten in Ermangelung sozialer Kompetenzen scheinbar anders nicht bearbeitet werden können.
▼ Mobben als Diskriminierung
Oft trifft es Menschen, die vorher bereits aufgrund ihres ethnischen Hintergrundes, ihrer Religionszugehörigkeit, ihrer Alters, Geschlechts oder anderer äußerer oder innerer Merkmale stigmatisiert wurden. Die Betroffenen weichen meist in irgendeiner Art von der Norm ab, zum Beispiel als Frau in klassischen Männerberufen oder durch äußere Auffälligkeiten wie besonders groß, klein, dick oder dünn zu sein. Auch einige Persönlichkeitsmerkmale erhöhen die Gefahr, ausgegrenzt zu werden. Das sind beispielsweise eine niedrige Leistungsbereitschaft und fehlende Kompetenz, Nervosität, Unkonzentriertheit und Selbstunsicherheit oder aber im Gegenteil dazu Überaktivität, Übereifer, Arroganz oder Überheblichkeit. Oft betrifft es Kolleg*innen, die Probleme damit haben, sich sozial anzupassen, weil sie zum Beispiel schüchtern sind, eine Soziophobie oder Männerphobie haben oder an gemeinsamen Aktivitäten nicht teilnehmen wollen oder können (Vgl. Zuschlag 2010). Auch Erwartungsängste und eine reduzierte Distanzierungsfähigkeit können eine Rolle spielen. Diesen Menschen fällt es oft schwer, sich nach der Arbeit psychisch zu erholen. Sie nehmen ihre Arbeit übermäßig ernst und verausgaben sich zu sehr (Vgl. Schwickerath 2016).
▼ Mobbing am Arbeitsplatz als Konfliktlösestrategie
Teilweise geschieht es in Unternehmen, dass spätere Mobbingopfer tatsächlich Probleme in Arbeitsabläufen verursachen. Durch fehlende Teamkompetenz können die Ursachen nicht geklärt oder gelöst werden. Vor allem in sozialen Berufen neigen Menschen vermehrt dazu, Probleme „unter den Tisch zu kehren“, um die Harmonie im Team nicht zu gefährden. Langfristig passiert jedoch genau das Gegenteil: Die Konflikte gären regelrecht unter der Oberfläche und bahnen sich ihren Weg in subtileren, oft noch verletzenderen Ausdrucksformen. In Arbeitsumfeldern, in denen ein empathisches und kommunikatives Miteinander herrscht, kommt es daher deutlich seltener zu Mobbingsituationen. Arbeitsplätze, an denen Profitsucht, Leistungsdruck, strenge Hierarchien und über- oder unterfordernde Tätigkeiten auf dem Plan stehen, begünstigen die fehlende Konfliktbereitschaft, die zu Mobbing führen kann (Vgl. Zuschlag 2010).
Der Täter: Warum jemand zum Mobber wird
Genau wie Mobbing-Situationen sich sehr unterscheiden, können auch diverse Gründe dazu führen, dass jemand zum Täter wird. Findet die Schikane durch den Chef statt, stehen teilweise eigene Versagensängste und Unsicherheiten dahinter: Der Vorgesetzte weiß sich in überlastenden Situationen nicht anders zu helfen und versucht so, die Mitarbeiter gefügig zu machen. Manchmal weisen mobbende Vorgesetzte auch Merkmale einer narzisstischen Persönlichkeit auf: Sie haben Freude daran, ihre Macht durchzusetzen, wollen sich wichtig fühlen und haben insgeheim jedoch ein niedriges Selbstwertgefühl. Unter Kollegen kommt Mobbing häufiger in Unternehmen vor, in denen Konkurrenzkämpfe stattfinden und man versucht, sich gegenseitig „auszustechen“, um sich dadurch zu profilieren oder eigene Defizite zu kompensieren. Neid kann eine Rolle spielen („der Liebling vom Chef“), genauso wie persönliche Diskriminierungen (Rassismus, Sexismus, Ableismus) (Vgl. Zuschlag 2010).
