Sich selbst lieben lernen und Selbstliebe zu entwickeln ist ein wichtiges Mittel gegen verschiedene psychische Probleme. Doch was versteht man darunter? – Selbstliebe ist ein Gefühl der bedingungslosen Zuneigung und Wertschätzung, welches man sich selbst gegenüber hegt und das sich in Handlungen ausdrückt, die das eigene seelische und körperliche Wohlbefinden und Wachstum fördern. Selbstliebe lernen hilft uns, uns selbst mit all unseren Stärken und Schwächen zu akzeptieren und uns selbst Verständnis und Mitgefühl entgegenzubringen.
Wie drückt sich mangelnde Selbstliebe aus?
- Du vergleichst dich ständig mit anderen und fühlst dich dabei minderwertig (siehe Minderwertigkeitsgefühle).
- Du kennst dich selbst nicht besonders gut. Du weißt nicht, wer du bist, du weißt nicht, was du vom Leben willst und du kannst deine Werte nicht definieren.
- Du lebst deine Interessen und Begabungen nicht aus.
- Du behältst deine Gedanken und Meinungen für dich, weil du Angst hast, dass sie falsch sind oder dass du dafür ausgelacht und kritisiert werden könntest (vgl. Angst vor Ablehnung).
- Du gönnst dir keine Ruhe und Erholung und denkst, dass du nur dann etwas wert bist, wenn du etwas leistest und produktiv bist.
- Du hast kein Vertrauen in deine eigene Wahrnehmung und Intuition. Du vertraust dem Urteil anderer Menschen mehr als deinem eigenen Urteil (vgl. auch anhängige Persönlichkeitsstörung).
- Du mäkelst ständig an deinem Verhalten und deinem Körper herum. Du hast einen negativen inneren Dialog, in dem du dich ständig beschimpfst. Du bezeichnest dich selbst als dumm, fett oder hässlich.
- Du steckst in Beziehungen mit Menschen fest, die dich ständig in irgendeiner Form abwerten und schlecht behandeln. Du erlaubst deinen Freunden, Verwandten und Kollegen dich auszunutzen.
- Du erlaubst deinem Partner dich seelisch oder körperlich zu misshandeln.
- Du nimmst die Bedürfnisse anderer Menschen grundsätzlich wichtiger als deine eigenen Bedürfnisse. Du versuchst es immer allen recht zu machen, auch auf deine Kosten.
Selbstliebe lernen – eine Buchempfehlung:
Warum ist es so schwer sich selbst zu lieben?
Du kennst niemanden so gut wie dich selbst. Daher kennst du die Mängel, Fehler und dunklen Seiten von anderen Menschen auch nicht so gut wie deine eigenen. Jemand anderes denkt vielleicht, dass du perfekt bist, aber du weißt es besser. Im Gegenzug denkst du, dass andere Menschen perfekt sind, aber Tatsache ist, dass niemand auf dieser Welt perfekt ist, höchstens gammaperfektionistisch. Wenn wir anfangen unsere eigenen Schwächen zu akzeptieren, beginnen wir Selbstliebe zu entwickeln.
Selbst wenn unsere Eltern uns als Kind häufig gelobt haben und uns immer wieder gesagt haben, dass wir hübsch, talentiert und klug sind, hat der Rest der Welt oftmals eine andere Botschaft für uns. Lehrer, Mitschüler und Vorgesetzte klären uns nur allzu gern darüber auf, dass wir im Vergleich mit anderen doch nicht so hübsch, talentiert und klug sind wie wir ursprünglich gedacht haben. Manchen von uns wird schon in der Familie eingebläut, dass sie es nicht wert sind geliebt zu werden, dass sie alles falsch machen und dass mit ihnen irgendetwas nicht stimmt. So entstehen unter anderem Versagensängste.
Auch die Medien leisten ihren Beitrag. Tagtäglich werden wir mit Bildern und Geschichten von schönen, schlanken, sportlichen, begabten, kreativen und reichen Menschen überflutet, im Vergleich dazu erscheint unsere langweilige, kleine Existenz völlig bedeutungslos und wir beginnen an uns zu zweifeln.
Wir haben allgemein eine Tendenz, uns mehr an negative als an positive Ereignisse zu erinnern. Wir erinnern uns lebhaft an Missgeschicke, schlechte Noten und Zurückweisungen und vergessen die vielen Komplimente, die andere uns gemacht haben.
