Schulangst - Angst vor der Schule (© Sonja Calovini / Fotolia)

Schulangst | Was tun, wenn die Angst vor der Schule zum Problem wird?

Die Schulzeit macht einen wichtigen Teil im Leben von Kindern und Jugendlichen aus. Während die meisten Kinder sich vor dem Schuleintritt noch sehr auf die Schule freuen, kann das Bild auch völlig anders aussehen. Von Schulangst spricht man, wenn der Gedanke an die Schule oder der Besuch der Schule selbst aus ganz unterschiedlichen Gründen für Kinder und Jugendliche so negativ besetzt ist, dass gravierende psychosoziale und gesundheitliche Folgen für die Betroffenen drohen.

Angst in die Schule zu gehen – was nun?

Angst in die Schule zu gehen ist für viele Menschen nicht nachvollziehbar. Schnell sind Sätze dahingesagt, wonach de Schule doch „schön“ sei, hier lerne man fürs Leben, treffe neue Leute etc. Viele Menschen, die ihre Schulzeit längst hinter sich haben und niemals mit einer solchen Phobie in Kontakt kamen, verklären den Besuch der Schule und bringen kein Verständnis für die Betroffenen auf. Wichtig ist jedoch zu sehen, dass Äußerungen, die den Schulbesuch unreflektiert als positiv darstellen, denjenigen, die Angst vor der Schule haben, keineswegs helfen. Viel zu unterschiedlich sind hierbei auch die Gründe, die eine Schulphobie entstehen lassen können.

Unabhängig von den individuellen Gründen sollten Außenstehende aber unbedingt vermeiden, die Schulangst als etwas Lächerliches, Sinnloses oder gar Provokatives abzutun. Denn hierin liegt die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche, die sich einmal geöffnet haben in der Hoffnung auf Hilfe und lächerlich gemacht worden sind, mit ihren Problemen alleine bleiben und sich weiter zurückziehen. Die soziale Isolation und schwerwiegende psychische Probleme drohen.

Angst in die Schule zu gehen ist ein derart komplexes Problemfeld, dass betroffene Eltern , andere Familienangehörige oder auch Lehrer keinesfalls denken müssen, sie alleine könnten oder müssten das Problem der Schulphobie lösen. Schulangst muss differenziert betrachtet werden, um den Betroffenen auch wirklich individuell gerecht werden zu können. Nur so ist langfristige Hilfe und ein Überwinden einer eventuellen Schulphobie möglich. Wichtig ist es, sich einen Überblick über die möglichen Ursachen einer Schulangst zu verschaffen.

NEIN - ich will nicht in die Schule gehen! Ich hab Angst vor der Schule! (© photophonie / Fotolia)
NEIN – ich will nicht in die Schule gehen! Ich hab Angst vor der Schule! (© photophonie / Fotolia)

Gründe der Schulangst

Gerade bei älteren Kindern und Jugendlichem, die unter einer Schulangst leiden, sind die Ursachen im Leistungsdruck zu suchen. Für Eltern und auch Pädagogen ist dabei jedoch wichtig zu wissen, dass Leistungsdruck nicht immer von der Familie oder den Lehrern ausgehen muss. Es gibt auch zahlreiche Kinder und Jugendliche, die sich selbst unter einen derart großen Leistungsdruck setzen, dass die Ängste vor einem möglichen Versagen immer größer werden (vgl. Versagensängste in Schule, Studium und Beruf) und schließlich nur noch durch das Vermeiden des Schulbesuchs ausgehalten werden können.

Manchen Betroffenen hilft ein Gespräch über die Angst vor schlechten Noten schon enorm weiter. Ein gutes Gespräch mit den Eltern, dem Klassen- oder Vertrauenslehrer kann helfen, Dinge wieder in einem realistischen Maß zu sehen, eine falsche Selbsteinschätzung zu korrigieren oder einfach zu hören, dass den Eltern die Noten gar nicht so wichtig sind, wie man vielleicht immer gedacht hat. Nicht immer ist es damit natürlich getan. Stellt sich heraus, dass seitens der Familie Erwartungen an ein Kind herangetragen werden, die dieses nicht erfüllen kann, brauchen alle Beteiligten Hilfe. Hier sind viele Gespräche nötig, auch zum Beispiel mit professionellen Außenstehenden wie dem schulpsychologischen Dienst.

