Verhaltenstherapie Definition, Methoden von Verhaltenstherapeuten
Wer sich mit den Themen Psychologie und Psychotherapie beschäftigt, stößt unweigerlich auf den Begriff der Verhaltenstherapie als eine Form / Methode von Psychotherapien. Verhaltenstherapien nehmen bei der Behandlung psychischer Probleme, sei es in einer Klinik oder in einer psychologischen Praxis, einen großen Stellenwert ein. Im Folgenden soll auf die Definition und auf die heute gebräuchlichen Methoden eingegangen werden, mit denen Verhaltenstherapeuten heute arbeiten, um psychisch erkrankte Patienten wieder fit zu machen.
Definition von Verhaltenstherapie
Es gibt keine einheitliche Definition von Verhaltenstherapie, unter Psychologen auch oft mit VT abgekürzt. Vielmehr steht der Begriff als eine Art Oberbegriff für alle Formen der Psychotherapie, die zum Ziel haben, dem Patienten einen anderen Umgang mit Problemen und belastenden Situationen zu vermitteln. So wurde die Verhaltenstherapie im 20. Jahrhundert vom Amerikaner John Watson entwickelt. Der Definition der Verhaltenstherapie liegt die Annahme zugrunde, dass jeder Mensch die Summe seiner bisherigen Erfahrungen im Leben ist. Erfahrungen bedeutet in der Psychologie auch vereinfacht gesagt „Lernen“. Aus jedem Erlebnis, aus den meisten sozialen Kontakten lernt man etwas für das weitere Leben, auch wenn dies oft unbewusst geschieht.
Verhaltenstherapeuten sehen Konflikte auch als Ergebnis schlechter Lernerfahrungen an. Eine jede Erfahrung, gleich welcher Art sie ist, kann das weitere Leben maßgeblich bestimmen. So werden bestimmte Verhaltensweisen durch wiederum bestimmte Lernerlebnisse verstärkt oder auch abgeschwächt.
So manches problematische Verhalten beruht aus Sicht der Verhaltenstherapeuten also darauf, dass zum Beispiel Ängste, die in Depressionen münden können, durch schlechte Erfahrungen ausgelöst worden sind, die wiederum beim Klienten ein bestimmtes Verhalten ausgelöst haben. Bestärkt sich dieses Verhalten nun weiter, so wird auch das Problem manifestiert und nimmt weite Teile des Lebens ein. Wenn man aber davon ausgeht, dass das menschliche Leben die Summe vieler Lernvorgänge ist, im Guten wie im Schlechten, so kann man annehmen, dass man Verhaltensweisen auch wieder verlernen kann.
Damit der Klient mit einer Problematik oder einer Störung anders umgehen kann, muss er also ein ungünstiges Verhalten „ver-lernen“, indem neues, sinnhaftes Verhalten erlernt wird. Dies geschieht im Rahmen der Therapie bewusst, das Problem wird also kognitiv deutlich gemacht und durch verschiedene Techniken während der Behandlung werden neue Verhaltensmuster gelernt und im Alltag trainiert. Hierzu stehen den Verhaltenstherapeuten verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Diese Verhaltenstherapie Methoden sollen im folgenden Abschnitt überblicksartig vorgestellt werden.
Methoden in der Verhaltenstherapie
Ziel einer solchen Therapie des Verhaltens durch Psychologen (meist sogenannte „psychologische Psychotherapeuten„) ist also nicht primär das Aufdecken von Konflikten, die vielleicht jahrelang in einem Patienten geschlummert haben – sondern mehr das Erlernen neuen besseren Verhaltens zum Umlernen bzw. Verlernen problematischen Verhaltens.
Die Tiefenpsychologie bzw. Psychoanalyse, die sich eher zur Aufgabe machen, dem Klienten beispielsweise Probleme aus der Kindheit deutlich zu machen, hat/haben entsprechend einen anderen Ansatz.
Im Gegensatz zu Therapien der Tiefenpsychologie geht es bei verhaltenstherapeutisch geprägter Psychotherapie mehr darum, dass der Verhaltenstherapeut seinen Klienten in die Lage versetzt, im Alltag besser zurecht zu kommen. Letztendlich geht es um Selbsthilfe, eigene Probleme im täglichen Leben mit neuen Methoden und Techniken bewältigen zu können. Die Methoden setzen entsprechend darauf an, die aktuelle Problematik als solche zu erkennen und durch ein neues Verhalten zu überwinden. In Übungen werden (vom Patienten) als schwierig erlebte Situationen in der Psychotherapie besprochen und auch konkret trainiert. Am Ende der Therapie soll der Patient in der Lage sein, sich selbst zu helfen, indem er verstanden hat, dass wiederkehrende Konflikte durch das eigene Erleben und Verhalten durchaus gesteuert werden können.