Folgen von Mobbing am Arbeitsplatz
Mobbing ist nichts, was auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Für viele Menschen, die davon betroffen sind oder waren, ist es eine tiefgreifend verstörende Krisenerfahrung. Ständige Anfeindungen führen dazu, dass sie immer die Angst zu versagen haben, innerlich geduckt durch den Tag gehen und versuchen, immer für potenzielle Angriffe gewappnet zu sein. Unter diesen Umständen ist es beinahe unmöglich, motiviert und konzentriert zu bleiben. Die Arbeitskraft leidet akut darunter, langfristig die gesamte Karriere. Ständige Anspannung kann zu einer Vielzahl an stressbedingten psychosomatischen Beschwerden und vermehrten Krankschreibungen führen. Zudem gibt es eine Vielzahl möglicher ernsthafter psychischer Begleiterscheinungen. Einige Beispiele werden nachfolgend aufgezählt (Vgl. Focus 2007):
- Schlafstörungen
- Depressionen
- Essstörungen
- Identitätskrisen
- Minderwertigkeitsgefühle
- Erschöpfung (vgl. Erschöpfungszustände vs. Chronic Fatigue Syndrome)
- Versagensängste und Angst vor der Arbeit
- Angst-Attacken und ständige Nervosität
Viele Mobbingopfer haben oft noch lange nach dem Vorfall mit mangelndem Selbstbewusstsein zu kämpfen. Der Vorfall beeinträchtigt sie nachhaltig in ihrem Wohlbefinden, ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit. Oft erkranken sie an diversen Beschwerden, die zu Krankschreibungen über sechs Wochen und länger führen. Irgendwann fehlt der Lebensmut, die Belastung führt zu vermehrtem Grübeln und sozialer Isolation, teilweise sogar in den Suizid.
Einer Statistik zufolge kann man davon ausgehen, dass 10-20% der Suizide in Deutschland im Zusammenhang mit Mobbingerfahrungen stehen. Finden diese Erfahrungen am Arbeitsplatz statt, kommen häufig existenzielle und finanzielle Ängste dazu, die die Symptomatik zusätzlich verstärken (Vgl. Schwickerath 2016).
► Was können Betroffene tun?
Häufig vergeht einige Zeit, bis Betroffene sehen: „Ich werde gemobbt.“ Wenn sie dann nicht in die Situation eingreifen, wird es langfristig eher schlechter als besser. Glücklicherweise gibt es einiges, was Betroffene tun können, um sich der Belastung nicht passiv aussetzen zu müssen.
►► Erkennen und ernstnehmen
Der erste Schritt ist es, zu erkennen, dass tatsächlich eine Mobbingsituation stattfindet. Betroffene neigen manchmal dazu, aus Scham die Verletzungen herunterzuspielen. Oft beginnt so ein Verhalten auch eher schleichend – mit einem unterschwelligen unguten Gefühl, mit feindseligen E-Mails oder indem man von Kollegen gemieden wird. Leider werden häufiger Personen zu Mobbingopfern, die ohnehin ein niedriges Selbstwertgefühl besitzen oder in der Vergangenheit schlecht behandelt worden sind. Umso schwieriger ist es, zu erkennen, dass einem Unrecht getan wird und für sich einzustehen (Vgl. Komeda 2018).
►► Deeskalieren
Wenn die Situation erkannt ist, gilt es, so zeitnah wie möglich ein Gespräch zu suchen. Dies hilft insbesondere dann, wenn unterschwellige Konflikte der Grund sind, die bisher offen nicht geklärt werden konnten. Streitigkeiten direkt anzusprechen, beweist nicht nur innere Stärke: Nur so können sie langfristig auch aus der Welt geschafft werden (Vgl. Komeda 2018).