Angst in die Schule zu gehen | Das Buch "Soziale Ängste und Schulangst" will zeigen, wie sich soziale Ängste und Schulangst äußern, wie sie zusammenhängen, wovon man sie abgrenzen muss und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. (Amazon)
Angst in die Schule zu gehen | Das Buch „Soziale Ängste und Schulangst“ will zeigen, wie sich soziale Ängste und Schulangst äußern, wie sie zusammenhängen, wovon man sie abgrenzen muss und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. (Amazon)

Vom Leistungsdruck abzugrenzen ist dabei die Leistungsangst. Bei vielen Betroffenen einer Schulphobie spielen die tatsächlichen Noten oder Bewertungen in anderer Form gar nicht die entscheidende Rolle, wenn sie versuchen sollen zu erklären, warum sie Angst haben in die Schule zu gehen. Viel mehr ist die Leistungsangst dabei als Angst vor allen möglichen Situationen zu verstehen, in denen punktuell Wissen abgefragt wird. Das kann auch Schüler betreffen, die immer sehr gute Noten erzielen! Auch, wenn tatsächliches Können oder die Ansprüche der Eltern völlig unproblematisch sind, kann die Leistungsangst immens sein. Schon der Gedanke an einen anstehenden Test, das Kribbeln, wenn die Blätter ausgeteilt werden, die Sorge davor, wieder einen Blackout zu erleiden, können sehr angstbesetzt sein. Wird dieser Kreislauf nicht schnell unterbrochen, entsteht irgendwann die Angst vor der Angst (Erwartungsangst). Die Betroffenen versuchen, alles an Leistungssituationen zu vermeiden, indem sie den Schulbesuch selbst verweigern oder möglichst oft vermeiden. Dies erscheint als Ursache vor allem bei denjenigen Kindern unwahrscheinlich, die rein notenmäßig betrachtet doch gar keine Probleme zu haben scheinen – Leistungsangst sollte jedoch immer in Betracht gezogen werden, wenn es um die Ursachen einer Schulphobie geht.

„Ich hab Angst vor der Schule“

„Ich hab Angst vor der Schule“ – wenn Kinder dies zuhause äußern, schrillen bei vielen Eltern die Alarmglocken. Ist etwa Mobbing im Spiel (siehe Mobbing Definition)? In der Tat spielen alle Formen der Ausgrenzung eine große Rolle, wenn die Angst vor der Schule überhand nimmt. Nicht immer rücken die Betroffenen gleich damit heraus, was sie quält. Gerade beim Thema Ausgrenzung und Mobbing fühlen viele Betroffene Scham. Sie glauben irgendwann, es liege an ihnen selbst, dass sie ausgelacht und immer von der Gruppe ausgeschlossen werden. Mobbing kann Formen annehmen, die strafbare Handlungen einschließt. Kinder und Jugendliche, die es beispielsweise erleben mussten, von anderen geschlagen und bestohlen zu werden, werden auch von den Tätern stark eingeschüchtert. Mobbing lebt von einem Täter-Opfer-Gefälle. Dies kann der Täter vor allem dadurch aufrecht erhalten, dass das betroffene Kind sich nicht traut, Hilfe zu holen.

Gerade weil Opfer häufig unter Druck gesetzt werden, man ihnen Schweigegelübde abverlangt, müssen Eltern und Pädagogen hier sehr sensibel vorgehen. Natürlich wird keinesfalls jedes Kind oder jeder Jugendlicher, der Angst vor der Schule hat, gemobbt. Dennoch sollte man sich hier nicht mit einem vorschnellen Nein auf entsprechende Fragen hin abspeisen lassen. Die Erfahrung zeigt, dass gerade bei Formen von sozialer Ausgrenzung die Betroffenen oftmals viele Anläufe brauchen, bis sie über das Erlebte sprechen können und Hilfe annehmen können.


