Unterschiedliche „Arten“ von Psychotherapeuten?!
Die meisten Menschen, die noch nie eine Psychotherapie erlebt haben, kennen sich mit den begrifflichen Feinheiten und den verschiedenen therapeutischen Konzepten dieses Berufsfeldes nicht aus. Sie unterscheiden bestenfalls zwischen einem Psychotherapeuten und einem Psychiater. Oftmals wird zusammenfassend von „Psychologen“ gesprochen. Manche Menschen kennen noch die Heilpraktikerin, die eine psychologische Zusatzausbildung abgeschlossen hat. Zu den speziellen Richtungen der Psychotherapie wissen oft nur vorgebildete Menschen etwas mehr zu sagen.
Wer eine Psychotherapie in Anspruch nehmen möchte oder muss, sollte sich zumindest mit den vier therapeutischen Richtungen auskennen, die die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) als wissenschaftlich anerkannt ansehen. Denn nur für diese Therapien werden die Kosten von der GKV übernommen. Ob die Privaten Krankenversicherungen (PKV) weitere Therapieformen oder eine Therapie bei einer psychologisch geschulten Heilpraktikerin finanzieren, muss im Einzelfall erfragt werden.
So oder so müssen die sich Bedürftigen heute auf lange Wartezeiten einrichten, bis sich eine psychologische Psychotherapeutin ihres Problems annimmt. Das kann im Einzelfall zu Problemen führen. Gegebenenfalls muss im Fall psychischer Krisen ein sozialpsychiatrischer Notdienst einspringen.
Was unterscheidet Psychotherapeuten, Psychiater und Psychologen?
Medizinisch oder psychologisch nicht vorgebildeten Menschen ist schon der Unterschied zwischen einem Psychotherapeuten, einem Psychologen und einem Psychiater oft nicht bewusst. Es gibt zwar eine Gemeinsamkeit im Berufsfeld. Bedeutend sind aber die Unterschiede. Diese betreffen sowohl die Ausbildungsanforderungen, als auch die Ausbildungsdauer und das anschließende Tätigkeitsfeld. Auch die Honorare werden anders erwirtschaftet.
- Als Psychotherapeut dürfen sich nur Psychologen oder Ärzte mit einer entsprechenden Approbation bezeichnen. In diesem Fall dürfen diese Personen eine Psychotherapie gemäß des Psychotherapeutengesetzes und konform mit den Richtlinien der Psychotherapie ausüben. Sie dürfen beispielsweise psychische Störungen diagnostizieren und behandeln, wenn diese einen Krankheitswert haben. Sie sind jedoch verpflichtet, eine der wissenschaftlich anerkannten Methoden der Psychotherapie zu nutzen. Psychotherapeuten berechnen ihre Honorare nach der Länge der Gesprächszeit.
- Ein Psychiater ist hingegen als „Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie“ korrekt bezeichnet. Seit 1994 umfasst die Facharzt-Ausbildung für Psychiater auch die mögliche Durchführung einer Psychotherapie. Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie sind nicht identisch mit zwei anderen Fachärzten, die im selben Berufsfeld arbeiten: dem „Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie“, sowie dem „Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie“.
- Als Psychologen sind Personen anzusehen, die ihr Psychologie-Studium mit einem Master- oder Diplomabschluss beendet haben. Nur solche Menschen dürfen sich als Berufsbezeichnung „Psychologe“ nennen. Es handelt sich um eine rechtlich geschützte Berufsbezeichnung. Psychisch kranke Patienten dürfen Psychologen weder einer Diagnostik zuführen, noch dürfen sie diese ohne eine nachgewiesene Zusatzausbildung zum Psychotherapeuten behandeln. Psychologen arbeiten in unterschiedlichen Berufsfeldern. Interessierte finden solche Menschen vor allem bei Beratungsstellen wie Pro Familia, außerdem im Personalbereich, in der freien Wirtschaft, im Bildungsbereich oder in der Forschung angestellt.