Der Leitsatz „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ hingegen ist absolut nicht hilfreich und führt eher dazu, dass ein Konflikt erst recht eskaliert. Wer versucht, den Spieß umzudrehen und selbst wiederum den Täter zu mobben, der steigt auf ein Spiel ein, dass von vornherein keine Chancen hatte, zu einer produktiven Lösung zu führen. Stattdessen gilt es, die eigene Stärke zu erkennen und zu lernen, sich auf einer professionellen Ebene durchzusetzen. Falls die Situation sich nicht klären lässt: Hilfe suchen und sich stark machen (Vgl. Komeda 2018).
►► Unterstützung finden
Wer gemobbt wird, sollte möglichst davon absehen, Hilfe im eigenen Team zu suchen, da die Kollegen meist in den Konflikt verstrickt sind und es zu zusätzlichen Problemen führen kann. Oft schämen sich Mobbingopfer dafür, dass sie von ihren Kolleg*innen schikaniert werden und haben Hemmungen, offen zu sagen:
„Ich werde gemobbt.“
Diese Scham ist jedoch unnötig und führt eher in eine ungesunde Abwärtsspirale. Besonnen zu handeln und die Vorfälle offen und transparent anzugehen, macht sie stattdessen besprechbar und lösbar. Wenn das Stadium überschritten ist, in dem das unter viel Augen möglich ist, dann ist es dennoch wichtig, damit nicht allein zu bleiben und den Konflikt mit dem nächsten Vorgesetzten oder im Betriebsrat anzusprechen. Ist die Situation schon zu weit fortgeschritten oder der Chef gar in die Situation verwickelt, kann eine Mediation im Team helfen (Vgl. Komeda 2018).
Oft ist auch Unterstützung durch einen Coach oder Therapeuten angebracht. Damit sollte man nicht warten, bis schwerwiegende psychische Symptome auftreten. Durch die professionelle Hilfe lernt man, die eigenen Stärken zu erkennen und sich dem belastenden Konflikt mutiger zu stellen.
Zudem gibt es außerhalb der Arbeit Strategien, die einen resilienter und stärker machen, sodass es besser verkraftet wird, gemobbt zu werden. Da die Arbeit im Leben der meisten Menschen einen so großen Stellenwert einnimmt, scheint es bisweilen kaum aushaltbar, wenn dort die Belastung so groß ist. Umso wichtiger ist es dann, sich auf die anderen, angenehmen Lebensbereiche zu besinnen, Zuhause und in der Familie die Batterien wieder aufzuladen und sich so von innen heraus zu stärken. Ein Hobby oder ein kreativer Ausgleich hilft dabei, sich zu entspannen. Mit Konflikten ist es leichter zu leben, wenn man sich gut um sich selbst und seine Gesundheit kümmert. Auch wenn man eher dazu neigt, sich bei Problemen sozial zu isolieren, ist es gerade dann wichtig, sich mit Freunden zu treffen und Möglichkeiten zu finden, die Probleme der Arbeit für eine Zeit zu vergessen. Wenn der Druck zu groß und die Probleme nicht gelöst werden können, lässt man sich notfalls vom Arzt krankschreiben, um einen klaren Kopf zu bewahren (Vgl. MacPherson 2018).
►► Rechtliche Schritte einleiten
Mobbing ist ein ernstzunehmender Eingriff in die persönliche Integrität und daher nicht umsonst strafbar. Ein Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, seine Mitarbeiter vor derartigen Belastungen zu schützen. Daher ist es auch möglich, wenn man gemobbt wird, rechtliche Schritte einzuleiten und beispielsweise Schadensgeld zu verlangen. Wichtig ist dabei: Nicht ein einzelner Verstoß, sondern die Zusammenkunft vieler verletzender Situationen führt der Definition nach zu Mobbing. Daher ist der Gemobbte in der Beweispflicht darüber, dass ein systematisches negatives Verhalten stattgefunden hat. Um klare Aussagen darüber machen kann, rät es sich an, ein Mobbingtagebuch zu führen. Dort hält man fest, was genau vorgefallen ist, zusammen mit Zeit, Ort und möglichen Zeugen (Vgl. Klingelhöfer 2016).
