Wie komplex die medizinische Bewertung von rezidivierenden depressiven Störungen ist, zeigt der ICD-10 an. Es werden dort unterschiedliche Feinheiten und Schweregrade depressiver Episoden voneinander unterschieden, wobei jede einzelne als textliche Beschreibung vorliegt. Sie wird aber auch nach einem bestimmten Schema nummeriert. Die rezidivierende depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode findet sich im ICD-10 als F33.1 bezeichnet.
Was besagt das nun für einen medizinischen bzw. psychologischen Laien?
Der ICD-10 liefert ein exaktes diagnostisches Kriterium, das eine depressive Episode von einer anderen unterscheidet. Die Nummernfolgen sind unter anderem für die Klassifizierung der psychischen Erkrankung gegenüber einer Krankenkasse nötig. Wer als Patient mit einer rezidivierenden depressiven Störung als „F33.1“ eingestuft wird, leidet demnach an einer mittelgradigen Episode schubweise auftretender Depressionen (vgl. Arten der Depression). Er bedarf einer Behandlungsstrategie, die durch diese Diagnose gerechtfertigt wird.
In den meisten Fällen kommen eine Psychotherapie (vgl. Psychotherapie Arten), eine Verhaltenstherapie (vgl. Was macht ein Verhaltenstherapeut?) und gegebenenfalls medikamentöse Unterstützung durch verschiedene Antidepressiva infrage.
Die aufgetretene depressive Störung ist durch wiederholte bzw. rezidivierende depressive Episoden mit mittlerem Schwergrad gekennzeichnet. Die Anamnese muss eindeutig das Fehlen einer manischen Komponente ergeben. Eine manische Depression wird im ICD-10 anders definiert und anders behandelt.
Wer erkrankt an einer rezidivierenden depressiven Störung?
Fast jeder Mensch wird irgendwann im Leben von einer Depression erwischt. Es muss sich dabei aber nicht um eine klinische Depression handeln, die schubweise auftritt und wegen ihrer Schwere behandlungsbedürftig ist. Vielmehr ist es oft eine situative, aus einer Krise heraus entstandene Depression. Diese lässt mit dem Ende der auslösenden Krisensituation und einer Neuorientierung auch wieder nach. Davon ist die rezidivierende depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode zu unterscheiden, weil hier eine dauerhaft bestehende psychische Erkrankung gegeben ist.
Wenn eine krisenbedingte Depression bewältigt wird, scheint wieder alles gut zu sein. Doch manchmal ist es das nicht. In der nächsten Krisensituation stellt sich bei manchen Menschen erneut eine mittelgradige Episode ein.
In diesem Fall sprechen Psychologen von einer rezidivierenden depressiven Störung. Diese Diagnose zieht die Notwendigkeit einer Therapie nach sich. Der Betroffene hat offensichtlich keine geeigneten Strategien zur Verfügung, um mit solchen Krisen kreativ umzugehen. Oftmals ist auch der Hirnstoffwechsel an rezidivierenden depressiven Störungen beteiligt. Die Ursachen und Symptome der depressiven Episode müssen bei der Anamnese hinterfragt werden, um den richtigen Therapieansatz zu finden. Immer wieder diskutiert bzw. diagnostiziert wird ein unausgeglichener Neurotransmitter-Haushalt im Gehirn, namentlich bezogen auf den Botenstoff Serotonin, weswegen sehr oft Medikamente der antidepressiven SSRI-Klasse verschrieben werden. Viele Ärzte halten das für den nach bisheriger Weisheit letzten Schluss der medimamentösen Behandlung, andere (Kritiker) stellen das regelmäßig in Frage.
Die mittelgradigen Episoden können über mehrere Monate anhalten. Intensität und Dauer einer depressiven Episode können medikamentös oder mit einer geeigneten Therapie beeinflusst werden. Als rezidivierende depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode wird eine depressive Störung eingestuft, wenn das Krankheitsbild einer depressiven Störung mit mittlerem Schweregrad bereits einmal diagnostiziert wurde und in einem gewissen Abstand erneut auftritt.
Sind schubweise auftretende depressive Erkrankungen psychosomatisch?
Eine rezidivierende depressive Störung wie die rezidivierende depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode ist eher nicht oder nicht ausschließlich psychosomatisch bedingt. Die auftretenden Symptome wie
- Niedergeschlagenheit (siehe auch Niedergeschlagenheit überwinden)
- Verzweiflung
- Lethargie und Antriebslosigkeit (siehe auch Antriebslosigkeit bekämpfen)
- innere Anspannung
- Libidoverlust
- Resignation
- Grübelei (siehe Grübelneigung)
- mangelnder Appetit
- oder Entscheidungsunfähigkeit
verdichten sich oft zu einer gefühlten Ausweglosigkeit. Sie führen zu einem allgemeinen Vertrauensverlust, zu Minderwertigkeitsgefühlen (siehe Minderwertigkeitskomplex) und gefühlter Wertlosigkeit.
Mögliche Auslöser einer depressiven Episode mittlerer Schwere können innere oder äußere Auslöser sein. Oft ergänzen sich beide Komponenten. Daher kann eine Depression zum Teil psychosomatisch sein (siehe auch psychosomatische Krankheiten und psychosomatische Behandlung), zum Teil aber auch biochemisch oder durch äußere Geschehnisse begründet werden.