Selektiver Mutismus bei Kindern

Eine besondere Form von emotionale Störungen bei Kindern ist der selektive Mutismus. Selektiver Mutismus bedeutet, dass Betroffene in manchen Situationen verbale Kommunikation teilweise oder komplett verweigern. Gerade in einem Lebensabschnitt wie der Schule, in dem Kommunikation mit anderen von entscheidender Bedeutung ist, kann der Schulbesuch zum Trauma werden, wenn der Mutismus nicht professionell behandelt und rasch überwunden wird. Betroffene Kinder sprechen zu hause mit ihren Eltern oder Freunden nicht selten ohne jede Auffälligkeiten, doch in der Schule verstummen sie. Natürlich birgt dies auch für die zuständigen Lehrer viele Probleme: Wie sollen solche Kinder bewertet werden, wie kann man helfen, und womit macht man es möglicherweise noch schlimmer? Wichtig ist vor allem zu wissen, dass es sich bei dem selektiven Mutismus keinesfalls immer um eine schwere psychogene Reaktion auf ein erlebtes Trauma handelt. Vielmehr handelt es sich um eine gesteigerte Form von Ängstlichkeit, kann also in den Bereich der Angstphobien bei Kindern eingeordnet werden. Es gibt heute zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten. Spezielle Therapien, in denen Kinder wieder an die verbale Kommunikation in Stresssituationen herangeführt werden, helfen vielen Betroffenen wirkungsvoll. Viele auf Mutismus spezialisierten Therapeuten beraten auch Pädagogen, wie mit dieser Form von Angststörungen bei Kindern in der Schule sinnvoll umgegangen werden kann (siehe auch: Angststörungen bei Kindern Behandlung). Wichtig ist vor allem, bei Auffälligkeiten, die einen Mutismus vermuten lassen, schnell zu reagieren. Je früher das betroffene Kind professionelle Hilfe erfährt, umso geringer ist das Risiko einer Schulphobie.

Behandlungsmöglichkeiten bei Schulangst

Die jeweiligen Behandlungsmöglichkeiten richten sich nach den Ursachen der Schulphobie. Grundsätzlich gilt hierbei. Sagt ein Kind, ich habe Angst vor der Schule, ist dies ernstzunehmen. Angst vor der Schule erleben viele Kinder früher oder später einmal, und es kann sich hierbei auch um positive Erfahrungen handeln, die Lernchancen beinhalten. Angst vor Klassenarbeiten lassen sich häufig durch ein Training des Lernens an sich wirkungsvoll beseitigen, und ein ungutes Gefühl im Bauch, weil man in der Schule bei Unfug erwischt worden ist, kennt sicher jeder. Dennoch sollten Angstgefühle im Bezug auf die Schule die Ausnahme sein. Schule als Lebensraum nimmt eine so essentielle Rolle im Bereich von Kindern und Jugendlichen ein, dass eine Therapie bei dauerhafter Schulangst möglichst schnell erfolgen sollte, um die Angst in die Schule zu gehen nicht außer Kontrolle geraten zu lassen.

"So wohnlich kann Schule sein" wirbt ein Einrichter für Klassenräume überzeugend - und in der Tat gibt es Beispiele für richtig schön gestaltete Lernumgebungen in neu gebauten Schulen. Das darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass für manche Kinder der Schulbesuch angstbesetzt bleibt. Und dann gilt es Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten auszuloten. (Screenshot ass.de/de/home/ am 02.10.2018)
„So wohnlich kann Schule sein“ wirbt ein Einrichter für Klassenräume überzeugend – und in der Tat gibt es Beispiele für richtig schön gestaltete Lernumgebungen in neu gebauten Schulen. Das darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass für manche Kinder der Schulbesuch angstbesetzt bleibt. Und dann gilt es Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten auszuloten. (Screenshot ass.de/de/home/ am 02.10.2018)

Viele Eltern, deren Kinder an einer Schulangst leiden, fühlen sich zunächst hilflos. Wichtig sind deswegen gute Ansprechpartner, die die Angst ernst nehmen und professionell beraten können. Ein erster guter Ansprechpartner ist meist der Klassenlehrer. Er kennt das Kind und kann Eltern auch Rückmeldung darüber geben, wie das Kind sich in der Klasse zeigt und welche Gefühle von Angst hier vielleicht beobachtet werden konnten. Dies können wichtige Informationen für weitere Ansprechpartner rund um die Therapie von Schulangst sein. So kann der schulpsychologische Dienst, den es in allen Bundesländern gibt (exemplarisch hier in Berlin), Eltern beraten. Auf Wunsch der Eltern wird die Schule auch nicht über die erfolgte Beratung unterrichtet, und alle dort tätigen Psychologen unterliegen der Schweigepflicht. Nur, wenn Eltern die Berater des schulpsychologischen Dienstes von der Schweigepflicht entbinden, findet auf Wunsch eine Kommunikation mit der zuständigen Schule statt. Sollte sich herausstellen, dass die Schulangst so massiv ist, dass sie durch eine Beratung der Eltern nicht gelöst werden kann, kann der schulpsychologische Dienst weitere Anlaufstellen nennen.