Ein wesentlicher Unterschied sei hier noch vermerkt. Ein „Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie“ bzw. Psychiater muss nur ein sechsjähriges Medizinstudium absolvieren. Er darf schon während der universitären Facharzt-Ausbildung gegen Honorar praktizieren. Das Psychologiestudium berechtigt hingegen nicht ohne einen weiteren qualifizierenden Abschluss zur Ausübung der Heilkunde. Wenn ein psychologischer Psychotherapeut nach neun bis 12 Jahren endlich seine Approbation in Händen hält, hat er die meisten seiner vorgeschriebenen Praxisstunden in Kliniken oder Einrichtungen ohne ein Honorar absolviert.
Während ihrer bis zu 12 Jahre dauernden Ausbildung müssen psychologische Psychotherapeutinnen und ihre männlichen Kollegen zudem die hohen Ausbildungskosten von 20.000 bis 40.000 Euro aus eigener Tasche finanzieren. Mittlerweile wurden mehrere Kliniken von deutschen Gerichten dazu verurteilt, diese ausbeuterische Praxis zu ändern. Die vorgeschriebenen Praxis-Stunden von psychologischen Psychotherapeuten müssen zukünftig bezahlt werden.
Was ist ein psychologischer Psychotherapeut?
In Deutschland stellen die etwa 28.000 niedergelassenen Psychologischen Psychotherapeuten ungefähr die Hälfte aller Anbieter dar, bei denen jemand eine Psychotherapie absolvieren kann. Eine psychologische Psychotherapeutin und ihre männlichen Kollegen haben kein Medizinstudium abgeschlossen. Sie sind demnach auch keine Fachärzte, sondern Psychotherapeuten. Psychologische Psychotherapeutinnen und ihre männlichen Kollegen unterliegen dem Psychotherapeutengesetz sowie den Heilberufsgesetzen ihres jeweiligen Bundeslandes.
Um sich als Psychologischer Psychotherapeut niederzulassen, muss ein mindestens zehn Semester umfassendes Hochschulstudium der Psychologie absolviert werden. Voraussetzung für diese Berufsbezeichnung ist entweder ein Diplom, oder ein „Master of Science“. Außerdem muss ein Psychologischer Psychotherapeut eine Abschlussprüfung in Klinischer Psychologie vorweisen können. Insgesamt wird die Ausbildungsdauer auf etwa acht Jahre angelegt. Vielfach erreichen die Psychologischen Psychotherapeuten aber erst nach 12 Jahren die Approbation. Ein Grund sind die vielen Praxisstunden, die zum Abschluss des Studiums nachgewiesen werden müssen. Ein anderer Grund für die Länge des Studiums ist oft die Notwendigkeit, zwischendurch irgendwo Geld zu verdienen. Oft werden während des Studiums auch Familien gegründet.
Alternativ kann nach einem Studium der Psychologie eine mindestens drei bis fünf Jahre dauernde berufliche Weiterbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten erfolgen. Diese ist als dreijährige Ausbildung als Vollzeitausbildung machbar. Die fünfjährige Ausbildung bzw. Fortbildung wird als berufsbegleitende Ausbildung absolviert. Dabei sind jedoch nur bestimmte psychotherapeutische Verfahren als wissenschaftlich nachweisbar hilfreich zugelassen, nämlich
- die Psychoanalyse bzw. die analytische Psychotherapie
- die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
- die Verhaltenstherapie
- sowie die systemische Therapie.
Nur diese vier Therapieformen sind von der GKV anerkannt. Daher werden auch nur für diese vier Therapierichtungen die Kosten übernommen. Die PKV übernimmt unter bestimmten Bedingungen – oder laut ihrer Vertragsbedingungen bei höheren Tarifen – auch andere Therapien. Da aber jede PKV diesbezüglich ihre eigenen Regularien hat, muss der Patient wegen der Kostenübernahme nachfragen oder vor der Therapieaufnahme einen entsprechenden Antrag stellen.
