Vergangenheit loslassen lernen (© Floydine / stock.adobe.com)

Loslassen lernen: Vergangenheit, Menschen, Gedanken – Welche Methode funktioniert?

Loslassen ist ein ganz normaler Prozess menschlichen Lebens. Wir trennen uns von Partnern und Freunden, wechseln Wohnorte und Arbeitsverhältnisse oder die Kinder ziehen aus. Manchmal fällt das Loslassen leicht und ist sogar gewünscht. In anderen Fällen kann die Kraft zum Loslassen zunächst fehlen und ein Loslösungsprozess sehr schmerzhaft sein. Was hilft? Gibt es bestimmte Methoden, die helfen, Abstand zu gewinnen? – Vergangenheit loslassen lernen – darum geht es im folgenden Artikel.

Wir leben in einer Welt des Wandels

Der griechische Philosoph Heraklit prägte um 640 v. Chr. den Ausspruch

„Nichts ist so beständig wie der Wandel.“

Wir werden geboren, leben, lernen, altern und sterben eines Tages. Auf unserer Lebensreise begegnen uns ständig neue Leuten, Umstände und Herausforderungen. Wahrscheinlich waren die Geschwindigkeit und Mannigfaltigkeit der Wandlungen noch niemals so hoch wie heute.

Noch vor hundert Jahren lebten Menschen fast ein ganzes Leben lang, in derselben Stadt und übten dieselben Berufe aus. Der familiäre Wandel und das Älterwerden waren ähnlich. Kinder verließen irgendwann das Haus, aus Eltern wurden Großeltern und man lebte in eine Zukunft hinein, die auf den Erfahrungen der Vergangenheit basierte. Die übrige Welt bot eine noch mehr vorhersehbare Stabilität als das heute der Fall ist.

Gegenwärtig erleben wir einen rasanten Wechsel der sozialen Umstände und den Wegfall altbekannter Sicherheiten. Immer mehr Menschen müssen lernen, loszulassen und sich völlig unbekannten Lebensumständen hinzugeben. Diese Ereignisse treffen uns nicht nur einmal, sondern können ungewöhnlich oft stattfinden.

Um uns Neuem öffnen zu können, müssen wir Altes unserer Vergangenheit loslassen lernen – Expartner, Kinder, Jobs, Häuser und Wohnorte. Loslassen lernen bedeutet so viel mehr, als einen Menschen oder eine Sache einfach nur in der physischen oder materiellen Erscheinung gehen zu lassen.

Wir sind mental und emotional eng mit Lebensumständen und Mitmenschen verbunden. Verschwindet etwas gegen unseren Willen, überraschend oder unter tragischen Umständen, kann dies heftige psychische Beschwerden auslösen und das Entstehen von Angst begünstigen. Statt das Loslassen zu lernen, klammern sich Menschen mitunter über viele Jahre hinweg an die Vergangenheit und leiden still.



Loslassen – was ist das eigentlich genau?

Der Begriff des Loslassens ist so vielfältig wie das Leben selbst. Im Grunde bringt er zum Ausdruck, dass wir die Vergangenheit immer wieder hinter uns lassen und Bindungen lösen müssen. Nur haben viele von uns nicht gelernt, wie man das macht. Insgeheim bleiben wir über Gedanken und Emotionen an einer alten Liebe, dem Expartner, Kindern oder unverarbeiteten Emotionen hängen. Auf dem weiteren Lebensweg können solche Altlasten sehr hinderlich sein.

Unverarbeitete Emotionen setzen sich im Unterbewusstsein fest und können von dort das alltägliche Leben gehörig manipulieren. Fand bei tragischen Verlusten und Traumata keine ausreichende Trauerverarbeitung statt, begünstigt dies Angststörungen aller Art. Wann immer es in der Vergangenheit traumatische Erfahrungen mit der Liebe, Expartnern oder Familienangehörigen gab, können sich im späteren Leben diverse Angststörungen manifestieren

Ängste können sich ganz offen zeigen oder verdeckt unsere Beziehungen und das Lebensglück sabotieren.