Nicht immer muss es eine Psychotherapie sein, mit der die Schulangst besiegt wird. Eine Psychotherapie für Kinder und Jugendliche kann aber eine Möglichkeit sein, die Gründe für die Schulangst aufzudecken und nachhaltig zu bewältigen. Dies kann in Extremfällen auch in der Jugendpsychiatrie in einem stationären Setting geschehen. Dies ist vor allem dann eine Möglichkeit, wenn die Ängste sich über einen langen Zeitraum manifestiert haben. Gerade deswegen ist es wichtig, bei Ängsten schnell zu reagieren und dem Kind rasch Hilfe in Form einer Therapie zukommen zu lassen. Gegenstände einer solchen Therapie können Strategien zur Angstbewältigung bei Kindern sein. Auch das Training sozialer Kompetenzen bei Kindern kann wichtig sein, um sich beispielsweise aktiv aus einer Opferrolle hinausbewegen zu können. Vielen Kindern hilft es in Bezug auf Angst vor der Schule sehr, wenn sie wissen, wie sie sich selbst helfen können und wie sie eigeninitiativ etwas tun können.

Eine Psychotherapie mit Kindern kann medikamentös unterstützt werden, dies stellt aber eher die Ausnahme dar. Für Eltern ist wichtig zu wissen, dass außer im Falle einer akuten Selbstgefährdung des Kindes keine Medikamente gegen den Willen der Eltern verabreicht werden. Ob Medikamente eventuell die Therapieform bei einer Angststörung wirkungsvoll unterstützen können, wird am besten in einem Team bestehenden aus mehreren Fachleuten besprochen. Nicht immer müssen es dabei aber harte Psychopharmaka sein. Auch Bachblütentropfen für Kinder haben sich im Zusammenhang mit Angst in machen Familien bereits als sehr wirkungsvoll erwiesen, obwohl es sicherlich auch viele Kritiker gibt, die das Bachblüten-Thema eher belächeln und eine eventuelle Wirkung eher auf den Placebo-Effekt zurückführen.

„Ich habe Angst vor der Schule“ – Bücher für Eltern, die ihren Kindern helfen wollen

Ich will nicht in die Schule - Ängste verstehen und in Motivation verwandeln | Beschreibung: "Ob Bauchschmerzen, Angst vor der nächsten Klassenarbeit oder ein sturer Lehrer – für Kinder und Jugendliche jeden Alters kann Schule zur Qual werden. Dieses Buch hilft Eltern, die Signale rechtzeitig zu erkennen, Hindernisse zu überwinden und das Selbstvertrauen ihres Kindes zu stärken. Je früher es einem Kind gelingt, negative Gefühle in Worte zu fassen und bewusst damit umzugehen, desto leichter fallen schulische Herausforderungen und Konfrontationen im Alltag. Denn jede Angst birgt auch das Potenzial für Mut, Ehrgeiz und Konzentration. Vom Schulweg bis zum Prüfungsstress zeigt der erfahrene Psychologe Philip Streit, wie Eltern ihre Kinder unterstützen können, Ängste in Stärken zu verwandeln." (Amazon)
Ich will nicht in die Schule – Ängste verstehen und in Motivation verwandeln | Beschreibung: „Ob Bauchschmerzen, Angst vor der nächsten Klassenarbeit oder ein sturer Lehrer – für Kinder und Jugendliche jeden Alters kann Schule zur Qual werden. Dieses Buch hilft Eltern, die Signale rechtzeitig zu erkennen, Hindernisse zu überwinden und das Selbstvertrauen ihres Kindes zu stärken. Je früher es einem Kind gelingt, negative Gefühle in Worte zu fassen und bewusst damit umzugehen, desto leichter fallen schulische Herausforderungen und Konfrontationen im Alltag. Denn jede Angst birgt auch das Potenzial für Mut, Ehrgeiz und Konzentration. Vom Schulweg bis zum Prüfungsstress zeigt der erfahrene Psychologe Philip Streit, wie Eltern ihre Kinder unterstützen können, Ängste in Stärken zu verwandeln.“ (Amazon)

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