Zu den möglichen inneren Auslösern einer rezidivierenden depressiven Störung können gehören:
- unverarbeitete Erlebnisse oder Verluste
- unverarbeitete Traumata (siehe hierzu auch EMDR) wie sexueller Missbrauch
- Stressfolgen und seelische Überlastung
- die Verdrängung von Gefühlen wie Wut
- übertriebene Empfindlichkeit
- Perfektionismus (siehe perfektionistisch) und hohe Ansprüche
- und ein geringes Selbstwertgefühl
Äußere Einflussnehmer können beispielsweise die folgenden Geschehnisse sein
- der Tod nahe stehender Menschen
- plötzliche oder anhaltende Arbeitslosigkeit
- Trennung (siehe Trennungsschmerz) und Scheidung oder anhaltende Beziehungsprobleme
- schwere Krankheit
- Altersarmut oder Besitzverlust, z. B. durch Scheidung
- Dauerstress am Arbeitsplatz
- Medikamenten-Abusus oder das eigenmächtige Absetzen von verschriebenen Medikamenten
- oder ein Mangel an Zuneigung und Bestätigung.
Diagnostik und therapeutische Möglichkeiten
Die Diagnostik muss ausschließen, dass es sich um eine manische Depression mit Schüben von Euphorie und Begeisterung handelt, um die Therapie richtig einzustellen. Organische Erkrankungen und Störungen im Hirnstoffwechsel bei den Betroffenen müssen ausgeschlossen werden.
Die an die Diagnose anschließende Behandlung widmet sich sowohl der akuten depressiven Schüben, wie auch der Vorbeugung gegen einen erneuten Schub. Eine Psychotherapie und eine zeitgleiche oder dauerhafte medikamentöse Behandlung erscheinen als angebracht. Wenn eine rezidivierende depressive Störung diagnostiziert wurde, macht das ständige Ein- und Ausschleichen der Antidepressiva keinen Sinn. Es muss eine anhaltende psychische Stabilität erzeugt werden, um die Schübe abzumildern. Dafür muss das Wiederauftreten der depressiven Störung als gesichert gelten.
Handelt es sich nicht um eine rezidivierende depressive Störung und eine mittelgradige Episode, muss die Erkrankung anders eingestuft werden. Die korrekte Diagnose wird mittels ausführlicher Anamnese, körperlicher und neurologischer Untersuchung und einer Blutabnahme verifiziert. Um ganz sicher zu gehen, können diagnostische Methoden wie eine Elektroenzephalografie (EEG), eine Computertomografie (CT) oder andere spezifische Untersuchungen zum Ausschluss organischer Fehlfunktionen und Hormonstörungen eingesetzt werden.
Die Behandlung der schubweise auftretenden Depression soll die Symptome lindern sowie die Dauer und Intensität der depressiven Schübe abmildern. Schnelle Behandlungserfolge sind leider nicht zu erwarten. Wurden die Ursachen der Depressivität falsch eingeschätzt oder die Medikamente erweisen sich als ungeeignet, muss die Behandlung gegebenenfalls angepasst werden. Die meisten Antidepressiva werden eingeschlichen. Sie entfalten erst nach mehreren Wochen ihre volle Wirkung. In der Zwischenzeit sollte bei den Betroffenen keine Suizidneigung bestehen (siehe auch Suizidgedanken was tun), um die Risiken des Behandlungsbeginns zu minimieren. Begleitende Psychotherapie ist wünschenswert, aber angesichts des Mangels an Notfall- und Akutangeboten und Therapieplätzen oft nicht zeitnah zu bewerkstelligen.
Der psychosomatische Anteil der depressiven Erkrankungen könnte auch in einer Fachklinik für Psychosomatik oder im Rahmen einer entsprechend ausgerichteten Kur therapiert werden. Ob das Sinn macht, kann sich im Verlauf eines akuten Schubs oder aufgrund der Diagnostik und Lebenssituation der Betroffenen ergeben.
Nicht zu unterschätzen ist die Wichtigkeit der Rückfallprophylaxe. Gegebenenfalls müssen die Erkrankten einen Rentenantrag wegen Erwerbsminderung stellen. Hier sollte zuvor ein Termin bei der Rentenberatung beantragt werden, um Fallstricke bei der Antragstellung zu umschiffen.
Rezidivierende depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode: Quellen und weiterführende Ressourcen
- icd-code.de/icd/code/F33.1.html
- lebenskraft-ev.de/rezidivierende-depressive-stoerung/
- webseits.de/info/contents/medizin/DsDiagnose.php?id_icd=2575&links=true
- therapie.de/psyche/info/index/icd-10-diagnose/f3-affektive-stoerungen/f33-rezidivierende-depressive-stoerung/
- psychosomatik-barner.de/
- docsonnet.com/de/depression/depressionsarten/rezidivierende-depressive-stoerung
- deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/was-ist-eine-depression/verlaufsformen
- dgbs.de/fileadmin/user_upload/PDFs/DGBS_Materialien/DGBS_Rueckfallprophylaxe_bei_Depression.pdf
- rentenberatung-aktuell.de/rentenversicherung/leistungsrecht/440-keine-em-rente-wenn-nur-ein-krankheitsbild-vorliegt.html