Ein typisches äußeres Phänomen versteckter Ängste sind immer ähnelnde Umstände und Personen. Ständig begegnen wir neuen Partnern, die dem oder der Ex ähneln. Wir reden tagein tagaus über die gleichen Themen und haben mit ähnlichen Konflikten zu tun. Ein weiteres Zeichen für verborgene Angst sind überwiegend negative Gedanken, Gefühle der Ohnmacht und mangelnde Kraft zum Weiterleben.

Vergangenheit loslassen lernen beginnt mit Bewusstheit

Ein erster Schritt aus dem Weg der Loslösung von emotionalen und mentalen Lasten ist Bewusstwerdung. Wurden negative Erfahrungen ins Schattenreich verdrängt, können diese durch erneute Krisen oder Traumata aufbrechen. Spätestens dann sollten unangenehme Emotionen nicht weiter verdrängt, sondern gründlich aufgearbeitet werden.

Ständige üble Gefühle bezüglich des eigenen Lebens und Selbstzweifel deuten ebenfalls auf unverarbeiteten Seelenballast hin. Besonders häufig zeigen sich diese Dissonanzen in Verbindung mit Themen rund um die Liebe sowie dem Vertrauen in andere Menschen.

Um versteckte Altlasten bewusst zu machen, eignen sich

  • Selbstbeobachtung
  • Intuition
  • therapeutische Arbeit
  • Familienaufstellungen
  • Kinesiologie
  • Hypnose-Techniken.

Einmal bewusst, setzt der Prozess des Loslassens im Grunde schon ein.

Die weitere Arbeit des Loslassens kann sich stark unterscheiden. Liebgewonnene Dinge können in der Regel einfach losgelassen werden als ein Expartner. Sich generell von negativen Gedanken zu lösen kann ein mehrjähriger Prozess werden.

Familienaufstellungen (siehe Familienaufstellen Erfahrungen), Kinesiologie und die therapeutische Hypnose arbeiten neben der reinen Bewusstwerdung stets einer gezielten Auflösung alter Bindungen in die Vergangenheit.

Für alle, die gerne mit sich alleine arbeiten, gibt es praktische Techniken für Zuhause.



► Meditation

Leichte Methoden der Meditation funktionieren über die Beobachtung des Atems (siehe Atemübung zur Beruhigung) und einer veränderten Körperwahrnehmung. Der Geist kann sich dadurch beruhigen, die Frequenzen der Gehirnwellen ändern sich und Stress wird reduziert. Anfangs können noch viele negative Gedanken und Emotionen auftauchen. Das ist völlig normal.

Das Unterbewusstsein nutzt den Zustand der Versenkung, um drückende Bindungen aufzuzeigen. Je nach Meditationstechnik reicht das bewusste Wahrnehmen der Gedanken und inneren Bilder. Durch diese Art der Wahrnehmung soll der Verstand lernen, Gedanken und Emotionen nicht ständig zu fixieren und zu sezieren. Stattdessen werden sie nur wahrgenommen und losgelassen.

Mit einiger Praxis wird die Meditation immer ruhiger. Statt belastender Gedanken tauchen neue Ideen und lösende Einsichten auf. Das gibt Kraft zum Weitermachen und Lust im Alltag neue Wege einzuschlagen. Viele Arten der Meditation sind sehr einfach zu erlernen. Wer sich mit einer geführten Meditation leichter tut, findet auf YouTube ein reichliches Angebot passend zu jedem Thema.

► Affirmationen

Viele Leute finden mehr Kraft zum Loslassen, wenn sie zeitgleich etwas Neues in ihr Leben integrieren können. Dafür eignen sich Affirmationen. Sie sind grundsätzlich aufbauend und zielen auf eine positiv gestimmte Geisteshaltung ab.

Konstruktiv aufbauendes Denken können wir lernen. Durch die ständige Wiederholung der Botschaften wird der Geist langsam neu trainiert. Selbst wenn anfangs noch negative Gedanken stören oder der Verstand die Wirkung der Affirmationen infrage stellt, wirken sie. Wichtig ist dranzubleiben!

Um tief sitzende Angst vollständig aufzulösen, reichen Affirmationen alleine meistens nicht aus. Auf keinen Fall sollte man versuchen, verdrängte Angst zwanghaft mit positiven Botschaften zu überschreiben.

Neben Affirmationen vom Band kann sich jeder selbst passende Kombinationen zusammenstellen. Die Botschaft muss immer konstruktiv und auf die Gegenwart bezogen gewählt werden.