Einigen von uns wurde beigebracht, dass es egozentrisch und narzisstisch ist sich selbst zu lieben und dass wir die Bedürfnisse und Meinungen von anderen immer als wichtiger einschätzen sollten als unsere eigenen. Scham und Schuldgefühle halten uns dann von Selbstliebe ab.
Manchmal verwechseln wir Selbstsorge mit Selbstliebe. Nur weil du auf deine Ernährung achtest, genug schläfst, Sport treibst und zwischendurch mal ins Kosmetikstudio oder zur Massage gehst, heißt das noch lange nicht, dass du dir selbst Liebe, Akzeptanz und Wertschätzung entgegenbringst.
Was ist der Unterschied zu Selbstsucht?
Menschen, die selbstsüchtig sind, haben nur ihre eigenen Interessen im Sinn. Alle ihre Handlungen sind exzessiv und exklusiv darauf gerichtet, einen Vorteil für sich herauszuschlagen, ohne Rücksicht auf die Gefühle und Bedürfnisse anderer Personen. Selbstsüchtige Menschen nehmen viel und geben nichts als Gegenleistung. Sie sind meist überheblich und geizig.
Menschen, die sich selbst lieben, ignorieren die Bedürfnisse anderer Menschen nicht und wägen situativ ab, wessen Bedürfnisse gerade wichtiger sind.
Was ist der Unterschied zu Egozentrik?
Egozentrischen Menschen fällt es schwer, sich in andere hineinzuversetzen und deren Perspektive einzunehmen. Sie können z. B. nicht verstehen, warum jemand eine andere Meinung hat als sie selbst und sie haben kein Einfühlungsvermögen. Wenn sie Entscheidungen fällen, berücksichtigen sie nur ihre eigenen Bedürfnisse und ignorieren dabei die Bedürfnisse der Menschen in ihrer Umgebung. Für Kleinkinder ist es aufgrund ihrer noch nicht ausgereiften Hirnentwicklung normal, egozentrisch zu sein, für Erwachsene nicht.
Im Unterschied dazu können Menschen, die sich selbst lieben, sehr wohl die Perspektive einer anderen Person einnehmen und rücksichtsvoll handeln.
Was ist der Unterschied zu Narzissmus?
Bei Narzissmus handelt es sich um eine Persönlichkeitsstörung von der zu 75 % Männer betroffen sind (siehe narzisstische Persönlichkeitsstörung). Narzissten sind maßlos in sich selbst verliebt und verfolgen ihre Ziele mit absoluter Rücksichtslosigkeit.
Narzissmus ist häufig gekoppelt mit anderen psychischen Störungen (psychische Störungen Liste) wie der Antisozialen Persönlichkeitsstörung oder einer manisch-depressiven Erkrankung.
Da Narzissten denken, dass alle anderen ein Problem haben, nur sie selbst nicht, begeben sie sich nur äußerst selten in Therapie und werden daher in der Regel auch nicht geheilt. Narzissten sind von ihrer eigenen Großartigkeit und Wichtigkeit überzeugt und sie scheuen nicht davor zurück, anderen etwas über ihre Leistungen und Errungenschaften vorzulügen, nur um Bewunderung zu ernten. Sie fantasieren ständig über Ruhm, Intelligenz, Erfolg oder Schönheit und benötigen unendliche Bewunderung, Bestätigung und Aufmerksamkeit um sich wohl zu fühlen. Sie glauben, dass sie einzigartig sind und daher eine besondere VIP-Behandlung verdienen. Narzissten benutzen andere Menschen, um ihre Ziele zu erreichen, sie haben keinerlei Empathie und sind nicht bereit, die Bedürfnisse anderer Menschen auch nur im Entferntesten wahrzunehmen. Neid ist ihr ständiger Begleiter und sie haben auch ständig das Gefühl, dass andere neidisch auf sie sind. Eine Eigenschaft, mit der sie anderen Menschen, speziell ihrer engsten Familie, extrem schaden ist Manipulation. Sie machen falsche Anschuldigungen, tun so, als wenn bestimmte Dinge nie passiert wären, überschütten andere mit Liebe, nur um sie wenig später abrupt fallen zu lassen und vieles mehr. Im Gespräch reden sie nur von sich selbst, sie können schlecht zuhören, und da sie kein Gewissen haben, entschuldigen sie sich nie und sind herablassend. Für die Außenwelt setzen sie eine Maske auf und können äußerst charmant und großzügig sein.