Es gibt im Ablauf der Therapie nicht die eine Methode, die zwingend zum Erfolg der Psychotherapie führen wird. Vielmehr geht es um ein Bündel an auf den Klienten abgestimmten Techniken und Übungen, die der individuellen Störung, beispielsweise einer Depression, gerecht werden können. Wichtig ist aber immer, dass der Psychologe im Ablauf der Verhaltenstherapie als Verhaltenstherapeut seinem Patienten das Grundproblem des ungünstigen Verhaltens kognitiv deutlich machen kann. Eine Störung allgemein oder eine Depression im Speziellen, die auf ungünstigem Verhalten beruht, wird nämlich nicht verschwinden, solange der Klient nicht verstanden hat, dass das eigene Erleben und der Umgang mit Konflikten einen entscheidenden Anteil auf die Psychosomatik hat. Kognitiv also zunächst das eigene Verhalten als Teil der Störung zu erkennen, ist das übergeordnete Ziel des Psychologen.
Interventionsmöglichkeiten, Methoden, Vorgehensweisen
Psychiatrie und Psychologie kennen verschiedene Methoden, auch Instrumentarien oder Interventionen genannt, die im Ablauf einer Verhaltenstherapie zum Erfolg führen sollen.
Zunächst soll die Methode der Reizkonfrontation (Konfrontationstherapie, Exposition) vorgestellt werden. Die Psychosomatik vieler Patienten beruht darauf, dass sie diverse Situationen des Alltags aus verschiedene Gründen als bedrohlich erlebt haben und folglich meiden wollen. Ein Beispiel aus der Psychiatrie wäre unter anderem die Angst vor Menschenmassen oder Angst vor geschlossenen Räumen. Solchen Situationen ist aber gemein, dass sie im täglichen Leben immer wieder auftreten werden und entsprechend kaum zu vermeiden sind. Beherrscht die Angst vor eigentlich normalen Situationen aber das Leben, können verschiedene Störungen, auch Depressionen entstehen. Dies erklärt sich damit, dass der Klient ja eigentlich normal leben und auch entsprechende Situationen durchstehen möchte, aber glaubt, es nicht mehr zu können. Daraus resultiert häufig ein sozialer Rückzug, auch Verweigerung, was zur totalen Isolation führen kann. Hier setzt die Psychologie mit der so genannten Reizkonfrontation an. Nachdem das Grundproblem kognitiv bewusst gemacht worden ist, geht es nun darum, in diversen Übungen die als bedrohlich erlebte Situation bewusst mit Hilfe des Verhaltenstherapeuten nochmal zu erleben und geistig neu zu bewerten. So werden beispielsweise ganz bewusst Menschenmassen aufgesucht und der Klient muss sich aktiv mit seinen Emotionen in der Situation auseinandersetzen. Verhaltenstherapeuten müssen hierbei wissen, dass die Ängste extrem groß sein können und die Konfrontation mit eben diesen Ängsten für den Patienten sehr schwierig und anstrengend sein können. Die Dauer einer solchen Exposition / Reizkonfrontation wird zunächst entsprechend kurz sein und wird dann ausgedehnt. Die Gefühle, die durch die Ängste dabei entstanden sind, müssen offen in der Therapie benannt und erklärt werden. Nach und nach soll der Klient in die Lage versetzt werden, auch ohne den Verhaltenstherapeuten die als bedrohlich erlebte Situation nochmal zu erleben. Der Reiz, der zunächst sehr negative Reaktionen im Körper ausgelöst hat, zum Beispiel das Gefühl in Ohnmacht zu fallen, wird so in seiner Wirksamkeit auf die Psychosomatik abgeschwächt.
Weiter kennt die Psychiatrie auch operante Methoden in der Verhaltenstherapie. Von solchen operanten Verfahren spricht man dann, wenn das unerwünschten Verhalten im Ablauf der Therapie zunächst durch den Psychologen gezielt gesteuert wird. Im Kern geht es darum, dass unerwünschtes Verhalten bewusst „bestraft“ wird, also negative Konsequenzen vereinbart werden, wenn der Klient das kognitiv erkannte problematische Verhalten dennoch wieder zeigt. Durch die Androhung von negativen Folgen, die man ja vermeiden möchte, soll unerwünschtes Verhalten in der Therapie praktisch gelöscht, also verlernt, werden.