Statt „Ich möchte meinen Ex nie wieder sehen“ wäre die aufbauende Botschaft „Ich habe einen liebevollen Partner“ oder „Ich bin alleine vollständig und heil“. Solange der Ex oder die Ex zum Zentrum von Worten und Gedanken gemacht wird, bleiben unsichtbare Bindungen bestehen.

► Verbindungen mit der „8“ lösen

Gedanken an die Vergangenheit können quälend sein. Immer wieder können sich negative Gedanken rund um den Ex, belastende Beziehungen oder Probleme mit den Kindern einschleichen. Die US-amerikanische Psychotherapeutin Phyllis Krystal hat eine hilfreiche Methode entwickelt, mit der starke Bindungen gelöst werden können. Die Arbeit mit der 8 ist sehr einfach zu lernen und kann zuhause jederzeit durchgeführt werden.

Die Lösungsarbeit kann geistig nur im Kopf oder mit Stift und Papier erfolgen. Dazu stellt man sich eine liegende Acht vor oder zeichnet diese auf das Blatt Papier. In einem Kreis der Acht befindet man sich selbst. Die Person, den Gedanken oder Gegenstand, den man gerne aus seiner Vergangenheit loslassen lernen würde, bekommt den anderen Kreis zugewiesen.

Dann macht man im Geist Bindungen sichtbar und löst diese. Das Loslassen passiert über imaginäre Werkzeuge, Formeln, mit den Händen oder was einem gerade so in den Sinn kommt. Alles ist erlaubt! Zum Abschluss der Arbeit wird die liegende 8 in Gedanken oder mit dem Stift im Uhrzeigersinn so lange nachgezeichnet, bis sich ein Zeichen der Entspannung einstellt. Dies kann ein Seufzen, ein heilsamer Gedanke oder auch nur ein gutes Gefühl sein.

Mit dieser Methode macht Loslassen richtig Spaß und fördert gleichzeitig die Fantasie und Intuition.

Mit etwas Übung und starker Vorstellungskraft können Fortgeschrittene sogar geistig Informationen mit dem Gegenüber austauschen. Sind viele Fragen bezüglich einer Thematik oder Trennung offen geblieben, können diese Informationen sehr wohltuend sein. Unser Unterbewusstsein verfügt über Wissen, dass dem Alltagsverstand in der Regel verborgen bleibt. Mit der Phyllis Krystal Methode kann jeder einen einfachen Zugang zu diesen verborgenen Bereichen erlernen.

► Psychohygiene

Gedanken und Gefühle sind wie die Nahrung, die wir tagtäglich zu uns nehmen. Die meisten von uns würden kaum verdorbene Speisen oder Dinge, die ekelig schmecken, essen.

Psychohygiene zielt darauf ab, nur noch bekömmliche Gedanken und Beziehungen zu pflegen. Das bedarf etwas Übung. Es scheint in der heutzutage ganz normal, sich dauernd schlechten Nachrichten hinzugeben, über die Vergangenheit zu grübeln oder sich Sorgen bezüglich der Zukunft zu machen.

Diese Gewohnheiten erschweren das Loslassen und zeichnen grundsätzlich ein negatives Bild der Welt. Gerade in schweren Phasen, die von Verlusten, Angst und Trennungen geprägt sind, sollten solche Negativ-Informationen gemieden werden.

Stattdessen bereitet es Freude zu lernen, welche Art von Nahrung der Psyche so richtig guttut. Um sich darüber klar zu werden, sollte man zunächst in eine entspannte und gut gelaunte emotionale Grundhaltung gehen. Suchen wir in einer negativen Stimmung nach Antworten, nähren diese in der Regel die Negativität statt die Liebe.

Psychohygiene sollte ganz normal in den Alltag integriert werden. Nach einigen Tagen bis Wochen fällt das Loslassen störender Einflüsse immer leichter. Pessimismus und ungute Gefühle werden durch Liebe, Kraft zum Neuanfang und Optimismus ersetzt.

► Trauern – aber richtig

Wer ein tragisches Schicksal erlitten hat und davon nicht loskommt, muss sich unbedingt das Trauern erlauben! In unserer Gesellschaft hat Trauerarbeit immer noch einen zu geringen Stellenwert. Viel zu sehr sind wir auf das möglichst rasche Weiter-Funktionieren trainiert.