Im Unterschied dazu sind Menschen, die sich „nur“ selbst lieben, nicht besessen von ihrer eigenen Großartigkeit und betrachten andere Menschen nicht als Mittel, um Bewunderung zu bekommen und ihren Status zu verbessern.
Inwieweit ist Selbstliebe gut für die psychische Gesundheit?
Sich selbst lieben lernen verspricht großen Nutzen. Denn: Selbstliebe führt zu …
- Stress-Reduktion: Stress kann zur Entwicklung psychischer Probleme wie Ängsten und Depressionen beitragen (siehe auch Angstsymptome). Wer sich im Vergleich mit anderen minderwertig fühlt, wer seine eigenen Bedürfnisse vernachlässigt und sich von anderen Menschen ausnutzen und als Fußabtreter benutzen lässt, ist unweigerlich mehr Stress im Alltag ausgesetzt als ein Mensch, der sich selbst liebt, der seine eigenen Bedürfnisse ernst nimmt und Grenzen setzen kann.
- Resilienz: Laut Wikipedia bedeutet Resilienz „psychische Widerstandsfähigkeit“ und benennt damit die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen. Menschen, die Selbstliebe entwickeln und praktizieren, erholen sich schneller von Rückschlägen und verfallen weniger in Melancholie, da sie keine Zeit mit Selbstanschuldigungen und Selbsthass verschwenden. Sie zweifeln auch nicht an ihrem eigenen Wert nur weil sie z. B. ihren Job verlieren oder ihr Partner sich von ihnen trennt.
- Optimismus: Menschen, die sich selbst lieben, haben weniger negative Gedanken über sich selbst und die Welt. Sie verlieren nicht so leicht die Hoffnung, was ein wichtiger Faktor für die Prävention von Selbstmord ist (siehe Selbstmordgedanken was tun). Optimisten geben außerdem nicht so leicht auf, was dazu beträgt, dass sie beharrlicher als Pessimisten versuchen, private und berufliche Probleme zu lösen und dadurch eine größere Erfolgsquote haben. Sie sind dankbarer für ihre Lebenszeit und haben einen positiveren Ausblick auf die Zukunft als Menschen, die sich selbst ablehnen (siehe auch unseren Artikel über Stimmungsaufhellung).
- Gesunde Gewohnheiten: Selbstliebe kann Menschen dazu motivieren, besser für die eigene Gesundheit zu sorgen, also regelmäßige ärztliche Check-ups wahrzunehmen, ausreichend zu schlafen, sich gesund zu ernähren und regelmäßig Sport zu treiben. Wer auf seine Gesundheit achtet, beugt damit auch psychischen Problemen vor, die aus ungesundem Verhalten entstehen können. Wer zu wenig schläft, nur Süßigkeiten und Fastfood isst und sich kaum bewegt, dessen Hormonsystem wird in Mitleidenschaft gezogen, was die Entwicklung von Ängsten (vgl. Ursachen Angsterkrankungen) und Depressionen (vgl. auch rezidivierende depressive Störung) begünstigen kann.
Selbstliebe entwickeln: 3 Methoden um sich selbst lieben zu lernen
Vergib deinem früheren Ich. Ja, du hast schlechte Entscheidungen getroffen und Fehler gemacht, aber das ist nur zu menschlich. Deine Vergangenheit ist vorbei, du kannst diese Dinge nicht mehr rückgängig machen. Vergib dir selbst für das, was du getan oder unterlassen hast und konzentriere dich auf eine bessere Zukunft.
Schnapp dir Stift und Papier und schreibe alle Dinge auf, die du an dir selbst magst. Und dann schau in den Spiegel und lies die Liste laut vor. Mache diese Übung mindestens 1 x pro Woche, denn auf diese Weise kannst du Selbstliebe lernen.
Distanziere dich von Menschen, die dich runterziehen. Es ist besser in gar keiner Beziehung zu stecken als in der falschen. Kenne deinen Wert. Die Menschen in deinem Leben sollten dich inspirieren, motivieren und respektieren, dein Freundeskreis sollte dich unterstützen. Besser wenige gute Freunde als viele schlechte. Qualität ist wichtiger als Quantität.