Eine wichtigere Rolle spielt aber auch die bewusste Belohnung von gutem, sinnhaften Verhalten in schwierigen Lebenssituationen. Die Psychologie weiß, dass man das Gehirn entsprechend konditionieren kann: Verhalten, das positiv bestärkt wird, wird in der Zukunft entsprechend öfter gezeigt. So werden durch Belohnung und Bestrafung schlechte Verhaltensweisen abtrainiert und neue gezielt aufgebaut. Der Verhaltenstherapeut sollte dabei seinen Klienten mehr und mehr in die Lage versetzen, sich selbst positive Anreize für sinnvolles Verhalten zu schaffen. Gelingt dies, spricht man auch von einem wirkungsvollen Selbstmanagement.
Auch der gezielte Aufbau von Kompetenzen spielt in der Verhaltenstherapie eine wichtige Rolle. Viele von einer Störung betroffene Menschen fürchten, dass sie nicht angemessen in schwierigen Lebenssituationen reagieren können und sich oft in den unguten Opfer-Modus begeben, weil sie sozial nicht adäquat reagieren können. Es geht dann in der Verhaltenstherapie darum, dass bewusst Kompetenzen aufgebaut und immer wieder mithilfe von Übungen trainiert werden, bis sie schrittweise auch in den Alltag übertragen werden können. Gerade der Aufbau von solchen Kompetenzen stellt einen wichtigen Bereich der Selbsthilfe dar. Ziel einer Verhaltenstherapie kann es nämlich niemals sein, alle schwierigen Situationen für den Patienten zu klären oder aus dem Wege zu schaffen. Es geht immer darum, den Menschen in die Lage zu versetzen, nach einem Aufenthalt in einer Klinik, wenn die Depression beispielsweise extrem stark ausgeprägt war, sich selbst im Alltag wieder helfen zu können. Viele Verhaltenstherapeuten bieten ihren Klienten dabei auch im Ablauf einer Psychotherapie heute online die notwendige Unterstützung an, beispielsweise durch Emails oder andere Formen der online Beratung.
Schließlich spielen auch kognitive Verfahren (Verfahren kognitiver Umstrukturierung) eine große Rolle im Ablauf einer Verhaltenstherapie. Man weiß aus der Psychiatrie, dass viele problematische Verhaltensweisen, die Patienten in einer Klinik oder auch im ambulanten Setting zeigen, darauf beruhen, dass Situationen falsch eingeschätzt und entsprechend negativ bewertet und vermieden werden. Menschen, die über eine lange Dauer beispielsweise Panikattacken erleben und konkret Ängste haben zu sterben, müssen ganz bewusst verstehen, was sich eine Panikattacke biochemisch erklären lässt und wie die bedrohlich erlebte Psychosomatik rational, also kognitiv, verstanden werden kann. Verstehen Klienten im Ablauf einer Verhaltenstherapie nach und nach, dass ihre Engstem Grunde sehr irrational und entsprechend unwahrscheinlich sind, lassen meistens die Ängste auch nach und belasten den Alltag nicht mehr.
Die Rolle des Verhaltenstherapeuten
Damit eine Verhaltenstherapie gut gelingen kann, kommen dem Therapeuten wichtige Aufgaben zu. Gleich, um welche Art von Therapie es sich handelt, spielt das Verhältnis von Klient zu Verhaltenstherapeut immer für die Dauer der Therapie eine wichtige Rolle. Zunächst muss der Verhaltenstherapeut in einer ersten Anamnese das zu behandelnde Problem definieren.
Sofern der Betroffene nicht durch eine Überweisung seines Hausarztes oder durch einen Psychiater zum Psychotherapeuten geschickt wird, erfolgt die erste Kontaktaufnahme häufig online. Sieht der Therapeut tatsächlich Anlass für eine Therapie, schreibt er einen entsprechenden Therapieplan. Dies ist Voraussetzung dafür, dass die Krankenkasse nach entsprechender Prüfung auch die Kosten für die Therapie übernimmt – dies gilt sowohl für gesetzlich Krankenversicherte wie auch PKV-Versicherte.