Wer sich als psychologischer Psychotherapeut betätigen möchte, muss laut Psychotherapeutengesetz schon während der Ausbildung Nachweise über folgende Ausbildungsinhalte sammeln:
- 600 Behandlungsstunden als Bestandteil der praktischen Ausbildung
- darunter mindestens sechs Behandlungen eines Patienten, die 150 Supervisionsstunden beinhalten
- mindestens 600 Stunden Theorie-Studium
- insgesamt 1.800 Stunden Praxis, von denen 1.200 an klinischen psychiatrischen Einrichtungen abgeleistet werden müssen
- sowie weitere 600 Stunden, die in einer anerkannten psychosomatischen oder psychotherapeutischen Einrichtung abgeleistet werden.
Die Ausbildung einer psychologischen Psychotherapeutin ist also sehr praxisbezogen. Ein Studium allein befähigt einen psychologischen Psychotherapeuten noch lange nicht dazu, Patienten mit psychischen Störungen selbst zu behandeln. Er benötigt angesichts der Vielzahl möglicher Störungen und Krankheitsbilder eine Menge Erfahrungen und angewandtes Wissen, um in seinem Berufsfeld gut zu sein!
Die richtige Art von Psychotherapeut finden: Unterschiede verstehen
Welche Störungen darf eine psychologische Psychotherapeutin behandeln?
Psychologische Psychotherapeuten dürfen Kinder und Jugendliche sowie erwachsene Patienten mit psychischen Störungen und Erkrankungen therapieren. Die Behandlung von psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen ist jedoch nur eingeschränkt möglich. Sie wird nur unter bestimmten Bedingungen gestattet. Der Grund: Es gibt mittlerweile in allen größeren Städten spezialisierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.
Diese sind für sämtliche Therapien mit Kindern und Jugendlichen zuständig. Die jungen Menschen sind bis zu einem Alter von 21 Jahren ihre Patienten. Menschen in höheren Altersstufen müssen daher immer an einen psychologischen Psychotherapeuten verwiesen werden. Eine psychologische Psychotherapeutin befasst sich zum Beispiel mit folgenden Störungen / Themen:
- mit Depressionen verschiedener Schweregrade
- mit dem chronischen Erschöpfungssyndrom
- mit selbstverletzendem Verhalten
- teilweise auch mit gestörtem Essverhalten
- mit einer Desensibilisierung bei Ängsten
- mit verschiedenen Affektstörungen
- mit kombinierten Persönlichkeitsstörungen gemäß ICD F61
- mit paranoiden Persönlichkeitsstörungen
- einer Monophobie
- mit einer Methatesiophobie
- mit der Angst vorm Telefonieren
- mit der Angst Gefühle zuzulassen
- mit Beziehungsängsten
- mit der Angst vor Vögeln
- mit der Dentophobie
- mit der Angst vor Katzen
- mit der Androphobie
- mit der Logophobie
- oder einer Autophobie.
Im Gegensatz zu einem Facharzt für Psychiatrie darf eine Psychologische Psychotherapeutin keine Arznei- und Heilmittel verordnen. Sie darf keinen ihrer Patienten eigenmächtig zu einem Facharzt überweisen. Auch eine Krankenhauseinweisung oder Krankschreibung fällt nicht in ihren Aufgabenbereich.
Im Rahmen einer Psychotherapie befassen sich alle Psychotherapeuten grundsätzlich auch mit dem Thema Psychoedukation.
Was beschreibt der Psychoedukations-Begriff?
Die Psychoedukation als Bestandteil oder Teilaspekt psychotherapeutischer Behandlungen hat zum Ziel,
- einem Patienten durch die Vermittlung von Wissen oder neuen Fertigkeiten Grundlagen für einen gesünderen Lebensstil zu vermitteln.
- Der Patient soll durch Maßnahmen der Psychoedukation in die Lage versetzt werden, seine Erkrankung besser zu verstehen.
- Er soll lernen, diese zu bewältigen. Die Betroffenen sollen das, was sie in der Therapie erlernt haben, auch im Alltag anwenden können.