Natürlich kann der Zeitpunkt kommen, an dem einfach alles zu viel ist. In diesem Fall ist es wichtig, die eigenen Belastungsgrenzen zu respektieren. Auch wenn es sich anfühlen könnte, als würde man den Täter „gewinnen“ lassen, wenn man den Arbeitsplatz wechselt oder um eine Versetzung bittet – niemand muss eine solch belastende Situation aushalten, bis er zerbricht. Mobbing kann zu Verletzungen führen, die das Leben noch lange danach beeinträchtigen. In so einer Situation erhobenen Hauptes zu gehen, wenn sich keine Lösung finden lässt, stellt keine Niederlage dar. Vielmehr zeigt es, dass man in der Lage ist, die eigenen Grenzen zu spüren und aktiv dafür einzustehen, dass sie respektiert werden.
Fazit: Im Mobbing die Chance sehen
Mobbing oder Bullying ist ein belastender Eingriff in die persönliche Integrität, der jeden Treffen kann – privat, am Arbeitsplatz, als Cybermobbing im Internet oder in der Schule. Es fällt oft schwer, zu erkennen und sich einzugestehen: „Ich werden gemobbt“. Dennoch ist es wichtig, die eigenen Gefühle dann ernstzunehmen und zu verstehen, dass Mobbing laut Arbeitsrecht strafbar ist. Man muss sich solch einer Situation nicht passiv ausliefern, sondern kann sich selbst stärken, im Betriebsrat oder bei Vorgesetzten Hilfe suchen und das Gespräch suchen. Wie aus jeder Krise kann man auch aus solch einer erstarkt hervorgehen und darin die Chance sehen. Sie bietet die Möglichkeit, das eigene Verhalten in Gruppenprozessen und Konflikten zu reflektieren und zu lernen, sich zukünftig nichts mehr gefallen zu lassen. Oft ist das allein möglich, aber schwer: Hier lohnt es, beispielsweise im Rahmen einer Gruppenpsychotherapie oder Einzeltherapie die soziale Angst zu verstehen und behandeln. Auch wenn es schmerzhaft und aufreibend ist: Mobbing kann eine Möglichkeit sein, endlich in die eigene Weiterentwicklung zu investieren und über sich hinauszuwachsen.
Quellen und weiterführende Ressourcen:
F.A.Z.: Jeder dritte deutsche Erwachsene wird gemobbt. Artikel vom 21.09.2018. Online verfügbar: faz.net/aktuell/gesellschaft/studie-jeder-dritte-deutsche-erwachsene-wird-gemobbt-15797118.html.
Focus Online: Mobbing: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt. Artikel vom 13.01.2007. Online verfügbar: focus.de/finanzen/karriere/berufsleben/mobbing/mobbing/mobbing_aid_6032.html.
Klingelhöfer, Tobias: Wichtige Urteile für Arbeitnehmer und Schüler. Artikel vom 08.11.2016. Online verfügbar: focus.de/finanzen/experten/tobias_klingelhoefer/mobbing-wichte-urteile-fuer-arbeitnehmer-und-schueler_id_6174899.html.
Komenda, Ingo: Tipps vom Psychologen. Was Mobbing-Opfer tun können. Artikel vom 25.06.2018. Online verfügbar: focus.de/gesundheit/experten/mobbing-am-arbeitsplatz-tipps-fuer-betroffene_id_9155503.html.
Leymann, Heinz: Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann. Reinbeck: Rowohlt 2013.
MacPherson, Sandra: Mobbing am Arbeitsplatz. Das können Sie tun. Artikel vom 10.09.2018. Online verfügbar: praxistipps.focus.de/mobbing-am-arbeitsplatz-das-koennen-sie-tun_52445.
Schwickerath, Josef: Mobbing am Arbeitsplatz. In: PiD – Psychotherapie im Dialog. Stuttgart, New York: Thieme 2016.
Zuschlag, Berndt: Mobbing – Schikane am Arbeitsplatz. Göttingen: Hogrefe 2010.