Viele Menschen, die mit einem ganz bestimmten Therapeuten arbeiten möchten oder die Tatsache einer Psychotherapie aus unterschiedlichen Gründen nicht der Krankenkasse oder einem anderen Arzt gegenüber offenbaren wollen, übernehmen die Kosten auch privat. Die tatsächliche Dauer einer Verhaltenstherapie ist nicht immer am Anfang sicher zu bestimmen. Im Regelfall legt der Verhaltenstherapeut zunächst eine Richtzahl von Stunden fest. Sieht man aber im Ablauf der Therapie, dass diese nicht ausreichen werden, um die Störung sicher zu therapieren, kann auch eine Verlängerung und damit eine weitere Übernahme der Kosten bei der Kasse beantragt werden. All dies erledigt der Verhaltenstherapeut, der in einer Klinik oder auch in einer eigenen Praxis arbeiten kann, für den Klienten.
Neben der Klärung der formalen Fragen wie Dauer und Kosten spielt aber auch das Verhältnis zwischen Klient und Therapeut eine entscheidende Rolle dabei, wie das Problem angegangen wird. Damit eine Therapie überhaupt die Chance hat, erfolgreich zu sein, spricht die Psychiatrie von einem so genannten therapeutischen Basisverhalten des Patienten. Er muss sich öffnen, bereit sein, sich seinen Problemen aktiv zu stellen und willig sein, aktiv in der Verhaltenstherapie mitzuarbeiten und neue Verhaltenstechniken auch gezielt anzuwenden. Wenn dieses therapeutische Basisverhalten nicht vorhanden ist, wird eine Verhaltenstherapie gleich welcher Dauer auch nicht den erwünschten Erfolg bringen können. Viele Kliniken, die Psychiatrie anbieten, wissen auch, dass je nach Ausmaß der individuellen Störung oftmals eine medikamentöse Therapie notwendig ist, damit ein therapeutisches Basisverhalten überhaupt möglich ist.
Damit die Klienten dieses basistherapeutische Verhalten aber auch abrufen können, ist ein bestimmtes Verhalten seitens des Verhaltenstherapeuten notwendig. Ihm kommen also in diesem Bereich der Psychologie eine große Rolle bei den entsprechenden interpersonellen Kompetenzen zu. Echtheit, Empathiefähigkeit und ein transparentes Verhalten sind hier die wichtigsten Grundpfeiler. Der Verhaltenstherapeut muss in der Lage sein, sich ehrlich und offen auf das Problem des Klienten einlassen zu können und die möglichen Verlaufsformen, aber auch die Anstrengungsbereitschaft, die diese vom Klienten fordert, transparent darzustellen. Unrealistische Versprechungen sind dem langfristigen Erfolg der Therapie also ebenso abträglich wie die Versuch, ein Problem zu bagatellisieren. Wichtig ist auch, dass der Verhaltenstherapeut sich zu jedem Zeitpunkt als Experte versteht und sein Verhalten entsprechend ausrichtet: Der Klient braucht in diesem situativen Rahmen keine distanzlose Freundschaft, sondern nötig sind klare Erklärungsmodelle und auch gegebenenfalls die professionelle, deutlich gewahrte Distanz, die gleichzeitig emphatisches Verhalten nicht ausschließt.
Als Experte für Psychologie und Psychiatrie kennt der Verhaltenstherapeut letztlich die Möglichkeiten und Grenzen seiner Therapieangebote sehr genau, wählt passende aus, stellt diese transparent da und bietet dem Klienten die entsprechende positive Unterstützung, dass die Therapie den gewünschten Erfolg und damit mehr Lebensqualität bringen wird. Denn auch wenn die Verhaltenstherapie als Methode der Psychotherapie heute einen sehr guten Ruf genießt (u.a. aufgrund der hohen Erfolgsquoten), so kann es doch sein, dass andere Therapieformen wie z.B. die Psychoanalyse das individuell bessere Verfahren für den Patienten sind. Dies zu erkennen, erfordert von den beteiligten Ärzten und Psychologen viel Erfahrung und Sachkenntnis.
Youtube-Videos: So arbeitet ein Verhaltenstherapeut im Rahmen kognitiver Umstrukturierungen
Quellen und weiterführende Ressourcen:
- Systemische Therapie Methoden
- Medizinische Behandlung von Angst
- Generalisierte Angststörung besiegt
- Erwartungsangst bekämpfen
- apotheken-umschau.de/Verhaltenstherapie
- dpgg.de/pdf/Lammers-VT.pdf
- mental-health-guide.com/therapie/verhaltenstherapie/