- Bei Reha-Behandlungen streben die psychoedukativen Patientenschulungen eine Verhinderung von Rückfällen in eine psychosomatische Erkrankung an.
Die Psychoedukation kann also Bestandteil einer Therapiemaßnahme sein, die wegen psychischer Störungen – beispielsweise Depressionen, Zwangs- und Angststörungen oder Schizophrenie – vorgenommen wird. Alternativ werden psychoedukative Maßnahmen aber auch im Rahmen von klinischen oder ambulanten Patientenschulungen – zum Beispiel bei somatoformen oder psychosomatischen Erkrankungen wie Krebs, Diabetes oder chronischen Schmerzen – eingesetzt. Es geht dabei darum, den Patienten beim Verstehen, Akzeptieren und Kompensieren ihrer Störungen zu helfen.
- Falsche Annahmen und Weltbilder, die zu psychischen Störungen geführt haben, sollen korrigiert werden.
- Gestörte Verhaltensweisen sollen durch gesündere ersetzt werden.
- Scham und Schuldgefühle oder mangelnde Motivation sollen thematisiert und verändert werden.
Gegebenenfalls können die psychoedukativen Maßnahmen auch Familienmitglieder einbinden. Ob die psychoedukativen Bestandteile jeder Psychotherapie in Einzel- oder Gruppensitzungen einfließen, in mitgegebene „Hausaufgaben“, therapeutische Übungen oder zu lesende Schriftstücke eingebunden werden, ist fallspezifisch unterschiedlich.
Die psychoedukative Arbeit ist jedoch nahezu immer Bestandteil einer Psychotherapie. Die anerkannten Psychotherapieverfahren beinhalten immer das Bemühen, den Patienten aktiv einzubinden, zum Umdenken zu motivieren und selbst handlungsfähiger zu machen. Es spielt für den Patienten keine Rolle, ob seine Therapeutin als Psychologische Psychotherapeutin arbeitet. Auch diese können bei entsprechenden Fortbildungen als spezialisierte Psychotherapeuten eine systemische Therapie oder psychodynamische Therapie durchführen.
Im Vergleich zu Schematherapeuten bei einen entsprechend ausgebildeten Psychotherapeuten arbeitet die Psychologische Psychotherapeutin aber mit etwas anderen Konzepten und Methoden.
Psychologische Psychotherapeuten müssen, um z. B. eine eher analytische Therapie anbieten zu können, keine entsprechende Zusatzausbildungen absolviert haben. Der Begriff „analytische Therapie“ bezeichnet zusammenfassend eine der vier wissenschaftlich als hilfreich erwiesenen Therapieformen, die die GKV als Kostenträger finanzieren: die Verhaltenstherapie, die systemische Therapie, die tiefenpsychologisch-fundierte Psychotherapie, sowie die analytische Psychotherapie. In den meisten Fällen spezialisieren sich die Psychotherapeuten auf eines dieser Therapieverfahren. In anderen Fällen bieten sie mehrere Therapieverfahren an und wählen das geeignetere aus.
Hier weiterlesen:
Psychotherapie von A-Z ♥ – Ein einführender Überblick für Patienten
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie – Was ist das, wie läuft das?
Systemische Therapie erklärt – Was ist das, und wie läuft diese Form von Psychotherapie?
Quellen und weiterführende Ressourcen:
- de.wikipedia.org/wiki/Psychologischer_Psychotherapeut
- aerzteblatt.de/archiv/134175/Was-macht-ein-Psychologischer-Psychotherapeut
- psychotherapiesuche.de/pid/therapie
- psychologie-studieren.de/ausbildungen/psychologischer-psychotherapeut/
- verhaltenstherapie.de/ausbildung/psychologische-psychotherapie/
- stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/psyche-wohlbefinden/psychologe-psychiater-psychotherapeut
- de.wikipedia.org/wiki/Analytische_Psychotherapie
- apotheken-umschau.de/Verhaltenstherapie
- de.wikipedia.org/wiki/Psychoedukation