Sind Traumata, Verluste und Trennungen noch nicht ausreichend verarbeitet, melden sie sich durch Stimmungsschwankungen bis hin zu handfesten Depressionen.

Im Verborgenen suchen wir immer noch nach längst vergangenen Situationen und Gefühlen. Stellen sich diese nicht mehr ein, zeigt sich dies durch Unzufriedenheit und seelische Disharmonie.

Im Grunde genommen steckt dahinter ein Denkfehler unseres Geistes. Auf einer sehr beschränkten Ebene nimmt er an, dass nach dem Verlust eines Partners, eines Kindes oder einer Lebenssituation nichts Neues mehr kommt.

Doch die Leere, die wir nach einer Trennung und einem Wandel erfahren, ist bereits das Neue! Nur haben sich Körper und Sinneswahrnehmungen noch nicht auf diesen neuen Zustand eingestellt. Die unbekannte Situation kann für den Körper so unangenehm werden, dass er sogar physische Schmerzen zeigt.

Um diesem Zustand zu entkommen, geniert der Verstand allerlei Trugbilder. So kann im Fall einer dramatischen Trennung vom Expartner dieser plötzlich in einem so wundervollen Licht erscheinen, wie es in der zurückliegenden Beziehung niemals Realität war.

Ist die Person gestorben oder etwas anderes unwiederbringlich aus dem Leben verschwunden, funktioniert dieser Rückwärtsgang häufig durch eine Art Lebensverweigerung. Statt neue Umstände anzunehmen, flüchten sich Menschen in Erinnerungen.

Bewusste Trauerverarbeitung beleuchtet die Vergangenheit und Gegenwart. Wer niemanden zum Sprechen hat, sollte ruhig therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Frauen trauern in der Regel anders als Männer. Sie lassen los, indem sie möglichst viel über ein vergangenes Ereignis und ihre Gefühle sprechen. Männer ziehen sich lieber zurück. Wichtig ist auf jeden Fall, sich Trauer zu erlauben und Wege für den eigenen Gefühlsausdruck zu finden.



► Räumliche Veränderungen

Emotionen sind eng an unsere täglichen Gewohnheiten gebunden. Wir stehen morgens auf, gehen zur Toilette, in die Küche und trinken Kaffee. Vielen Menschen gibt Routine Sicherheit! Gerade in Phasen, wo wir die Vergangenheit loslassen lernen müssen, können solche eingefahrenen Wege auch sehr hinderlich sein.

Eine Variation des eigenen Tagesablaufes und einfach einmal Neues zu wagen, kann eine emotional schwierige Lebenssituation bereits auflockern. Nach einer Trennung bewirkt das Umstellen der Möbel oder sogar ein Wohnortwechsel wahre Wunder.

Durch eine neue Umgebung, andere Menschen und interessante Eindrücke werden im Gehirn neue Schaltkreise vernetzt. Das hilft, Altes loszulassen und neuen Dingen den notwendigen Raum im eigenen Leben zu geben.

Die Zeit heilt alle Wunden

Der griechische Philosoph Heraklit prägte zwei weitere bekannte Aussprüche

„So oft du auch in denselben Fluss steigst, er führt niemals das gleiche Wasser.“

und

„Panta Rhei – alles fließt!“

In einer Welt der Wandlungen und Entwicklungen bleibt nichts gleich, auch wenn es äußerlich manchmal den Anschein hat. Die Zeit trägt uns immer weiter. Wir selbst verändern uns und die Welt um uns herum ändert sich.

Dieser Umstand kann beängstigend wirken. Beruhigend wird er, sobald man die tiefere Wahrheit dahinter erkannt hat. Krisen, Trennungen und Weltschmerz fordern uns auch dazu auf, nach innen zu gehen und die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Das Loslassen vom Loslassen ist ein Teil der immer weiter fließenden Welt. Manchmal versuchen wir so krampfhaft etwas loszulassen, dass wir das erneute Festhalten völlig übersehen.

Wer mit Liebe und einem wachen Geist durchs Leben geht, wird mit der Zeit ganz sicher neue Möglichkeiten und erfüllende Beziehungen finden.



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